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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Vorgriff. Eine Absolution nicht für meine Verfehlungen in der jüngsten Vergangenheit, sondern für die zukünftigen …
       Stéphane, der ebenfalls verstanden hatte, sagte in vertraulichem Ton:
       »Mehr kann ich nicht für dich tun. Viel Glück!«

    
        
        
teil 2 sylvie

KAPITEL 26
    Ich erwachte auf einem Rastplatz an der Autobahn.
       Außerhalb von Raum und Zeit.
       Im Halbschlaf sah ich auf meine Uhr. Es war früher Morgen, zehn Minuten nach vier. Ich musste mich irgendwo zwischen Avalion und Dijon befinden. Gegen Mitternacht hatte ich beschlossen, auf einem Parkplatz eine kurze Rast zu machen. Doch ich war in einen vierstündigen Tiefschlaf gefallen und erinnerte mich an nichts …
       Mit steifen Gliedern stieg ich aus dem Wagen aus. LKW-Fahrer übernachteten auf dem Parkplatz. Die Bäume bogen sich heftig im eisigen Wind. Ich pinkelte, so schnell ich konnte, und kehrte schlotternd zu meinem Audi zurück.
       Ich zündete eine Zigarette an. Der erste Zug schnürte mir die Kehle zu, der zweite verbrannte mir den Kehlkopf, der dritte war ein Genuss. In der Ferne Lichter. Eine Tankstelle. Ich drehte den Zündschlüssel um. Zuerst volltanken. Dann ein Kaffee, so schnell wie möglich.
       Einige Minuten später war ich wieder auf der Straße und ließ die Informationen, die ich über mein Reiseziel gesammelt hatte, noch einmal Revue passieren. Der Doubs entspringt in einer Höhe von rund eintausend Metern und schlängelt sich teilweise direkt an der französisch-schweizerischen Grenze entlang. Sartuis liegt am Oberlauf, am Scheitel einer geologischen Stufenformation, in die schmale Täler eingeschnitten sind. Während der Fahrt versuchte ich mir dieses Gebiet vorzustellen, das nicht mehr richtig französisch und noch nicht schweizerisch war. Ein richtiges Niemandsland.
       Besançon im ersten Tageslicht.
       Die Stadt lag in einer Senke, um die Ruinen einer Zitadelle herum erbaut. Der Stadtkern bestand noch immer aus zinnenbekrönten Befestigungsanlagen und Burggräben, zwischen denen sich Gärten erstreckten. Die Szenerie erinnerte an einen militärischen Hindernisparcours, wo man laufen, klettern, springen und in Deckung gehen musste …
       Ich setzte mich in ein Café, wo ich warten wollte, bis es richtig hell wurde. Ich entfaltete den Stadtplan und suchte den Sitz des Landgerichts. Es war das befestigte Gebäude direkt gegenüber dem Café. In diesem Zufall sah ich ein gutes Vorzeichen.
       Ich sollte mich täuschen: Das Gebäude wurde renoviert. Die Staatsanwaltschaft war vorübergehend ans andere Ende der Stadt, auf die Anhöhe von Brégille, umgezogen. Ich machte mich wieder auf den Weg und fand das Gebäude, nachdem ich eine halbe Stunde lang umhergeirrt war. Das Gericht hatte sich in einer ehemaligen Uhrenfabrik einquartiert. Ein Industriebau mitten in dem Wald, der die Anhöhe bedeckte.
       Auf den Eingangstüren war noch das Logo »France Ébauche« eingraviert. Im Innern erinnerte alles an die industrielle Produktion: die gestrichenen Betonwände, Gänge, breit genug für Gabelstapler, ein Lastenaufzug, der jetzt als Fahrstuhl diente. Aufkleber gaben die neuen Funktionen der einzelnen Räume an: Bereitschaftsdienst, Gerichtsschreiber, Berufungsgericht … Über die Treppe ging ich hinauf in das Stockwerk, in dem die Untersuchungsrichter saßen. Als ich am Büro des stellvertretenden Oberstaatsanwalts vorbeikam, entschloss ich mich zu einem kleinen Umweg, um »das Terrain zu sondieren«.
       Die Tür stand offen. Ein junger Mann saß hinter einem Schreibtisch, eingerahmt von zwei Frauen. Die eine klimperte auf ihrer Computertastatur, die andere führte ein Telefonat mit eingeschaltetem Lautsprecher und machte sich dabei Notizen.
       »Ein Selbstmord. Bist du sicher?«
       Ich winkte dem jungen Mann zu, der lächelnd aufstand. Ich stellte mich unter falschem Namen und mit einer falschen Berufsangabe vor: Ich sagte, ich wäre Journalist. Der Staatsanwalt hörte mir zu. Er trug eine eng anliegende grüne Samthose und ein laubgrünes Hemd, was ihm das Aussehen von Peter Pan verlieh. Als ich den Namen von Sylvie Simonis aussprach, erstarrte sein Gesicht.
       »Es gibt keinen Fall Simonis.«
       Die Justizbeamtin hinter ihm beugte sich über ihr Telefon:
       »Ich verstehe nicht: Er hat sich selbst erstickt?«
       Ich beschloss zu bluffen:
       »Wir haben im Juni mehrere Agenturmeldungen erhalten, die sich auf die Leiche

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