Das Herz der Hoelle
dieser Frau bezogen, die in einem Klosterpark aufgefunden wurde. Seither herrscht Funkstille. Sind die Ermittlungen abgeschlossen?«
Peter Pan wurde unruhig:
»Ich verstehe nicht, was Sie an dieser Geschichte interessiert.«
»Die Informationen, die wir bekamen, enthielten Widersprüche.«
»Widersprüche?«
»Die Leiche soll von den Feuerwehrleuten identifiziert worden sein. Das Gesicht muss also gut erhalten gewesen sein. In einer anderen Meldung ist von fortgeschrittener Verwesung die Rede. Das eine schließt das andere aus.«
Der Staatsanwalt kratzte sich im Nacken. Die Justizbeamtin in seinem Rücken sprach lauter:
»Mit einer Plastiktüte? Er hat sich mit einer Plastiktüte erstickt?«
Der Mann antwortete, nicht sehr überzeugend:
»Ich erinnere mich nicht an diese Details.«
»Kennen Sie wenigstens den zuständigen Untersuchungsrichter?«
»Natürlich, das ist Corine Magnan.«
Die Beamtin schrie jetzt in den Hörer:
»Die anderen? Es gab noch weitere Plastiktüten?«
Ungewollt spitzte ich die Ohren, um die Antwort des Gendarms über den Lautsprecher mitzubekommen.
»Wir haben etwa ein Dutzend gefunden«, sagte eine tiefe Stimme. »In allen finden sich Knoten gleichen Typs.«
Über die Schulter des Staatsanwalts hinweg wandte ich mich an die junge Frau und sagte:
»Fragen Sie ihn, ob das Opfer ein Taschentuch im Mund hatte.«
Sie sah mich verdutzt an. Noch ehe sie reagieren konnte, antwortete der Gendarm:
»Sein Mund war voller Baumwolle. Wer spricht da neben Ihnen?«
»Das ist kein Selbstmord«, warf ich ein. »Das ist ein Unfall.«
»Was wissen Sie denn darüber?«, fragte mich die Frau mit starrem Blick.
»Der Mann hat sich vermutlich selbst befriedigt«, fuhr ich fort. »Der Sauerstoffmangel steigert die sexuelle Lust. Zumindest behauptet man das. Schon de Sade beschreibt diese Technik. Ihr Mann hat sich vermutlich die Tüte über den Kopf gezogen und zugeschnürt, nachdem er sich den Mund mit Baumwolle vollgestopft hatte, um nicht unter dem Kunststoff zu ersticken. Leider ist es ihm nicht gelungen, den Knoten rechtzeitig aufzumachen.«
Meine Erklärungen wurden mit Schweigen quittiert. Die Stimme im Lautsprecher sagte noch einmal:
»Wer ist neben Ihnen? Wer spricht da?«
»Bei der Leichenschau«, fuhr ich fort, »wird man sicherlich feststellen, dass die Haargefäße im Penis angeschwollen waren. Der Mann hatte eine Erektion. Ein Unfall. Kein Selbstmord. Ein ›erotischer Unfall‹.«
Dem Staatsanwalt stand der Mund offen.
»Woher wissen Sie das?«
»Ich bin Spezialist für Vermischtes. In Paris passiert das ständig. Wo ist das Büro von Corine Magnan?«
Er deutete auf die Tür am Ende des Flurs. Ich machte ein paar Schritte und klopfte. Ich wurde aufgefordert einzutreten. Vor mir saß eine etwa fünfzigjährige Frau, umringt von Kleenex-Schachteln und flankiert von zwei leeren Schreibtischen. Sie hatte rotes Haar, und sofort fiel mir ihre Ähnlichkeit mit Luc ins Auge. Die gleiche trockene weiße Haut, die gleichen Sommersprossen. Nur dass ihre rötliche Farbe matt und nicht leuchtend war. Ihr glattes kurz geschnittenes Haar hatte die Farbe von rostigem Eisen.
»Madame Corine Magnan?«
Sie nickte leicht und schnäuzte sich dann:
»Entschuldigen Sie«, sagte sie schnaubend, »in meiner Abteilung geht eine Erkältung um. Deshalb bin ich heute allein. Was wollen Sie?«
Ich wagte mich einen Schritt weiter ins Büro hinein und gab meine falsche Identität zum Besten.
»Journalist?«, wiederholte sie. »Aus Paris? Und Sie kreuzen hier auf, ohne sich anzumelden?«
»Ich bin dieses Risiko eingegangen, ja.«
»Ziemlich dreist. An welchem Fall sind Sie interessiert?«
»An dem Mord an Sylvie Simons.«
Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. Das war kein Ausdruck der Überraschung, wie bei dem jungen Staatsanwalt, sondern eher des Misstrauens.
»Von was für einem Mord sprechen Sie?«
»Ich dachte, Sie könnten mich aufklären. In Paris haben wir Agenturmeldungen erhalten, die …«
»Sie sind siebenhundert Kilometer umsonst gefahren. Tut mir leid. Wir kennen die Ursache des Todes von Sylvie Simonis nicht.«
»Und die Obduktion?«
»Sie hat nichts erbracht, weder so noch so.«
Ich wusste nicht, ob Corine Magnan
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