Das Herz der Hoelle
républicain und im Courrier du jura. «
»Weshalb interessiert Sie dieser Fall?«
»Er interessierte einen meiner Kollegen: Luc Soubeyras.«
»Kenn ich nicht.«
»Er hat versucht, sich das Leben zu nehmen. Er liegt im Koma. Er war ein Freund. Ich möchte herausfinden, was ihm durch den Kopf ging, als er seinen Entschluss fasste.«
Ich zog Lucs Foto aus meiner Tasche und schob es über den Tisch.
»Nie gesehen«, sagte er nach einem flüchtigen Blick. »Sie irren sich. Wenn Ihr Freund hierhergekommen wäre, um in dieser Sache herumzuschnüffeln, dann wäre er mir über den Weg gelaufen. Ich leite die Fahndungsgruppe.«
Die schwarzen Augen waren hart, unbeugsam und durchdringend. Er fuhr fort:
»Wieso hätte er sich für diese Geschichte interessieren sollen?«
Ich wagte nicht zu antworten: »Weil er an den Teufel glaubte.«
»Wegen des Rätsels.«
»Was für ein Rätsel?«
»Die Todesursache. Die ungewöhnliche Verwesung.«
»Sie lügen. Sie haben diese Reise nicht wegen irgendwelcher Fliegenmaden gemacht.«
»Ich schwöre Ihnen, dass ich sonst nichts weiß.«
»Wissen Sie denn nicht, wer Sylvie Simonis war?«
»Ich weiß nichts. Ich bin hier, um es herauszufinden.«
Der Offizier griff nach seinem Becher und blies auf den heißen Kaffee. Einen Augenblick glaubte ich, er würde mir etwas verraten, aber ich irrte mich:
»Ich will ganz offen zu Ihnen sein«, sagte er. »Ich weiß Ihren Namen, den Ihres Vorgesetzten, alles, aufgrund Ihrer Zulassungsnummer. Wenn Sie jetzt abreisen, rühre ich das Telefon nicht an.
Falls ich erfahre, dass Sie sich morgen noch immer hier aufhalten … gibt’s schweren Ärger!«
Ich trank den Kaffee aus. Er schmeckte nach nichts. Diese Unterredung war eine einzige Farce gewesen. Ich stand auf und ging zur Tür. Der Gendarm wiederholte noch einmal in meinem Rücken:
»Sie haben noch ein paar Stunden. Besichtigen Sie die Vauban-Festung, es lohnt sich.«
Ich fuhr ins Stadtzentrum, wo sich das Büro von AFP befand. In unmittelbarer Nähe der Place Pasteur stellte ich das Auto ab und ging in die Fußgängerzone. Ich stöberte die Agentur auf – eine Mansarde im Dachgeschoss eines Gebäudes im traditionellen Baustil. Joël Shapiro gefiel meine Geschichte:
»Mit dem unfreundlichen Empfang war zu rechnen!«
Der oben kahle Schädel des jungen Mannes war von Locken umrahmt wie von einem Lorbeerkranz. Wie zum Ausgleich trug er einen kleinen Spitzbart unter dem Kinn.
»Weshalb verhalten sie sich so?«
»Die Nachrichtensperre. Sie wollten nichts sagen.«
»Hast du in den letzten Monaten nichts Neues herausgefunden?«
Er wühlte mit einer Hand in einer Schachtel Cornflakes herum – dem Frühstück der Sportskanonen:
»Fehlanzeige! Da ist ein Riegel vorgeschoben, glauben Sie mir. Und mir sind mehr oder minder die Hände gebunden.«
»Wieso?«
»Ich bin nicht von hier. Im Jura wäscht man seine schmutzige Wäsche in der Familie.«
»Bist du schon lange hier?«
»Seit sechs Monaten. Ich wollte in den Irak, bekommen hab ich Bezak!«
»Bezak?«
»So nennen die Einheimischen Besançon.«
»Sarrazin hat angedeutet, dass das Opfer, Sylvie Simonis, eine etwas seltsame Person gewesen sein soll.«
»Das ist hier die große Sache.«
»Die Geschichte der Kindsmörderin?«
»Halt, nicht so schnell! Es gab keinerlei Beweise. Man hat sogar drei weitere Verdächtige gehabt. Und all dies, um am Schluss mit leeren Händen dazustehen.«
»Wurde der Mörder nie identifiziert?«
»Nie. Und dann stirbt Sylvie Simonis unter rätselhaften Umständen.«
»Corine Magnan hat mir gesagt, es sei nicht einmal sicher, dass sie ermordet wurde.«
»Von wegen! Sie haben es verschleiert, das ist alles.«
Ich betrachtete die Regale in dem ausgebauten Dachzimmer, die vollgestopft waren mit grauen Aktenordnern und Schachteln voller Fotos.
»Hast du Artikel oder Fotos von damals? Ich meine von 1988?«
»Nada. Alles, was älter als zehn Jahre ist, geht zurück ins Zentralarchiv in Paris.«
»Hast du im Juni nicht wieder alles angefordert?«
»Doch, aber ich hab wieder alles zurückgeschickt. Übrigens gab es nicht viel.«
»Kommen wir auf Sylvie Simonis zurück. Hast du Fotos von der
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