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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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nicht. Die Tür ist hinter Ihnen.«
       »Ich habe Erkundigungen über Sie eingeholt. Clinique d’Albert. 1999.«
       »Ach was?«, sagte er lächelnd. »Wollen Sie meine Patienten erschrecken?«
       »Besançon ist eine kleine Stadt. Ihr Ruf könnte leiden, wenn ich …«
       Er lachte laut auf:
       »Mein Ruf?« Er warf die Zigarette auf den Boden und drückte sie mit dem Fuß aus. »Sie haben keinen guten Riecher, mein Freund.«
       Sein Lächeln erstarb. Er wirkte nachdenklich, fast abwesend:
       »Mein Ruf? Dieses Wort habe ich schon lange aus meinem Wortschatz gestrichen …«
       Ich spürte instinktiv, dass sich hinter diesem abgebrühten Zynismus ein sensibler Mensch verbarg. Vielleicht könnte ich ihn durch Aufrichtigkeit erreichen, das Eis zum Schmelzen bringen.
       »Luc Soubeyras ist mein bester Freund«, sagte ich etwas lauter. »Nach einem Selbstmordversuch liegt er jetzt im Koma. Er war tief gläubig, und seine Tat ist daher besonders unbegreiflich. In den letzten Monaten ermittelte er im Fall Simonis. Möglicherweise hat ihn das, was er dabei entdeckte, zu dieser Verzweiflungstat getrieben.«
       »Er hätte allen Grund dazu gehabt.«
       Ich fuhr zusammen. Zum ersten Mal schenkte jemand meiner Hypothese von den »tödlichen Ermittlungen« Glauben. Valleret richtete sich auf. Er würde reden, ich musste ihn nur noch ein klein wenig anschubsen.
       »Hat Sylvie Simonis Ihrer Meinung nach Selbstmord begangen?«
       »Selbstmord?« Er sah mich schräg an. »Nein, ich glaube nicht, dass sie sich das, was sie durchgemacht hat, hätte selbst antun können.«
       »Es war also Mord?«
       Er drückte die Tür auf und bedeutete mir mit einer Handbewegung voranzugehen:
       »Der verrückteste, raffinierteste Mord, den die Welt je gesehen hat.«

KAPITEL 29
    Zehn Fotos waren auf der polierten Stahlfläche im rechten Winkel zur zentralen Abflussrinne des Seziertischs angeordnet.
       Valleret hatte gesagt:
       »Ich möchte, dass Sie wissen, womit wir es zu tun haben, und zwar ganz genau.«
       Ich war mir schon nicht mehr sicher, ob ich es wirklich wissen wollte. Die Bilder erzählten, eins nach dem anderen, die Geschichte der Verwesung eines menschlichen Körpers. Die erste Aufnahme war eine Totale. Eine abschüssige Lichtung, von Tannen gesäumt und auf einer Seite flankiert von einer steil abfallenden Felswand. Eine nackte Frau, die auf der Seite lag und zu schlafen schien, von hinten gesehen. Die Leiche sah aus wie eine Gliederpuppe, die aus nicht zusammenpassenden Fragmenten gebastelt worden war. Der Kopf, der tief zwischen den Schultern saß, und der gekrümmte Oberkörper wiesen normale Proportionen auf, aber die Hüften und die Beine verjüngten sich zu den Füßen hin, die bis auf die Knochen abgenagt waren.
       Das zweite Foto war eine Großaufnahme der Mittelfuß- und Fußwurzelknochen, die nur noch durch schwärzliche Fleischfasern verbunden waren. Die dritte Aufnahme zeigte die grünlichen, ledernen Oberschenkel. Auf dem vierten Foto sah man die Hüften und das Geschlechtsorgan, wo es von Maden und Insekteneiern wimmelte. Dann der Bauch, verfault, bläulichrot, aufgedunsen, ebenfalls besiedelt von leichenschändendem Ungeziefer …
       So ging es von Foto zu Foto immer weiter nach oben, bis zum Oberkörper, der weniger zerfressen, wenn auch durchlöchert von Bohrgängen der Maden war, und zu den marmorierten Schultern. Der Kopf schließlich war gut erhalten, aber das unsägliche Martyrium, von dem er anschauliches Zeugnis ablegte, ließ einem das Blut in den Adern gefrieren: Das Gesicht war nur ein einziger klaffender Mund, der in einem Schrei erstarrt war, den man noch immer zu hören glaubte.
       »Alles, was Sie hier sehen, ist das Werk des Mörders«, sagte Valleret, der auf der anderen Seite des Seziertischs stand. »Diese Leiche weist sämtliche Verwesungsstadien auf, und zwar gleichzeitig. Von den Füßen bis zum Kopf kann man den Prozess der Fäulnis zurückverfolgen.«
       »Wie ist das möglich?«
       »Das ist nicht möglich. Der Mörder hat das Unmögliche ins Werk gesetzt.«
       »Als ob die Frau mehrere Male gestorben wäre«, hatte Shapiro gesagt. Diese stufenweise Fäulnis war also das Ergebnis einer gezielten Bearbeitung, einer besonderen Behandlung …
       »Zunächst«, fuhr der Arzt fort, »als die Feuerwehrmänner und die Rettungssanitäter die Leiche entdeckt haben, glaubten sie, diese

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