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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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was von Leber und Magen übrig blieb, Reste von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren gefunden, die auf einen starken Stress hindeuten. Sylvie Simonis’ Todeskampf hat mehrere Tage gedauert.«
       Mein Kopf dröhnte. Meine eigene Angst vor dem Tod ließ mich erschaudern.
       Valleret fügte hinzu:
       »Bildlich gesprochen könnte man sagen, dass der Mörder sie mit den Werkzeugen des Todes selbst getötet hat. Er hat nichts vergessen. Nicht einmal die Insekten.«
       »Hat er diese Tierchen auf dem Körper ausgesetzt?«
       »Er hat sie in den Körper eingebracht, in Wunden, unter die Haut. Er hat für jede Phase die entsprechenden aasfressenden Insekten ausgewählt. Fleischfliegen, Würmer, Milben, Aaskäfer, Schmetterlinge … All diese Schwadronen des Todes waren da, zeitlich perfekt auf den Verwesungsprozess abgestimmt.«
       »Bedeutet das, dass er diese Insekten züchtet?«
       »Zweifellos.«
       Obwohl ich noch immer völlig fassungslos war, zeichneten sich einige Anhaltspunkte ab: ein Chemiker, ein Labor, eine Insektenzucht … aussagekräftige Spuren, um den Dreckskerl aufzuspüren.
       »Hier in der Region wohnt einer der führenden Insektenkundler Europas. Er hat mir bei der Autopsie geholfen.«
       Valleret schrieb seine Adresse und seine Telefonnummer auf eine seiner Visitenkarten. »Mathias Plinkh.«
       »Züchtet er ebenfalls Insekten?«
       »Das ist die Grundlage seiner Forschungstätigkeit.«
       »Kommt er als Täter in Betracht?«
       »Jetzt drehen Sie mal nicht durch. Besuchen Sie ihn. Machen Sie sich selbst ein Bild. Er ist schrullig, aber nicht gefährlich. Seine Insektenzucht liegt in der Nähe des Mont d’Uziers an der Straße nach Sartuis.«
       Ich blickte noch einmal auf die Großaufnahmen, die auf dem Seziertisch lagen, und zwang mich dazu, sie eingehend zu betrachten. Durch Fäulnisgase angeschwollenes Fleisch. Aufgeplatzte Wunden voller Fliegen. Weiße Maden, die an rosafarbenen Muskeln saugen … Trotz der Kälte brach mir der Schweiß aus allen Poren. Ich fragte:
       »Haben Sie weitere Spuren von Gewaltanwendungen festgestellt?«
       »Haben Sie noch nicht genug?«
       »Ich meine eine andere Art der Gewalttätigkeit. Spuren von Schlägen, von roher Gewalt bei der Entführung beispielsweise.«
       »Es gibt natürlich Fesselmale, aber vor allem Bisswunden.«
       »Bisswunden?«
       Der Arzt zögerte. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn.
       »Weder von Menschen noch von Tieren. Nach meinen Beobachtungen stammen sie von einem ›Ding‹, das über ungewöhnlich viele Zähne verfügt, genauer gesagt über Fangzähne, die schief und verdreht stehen. Als ob … als ob diese Zähne nicht in einer Reihe angeordnet wären. Eine Art von Kiefer, der aus dem Chaos hervorgegangen ist.«
       Ein Bild schoss mir durch den Kopf. Pazuzu, der assyrische Dämon aus Lucs Bildersammlung. Das Ungeheuer mit Skorpionschwanz strich durch den Operationssaal und beugte seinen Fledermauskopf über den Leichnam. Ich hörte sein heiseres Knurren, sein gieriges Saugen an zerfetztem Fleisch. Der Teufel. Der leibhaftige Teufel, der sein Opfer zerfleischt …
       Valleret riss mich aus meinen Fantasien:
       »Das Einzige, was ich mir vorstellen kann, ist ein mit Tierzähnen übersäter Knüppel. Zähne einer Hyäne oder großen Raubkatze, jedenfalls eine Waffe, die mit einem Stiel versehen ist. Der Mörder könnte damit auf verschiedene Körperstellen – Arm, Kehle, Flanken – von Sylvie Simonis eingeschlagen haben. Aber da ist das Problem, dass sich die Kiefer ziemlich deutlich abgedrückt haben. Und weshalb ausgerechnet diese Folter? Das passt nicht zum Rest. Ich …« Er sah mich unvermittelt an. »Ist alles in Ordnung? Sie scheinen nicht ganz auf dem Damm zu sein.«
       »Geht schon.«
       »Sollen wir einen Kaffee trinken gehen?«
       »Nein, danke, ist schon gut.«
       Ich fuhr mit nüchternen polizeilichen Fragen fort, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen:
       »Hat man am Fundort noch andere Spuren gefunden?«
       »Nein. Der Körper muss in der Nacht dort abgelegt worden sein, aber der Regen am Morgen hat alle Spuren vernichtet.«
       »Wissen Sie, wie weit die Fundstelle vom Kloster entfernt ist?«
       »Ich habe Fotos gesehen, ja. Die Leiche lag an der oberen Kante einer Felswand, an deren Fuß sich das Kloster befindet. Sie überragte dieses also gewissermaßen, was einen Affront, eine

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