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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Junge.«
       »Wie konnte das passieren?«
       »Er trank und hat sich mit Beruhigungsmitteln vollgedröhnt. Nicht gerade das, was ein Chirurg tun sollte …«
       »Was geschah dann?«
       »Die Eltern haben ihn verklagt. Die Klinik hat Valleret gedeckt, aber er musste seinen Hut nehmen. Er hat eine Ausbildung zum Gerichtsmediziner gemacht, und so verschlug es ihn nach Besançon. Geschieden, abgebrannt, tablettensüchtig. Noch einer von denen, die sich für die Rechtsmedizin entschieden haben, um sich zu läutern. Dabei ist die Wissenschaft von den Toten die vornehmste Kunst, weil sie die Seelen der Lebenden pflegt und …«
       Ich unterbrach seine lyrischen Ergüsse.
       »Name der Klinik? Datum?«
       »Clinique d’Albert. 1999. Les Ulis.«
       Ich dankte Svendsen.
       »Ich möchte vor allem einen ausführlichen Bericht über die Sache«, erwiderte er. »Ich bin sicher, dass du an einem brandheißen Ding sitzt. Es ist in deinem Interesse. Valleret wird nicht alles begriffen haben, was mit der Leiche zu tun hat. Man ist für die Sprache der Toten geboren oder nicht. Ich …«
       »Ich ruf dich an.«
       Ich überquerte den Vorplatz im Laufschritt. Über dem Portal hing ein Transparent mit der Aufschrift: »Wir nehmen Ihre Gesundheit nicht als Geisel!« Das Rechtsmedizinische Institut befand sich im dritten Untergeschoss. Ich hastete zu den Aufzügen, ohne die Gruppe streikender Pflegekräfte, die ein Sit-in veranstalteten, eines Blicks zu würdigen.
       Im Untergeschoss war es gut zehn Grad kühler. Der Gang war menschenleer und unbeschildert. Intuitiv ging ich nach rechts. An der Decke verliefen schwarze Rohre; an den Betonwänden wechselten sich unbemalte und graugrüne Flächen ab. Ein Gebläse brummte.
       Noch einige Schritte, dann, links, ein kleiner trister Raum. Stühle, ein niedriger Tisch. Gegenüber eine Schwingflügeltür mit kleinen runden Fenstern. An einer Wand das großformatige Foto einer Wiese. Es sollte die Atmosphäre wohl etwas aufheitern, aber es war vergebliche Liebesmüh. Ein Gemisch diverser Gerüche – Desinfektionsmittel, Kaffee und Eau de Javel – hing in der Luft. Ich dachte an Umkleideräume in einem Schwimmbad, nur dass die Badegäste hier Leichen waren.
       Die Flügeltür wurde aufgestoßen, und eine fahrbare Trage kam zum Vorschein, über die sich ein stämmiger Krankenpfleger beugte. Er hatte Wikingerhaare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren, und trug eine Plastikschürze.
       »Sie wünschen?«
       Die Stimme war sanft und stand in einem merkwürdigen Gegensatz zu der kraftstrotzenden Erscheinung. Ein Assistent, der es gewohnt war, mit trauernden Hinterbliebenen zu sprechen.
       »Ich würde gern Doktor Valleret sprechen.«
       »Der Doktor empfängt keine Besucher. Ich …«
       Um die Sache abzukürzen, zückte ich meinen Dienstausweis. Die Türflügel schwenkten in die andere Richtung, und die Trage blieb verwaist zurück. Einige Sekunden später erschien ein hochgewachsener Mann mit gebeugtem Rücken, eine Zigarette im Mund. Er sah mich misstrauisch an.
       »Wer sind Sie? Ich kenne Sie nicht.«
       »Commandant Durey, Mordkommission Paris. Ich interessiere mich für den Fall Simonis.«
       Er lehnte sich gegen die Kante einer Tür und hielt so ihre Pendelbewegung an.
       »Ist die Gendarmerie informiert?«
       Ohne zu antworten, ging ich auf ihn zu. Er war fast genauso groß wie ich. Sein offener Kittel war fleckig, und er hielt seine Zigarette auf eine merkwürdige Art dicht an die Lippen, wobei er mit der Hand die Hälfte des Gesichts verdeckte. Bislang hatten mir die Ammenmärchen kein Glück gebracht, und so schenkte ich meinem Gegenüber reinen Wein ein:
       »Doktor, ich habe hier keinerlei Befugnisse. Die Untersuchungsrichterin Magnan hat mich vor die Tür gesetzt, und Capitaine Sarrazin hat mir offen gedroht. Trotzdem werde ich diese Stadt nicht eher verlassen, bis ich mehr über die Leiche von Sylvie Simonis weiß.«
       »Wieso?«
       »Dieser Fall hat einem Freund von mir keine Ruhe gelassen. Einem Kollegen.«
       »Wie heißt er?«
       »Luc Soubeyras.«
       »Nie gehört.«
       Valleret ließ die Hand sinken. Aber selbst jetzt, wo sein Gesicht ganz sichtbar war, wirkte es verschwommen, als habe er etwas zu verheimlichen. Ein Gesicht auf der Flucht, dachte ich. Ich fuhr fort:
       »Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
       »Nein, natürlich

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