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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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mich gut eine Meile vom Strand entfernt hatte. Mit schnellen Zügen schwamm ich gen Ufer, bis meine Füße wieder den Boden berührten. Mit Seetang im Haar stieg ich über den toten Fisch hinweg, der reglos auf dem Sand lag, Beute für die Möwen, die über meinem Kopf kreisten. Ich beachtete nicht, wie sie sich auf den Kadaver stürzten. Ich ließ zu, dass der eisige Wind mich trocknete, dann kehrte ich zu dem Ort zurück, von dem ich gekommen war und schlüpfte wieder in meine Kleider.
    »Laurina.«
    Traurig klang die Stimme hinter mir. Als ich mich umwandte, stieg Sayd gerade von seinem Pferd und kam langsam auf mich zu. Seine Augen leuchteten golden, offenbar bewegte etwas seine Seele.
    Wie lange hatte er mich schon beobachtet?
    Der Anflug von Scham verschwand rasch wieder, denn es wäre nicht das erste Mal, dass er mich nackt gesehen hatte. Gewiss leuchteten seine Augen nicht deshalb.
    War etwas im Dorf passiert? Hatte er Nachricht von Jared bekommen? Unserem schlauen Jared, der zusammen mit Saul in Garnata weilte …
    »Wenn du gekommen bist, um mir Vorwürfe dafür zu machen, dass ich allein losgeritten bin …«
    Sayd schüttelte den Kopf und lächelte. »Nein, diesmal nicht. Du weißt, wie ich dazu stehe, und ich weiß, dass du ziemlich eigensinnig bist, was das Meer angeht.«
    Der leise Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören. Ja, ich wusste, dass Gabriel dann zurückkommen würde, wenn seine Götter seine Schritte zu mir lenken würden. Keinen Tag eher, keinen Tag später.
    Sayd gehörte immerhin nicht zu jenen, die ausschlossen, dass er noch am Leben war. Er war derjenige gewesen, der mir kurz nach dem Unglück, als mein Herz in Trauer zerfloss, im Vertrauen erklärt hatte, dass Wasser unserer Art nicht schaden kann. Aber wo war Gabriel dann bloß?
    »Ich muss herkommen, das weißt du«, entgegnete ich. »Weshalb aber bist du hier? Und warum leuchten deine Augen, gibt es eine schlechte Nachricht?«
    Ertappt schloss Sayd die Lider für einen Moment. Als er sie wieder aufschlug, waren seine Augen tiefbraun. Er war ein Meister darin, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten.
    »Wann gibt es denn einen Tag ohne schlechte Nachrichten in dieser Zeit? Ich fürchte, wir werden uns das Treiben des englischen Königs in Frankreich nicht mehr länger aus der Ferne ansehen können.«
    »Aus der Ferne? Du vergisst, dass wir vor Kurzem noch auf französischem Boden unterwegs waren.«
    »Ja, wegen des Bürgerkrieges. Doch die Lage wird sich verschlimmern. Edward will neue Truppen in Marsch setzen und gleich im neuen Jahr Rouen einnehmen.«
    »Einen der wichtigsten Häfen des Landes.« Das war alles andere als gut und bei der derzeitigen Zerrüttung des Frankenreiches würde es ihm wahrscheinlich gelingen. Der junge Dauphin war noch immer in sicherem Exil, der alte König konnte nicht handeln und die Burgunder? Noch standen sie gegen die Engländer, doch das Schicksal war sehr launisch.
    »Aber deswegen allein bist du mir nicht nachgeritten, oder?«
    Prüfend sah ich ihn an. Sayd mochte undurchschaubar sein, doch mit der Zeit konnte ich seine Gesten und die Linien seines Gesichts immer besser deuten, und jetzt spürte ich, dass die Nachricht vom bevorstehenden Angriff auf Rouen bis zu meiner Rückkehr hätte warten können – ganz im Gegensatz zu seinem anderen Anliegen.
    Sayd musterte mich und für einen Moment meinte ich das Gold in seinen Augen wieder aufflammen zu sehen. Dann griff er unter sein Wams und zog eine kleine Schriftrolle hervor.
    Taubenpost. Unsere Linie funktionierte noch immer hervorragend. Wir hatten in England und Frankreich je einen Taubenschlag eingerichtet, die von gut bezahlten Wächtern unterhalten wurden. Generation um Generation wechselte sich in der Wache ab und kein Uneingeweihter wäre auf die Idee gekommen, dass diese Tauben der Versendung von Nachrichten zwischen Unsterblichen dienten.
    Meine Nachricht musste die Ordensburg rasend schnell erreicht haben, sonst hätten wir nicht schon die Antwort bekommen. Von Jared konnte sie nicht sein, der schrieb höchstens einmal, um sich zu beklagen, dass er nicht länger aushalten würde, in der Alhambra gefangen zu sein.
    Als ich die Schriftrolle öffnete, erkannte ich die fahrigen Schriftzeichen von Malik. Noch immer konnte er besser mit einem Messer oder einem Schwert umgehen als mit der Feder.
    Die Nachricht, die er uns sandte, war in der Tat beunruhigend, da er kein Mann war, der gern um den heißen Brei herumredete, schilderte er

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