Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
aufgerichtet. »Du übertreibst, Ruth. Die Weißen verachten unsere Religion. Sie haben sich immer über uns lustig gemacht.«
»Oberflächlich schon. Aber nicht im Innern. Da zittern sie. Und du hast ihrer Angst neues Futter gegeben. Wir sind erledigt, Horatio. Wir werden für lange, lange Zeit die Voodoo-Farm sein.« Ruth seufzte, stieg aus dem Mist, ließ sich auf den Boden sinken und barg den Kopf in den Händen. »Wir haben uns ins eigene Knie geschossen«, murmelte sie. »Die ganze Arbeit war umsonst. Die Käserei können wir zumachen und alles andere gleich mit.«
Horatio trat zu Ruth, legte ihr eine Hand auf die Schulter, aber Ruth schüttelte sie ab. »Ein schwarzer Verwalter«, sagte Horatio leise. »Das ist der Tropfen, der das Fass überlaufen lässt, nicht wahr?« Er griff nach ihren Händen und sah ihr ins Gesicht. »Bereust du es schon? Wir können alles rückgängig machen. Ich muss nicht Verwalter der Farm sein. Ich möchte doch nur, dass es uns beiden gut geht.« Seine Stimme war leise und eindringlich, aber Ruth konnte seine Angst heraushören. Angst davor, dass sie ihr Versprechen brach, dass die Meinung der anderen, der Weißen, ihr wichtiger war als ihre Liebe.
Als Ruth aufsah, erschrak Horatio über ihre Blässe. »Es ist doch nicht deine Schuld«, sagte sie und lief mit großen Schritten über den Wirtschaftshof hinaus zu den Weiden. Horatio sah ihr besorgt nach.
Im selben Augenblick bog Santo mit dem Trecker voller Wilddung auf den Weg zum Misthaufen. Er bremste, brachte den Motor zum Schweigen und schwang sich vom Fahrersitz. »Alles in Ordnung, Bass?«
Horatio sah noch immer Ruth nach und schüttelte den Kopf.
»Der Artikel, nicht wahr?«
Horatio nickte.
»Ja, das war wirklich ungeschickt.« Santo sah ebenfalls in die Richtung, in die Ruth verschwunden war. »Die Weißen wären froh, wenn der schwarze Verwalter jetzt verschwinden würde. Es würde vielleicht noch eine kleine Weile dauern, dann aber würden die Saldens samt Farm wieder mit offenen Armen in die große weiße Farmerfamilie aufgenommen.«
»Ist das so, Santo?«, fragte Horatio ungläubig. »Hassen sie uns so sehr? Ich weiß es eigentlich, habe es sogar am eigenen Leib erfahren, aber ich kann und will es einfach nicht glauben!«
Santo zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob es Hass oder Angst ist. Aber die Farm wäre mit einem weißen Verwalter wohl besser dran.«
Horatio biss sich auf die Unterlippe. Schweigend füllte er Kuhhörner mit Mist, während Santo den neuen Dung auf den Haufen gab und ihn mit der Mistgabel durchmischte. Es war eine ganze Weile vergangen, als Horatio endlich zu einem Entschluss gekommen war. »Dann werde ich Salden’s Hill verlassen. Ich möchte nicht, dass Ruth und ihre Familie meinetwegen in Schwierigkeiten geraten.«
»Willst du das wirklich, Bruder?«, fragte Santo. »Willst du dich von den Weißen wieder einmal vertreiben lassen? Von deinem Land? Und willst du die Frau, die du liebst, tatsächlich im Stich lassen?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Dann bleib. Die Nama sind Kämpfer. Manche Kämpfe dauern eben.«
Horatio sah zu den Weiden hinüber. »Ich will ihr nicht schaden. Wenn sie Nachteile hat, dann werde ich gehen.«
»Mama Elo hat erzählt, Ruth selbst hat dich während des Zeitungsinterviews zum Verwalter gemacht. Es war nicht deine Schuld, Bruder.«
Horatio lächelte schief. »Ich bin nicht der Verwalter. Das weiß hier jeder. Wahrscheinlich hat sie mich nur aus Trotz so bezeichnet.«
»Mag sein. Aber nun steht es in der Zeitung. Nun bist du der schwarze Verwalter von Salden’s Hill.«
»Ja. So ist das wohl.« Horatio seufzte. »Ich werde Ruth entscheiden lassen.«
Santo kratzte sich am Kinn. »Vielleicht fällt uns noch etwas anderes ein.«
»Wie meinst du das?«
Santo lächelte. »Na ja, die Käse von Mama Elo und Mama Isa schmecken, unter uns gesagt, abscheulich. Wir Nama haben da auch einen Ruf zu verlieren.« Er lachte und kniff dabei die Augen zusammen. Als er aber sah, dass Horatio nicht aufzuheitern war, legte er ihm eine Hand auf den Unterarm. »Du wärest ein guter Verwalter, Bass, das weiß ich genau. Der beste, den Salden’s Hill jemals hatte.«
»Wie kommst du denn darauf? Ich habe doch gar keine Ahnung von der Landwirtschaft.«
»Du wirst lernen, was du wissen musst. Du hast schon viel gelernt. Und du hast den Mut zu fragen, wenn du etwas nicht weißt.«
»Das macht jeder so«, antwortete Horatio.
»Nein, mein Lieber. Und schon gar nicht
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