Das Herz Der Woelfin
und auf sie achtgeben! Ich sagte mit keinem Wort, dass du befugt wärst, sie zu bestrafen. Und unter Achtgeben verstehe ich, dass du dafür sorgst, dass es ihr an nichts fehlt und ihr nichts passiert!“
„Ich habe Euch nie Anlass zur Klage gegeben, Herr“, rechtfertigte sich Frau Ogiva nun. „Immer habe ich den Haushalt zu Eurer Zufriedenheit geführt. Ich wollte nur, dass … dass in Eurer Abwesenheit alles gut und geordnet geht.“
„Es ist richtig, was du sagst. Deswegen möchte ich auch wissen, warum du ausgerechnet diese Leibeigene mit solcher Härte behandelt hast. Ich kenne dich als strenge Hausdame, aber nicht als grausame Person.“
„Sie ist eine Wilde !“, spie Frau Ogiva hasserfüllt hervor. „Eine Barbarin!“
„Sie ist ein Mensch ! Eine Frau ! Und sie ist mein Eigentum !“
Die Hausdame hatte sich etwas gestrafft. Offenbar gab ihr unerklärlicher Hass ihr etwas mehr Selbstvertrauen zurück.
„Warum hasst du die Leibeigene?“, wollte Fulk wissen.
„Ich ...“, begann Frau Ogiva und blickte langsam zu Fulk auf. „... hasse alle Wikinger. Sie haben meine kleine Schwester entführt und geschändet. Sie war nicht mehr zu erkennen, als wir sie fanden. Ihr Gesicht war eingeschlagen ...“ Die Hausdame stoppte und schluchzte.
„Führt sie weg!“, ordnete Fulk grimmig an. „Bringt sie zurück in den Turm. Ich werde mir bis morgen überlegen, was mit ihr zu tun ist. Aber jetzt schafft sie mir aus den Augen!“
Widerstandslos ließ Frau Ogiva sich von den beiden Wachen aus der Halle führen. Die Menge der Zuschauer begann, sich zu zerstreuen. Man tuschelte und diskutierte über den Fall. Fulk lehnte sich erschöpft in seinem Stuhl zurück und schloss die Augen.
*
Ylfa erwachte mit einem pelzigen Geschmack auf der Zunge. Stöhnend rollte sie sich auf die Seite und öffnete zaghaft die Augen. Gisela saß an ihrem Bett, das Kinn auf der Brust. Sie war eingeschlafen, während sie an Ylfas Seite gewacht hatte. Tiefe Schatten lagen unter ihren Augen und Ylfa verspürte ein warmes Gefühl. Die kleine Fränkin, die auf ihre eigene Art mutig und stark war, war ihr in der kurzen Zeit wie eine Schwester geworden.
Plötzlich schlug auch Gisela die Augen auf und erblickte Ylfa.
„Oh! Du bist wach?“
Ylfas trockener Mund wollte keine Worte hervorbringen und so nickte sie.
Gisela schien Ylfas Not zu erkennen und griff nach einem Becher, der auf einer Kiste neben dem Bett stand, und half Ylfa beim Trinken.
„Danke“, flüsterte Ylfa und legte den Kopf zurück auf die Matratze.
„Ich bin so froh, dass es dir wieder besser geht“, sagte Gisela. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht.“
Ylfa brummte missbilligend. Sie glaubte Gisela, dass sie sich Sorgen gemacht hatte, doch bei Fulk war das etwas anderes. Er hatte sie in der Obhut dieses Monsters gelassen. Er hatte angeordnet, dass diese Frau Ogiva über Ylfa nach Belieben verfügen konnte.
„Du fühlst dich sicher furchtbar“, sagte Gisela mitfühlend. „Möchtest du, dass ich dich eine Weile allein lasse, damit du dich noch ausruhen kannst?“
Ylfa nickte mit geschlossenen Augen. Sie war Fulks Schwester dankbar für ihre Feinfühligkeit. Tatsächlich war es Ylfa im Moment am Liebsten, wenn sie eine Weile für sich allein sein konnte. Sie hatte das Bedürfnis zu weinen und wollte nicht, dass Gisela oder jemand anderes sie dabei sah.
Gisela erhob sich und legte eine Hand auf Ylfas.
„Ich werde später noch einmal nach dir sehen. Ruh dich aus. Du hast das Schlimmste überstanden, doch ich sehe, dass du noch immer sehr schwach bist. Schlaf wird dir helfen zu heilen.“
Sie drückte sanft Ylfas Hand, dann wandte sie sich ab und ging zur Tür. Bevor sie diese öffnete, drehte sie sich noch einmal zu der auf dem Bett Liegenden um.
„Ich habe für deine Genesung gebetet. Nicht nur um deinetwillen. Auch um meines Bruders willen. Er hätte es nicht überlebt, wenn dir etwas zugestoßen wäre.“
Mit diesen Worten verließ Gisela das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ylfa lag reglos auf dem Bett. Eine Träne quoll aus ihrem Auge und rollte langsam an der Wange hinab.
Kapitel 13
A ls Ylfa erneut erwachte, fühlte sie sich schon um einiges besser. Lediglich ihr Rücken schmerzte und sie versuchte stöhnend, eine schmerzfreie Liegeposition zu finden. Nach einer Weile hin und her wälzen gab sie es schließlich auf. Vorsichtig setzte sie sich auf und ließ langsam ihre Beine über den Rand des Bettes hinweg
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