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Das Herz des Drachen

Das Herz des Drachen

Titel: Das Herz des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith R. A. DeCandido
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Tag war selbstverständlich der gewesen, als Moondoggy Verlander ihm den fehlenden Teil des Zauberspruchs gebracht hatte. Damit konnte er das Herz des Drachen erwecken. Nichts davor – und auch nichts mehr danach – war vergleichbar mit der puren Herrlichkeit solcher Macht.
    Er musste diese Macht zurückgewinnen.
    Der Geist hatte zwar weiterhin seine Wunden geheilt, aber ohne die Anwesenheit des Geistes selbst blieb ihm seine mächtigste Waffe ärgerlicherweise unerreichbar. Bis der Zauber, der den Geist verbannt hatte, verflog, blieb ihm die wahre Macht verwehrt.
    Er konnte nicht verletzt oder getötet werden, obwohl er aus irgendeinem Grund weiter alterte. Der Zauber half ihm, jede Wunde zu heilen – aber je schwerer die Verletzung war, desto länger dauerte die Rekonvaleszenz.
    Unverwundbarkeit war nicht das Gleiche wie die Fähigkeit, jemanden zu verletzen. Als er das erst einmal verstanden hatte, machte sich Albert die Kung-Fu-Welle in den frühen Siebzigern zunutze. Dojos waren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Sie füllten sich schnell mit Schülern, die der nächste Bruce Lee werden wollten. Seine beschleunigte Wundheilung verschaffte Albert einen entscheidenden Vorteil und er hatte schnell die Fähigkeiten erlernt, auf die es ihm ankam.
    Als Albert fand, dass er sie ausreichend verfeinert hatte, bot er seine Dienste den Triaden an. Zuerst wurde er abgelehnt, aber er gab nicht auf und fand eine Untergruppe, die ihn aufnahm.
    Weil er in Chinatown aufgewachsen war, hatte er immer gewusst, wie viel Macht die Triaden auf die Gemeinschaft ausübten. Also hatte er die nächsten zwanzig Jahre seines Lebens dem Aufstieg in der Hierarchie der Triaden gewidmet.
    Unglücklicherweise verbrachte er die meiste Zeit auf dem untersten Rang. Sein Status als Halbblut war ihm – wie gewöhnlich – ein frustrierendes Hindernis.
    Irgendwann durfte er dann als Vollstrecker auf der untersten Ebene arbeiten. Er fungierte als Bodyguard für Prostituierte, war Türsteher vor den Klubs oder kümmerte sich gelegentlich um Leute, die ihr Schutzgeld schuldig blieben oder ihr Darlehen nicht zurückzahlten.
    Allerdings durfte er niemals seine Meinung äußern. Meistens durfte er nicht einmal den Mund öffnen.
    Das hatte sich geändert, seit Tommy Shin ans Ruder gekommen war.
    * * *
    Niemand wusste, warum der Alte sich zur Ruhe setzen wollte. Die Ankündigung kam aus heiterem Himmel und er schien selbst zutiefst unglücklich darüber zu sein. Es gab Gerüchte, dass der Alte etwas getan hatte, was das Missfallen der Oberen in China erregt hatte. Dass sie klargestellt hatten, dass jetzt junges Blut nachrücken musste.
    Tommy betrachtete sich als Amerikaner, der zufällig in Chinatown wohnte, und nicht als Chinesen, der zufällig in Amerika lebte. Und er tat, was niemand aus den Triaden sonst getan hätte: Er sprach mit Albert.
    „Das hier ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, hatte Tommy damals gesagt. Albert war sich ziemlich sicher, dass es Tommy verdammt egal war, mit wem er sprach – er liebte nur den Klang seiner eigenen Stimme. Aber das machte nichts. Was allerdings etwas ausmachte, war, dass es Albert war, der dort stand.
    Der Fernseher war eingeschaltet und eine Nachrichtensendung lief. Leute in Ostdeutschland kletterten über die Berliner Mauer. Die Grenzsoldaten, die sie vor wenigen Monaten noch alle erschossen hätten, unternahmen nichts dagegen.
    „Wir können uns nicht erlauben, uns von den alten Geschäftstraditionen fesseln zu lassen“, fuhr Tommy fort. „Schau dir das an – der Eiserne Vorhang ist gefallen. Wer von uns hätte je geglaubt, dass wir das erleben würden? Also, ja, Albert, ich will hören, was du zu sagen hast. Weil die Tatsache, dass deine Mutter Japanerin war, nicht ausreicht, um dir nicht zuzuhören.“
    Das war alles, was er hören musste.
    Jetzt, einen Monat später, war Albert ein paar Ränge aufgestiegen. Tommy hörte auf ihn und – widerwillig – taten das auch die anderen, weil der Boss es so machte.
    Das war gut, aber es war nur ein Teil seines Plans.
    Teil zwei startete beim vorletzten Neumond des Jahres, dem 28. November. Das war der Tag, an dem der Zauber, den dieses blöde blonde Gaijin- Mädchen gesprochen hatte, enden würde. Albert konnte dann erneut über das Herz des Drachen befehlen.
    Er sprach die Worte noch einmal und wieder brachen die Flammen aus – Flammen, die die Umgebung nicht verbrannten und trotzdem Energiewellen aussandten. Albert sonnte sich im Glanz dieser

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