Das Herz des Drachen
Unterkunft sparte, ging für Waffen, Munition und andere Ausrüstungsgegenstände drauf. Ohne auch nur Essen, Benzin für den Impala und den Lagerraum mit einzurechnen, für den er Miete zahlte.
Früher oder später würde sein Bankkonto leer sein. John hatte allerdings schon ein paar Tricks drauf, die es ihm ermöglichen würden, weiterzumachen.
Ein Vorteil genau dieser Bruchbude war die Nähe zu Chinatown, wo die Morde sich ereignet hatten.
Wie versprochen wartete Bobbys Paket bei seiner Ankunft bereits auf ihn und er legte es auf dem klapprigen Schreibtisch ab, der an der anderen Seite des Zimmers an der Wand stand.
Nur einen Tag zuvor hatte Dean ihm geholfen, das Paket zu schnüren. Dean schwang Bobbys Paketband gerne so, als wäre es eine Waffe. John fand das zwar niedlich, aber unpraktisch. Er wusste, dass die Jungs lernen mussten, sich selbst zu verteidigen. Selbst wenn er das Ding finden sollte, das Mary getötet hatte, bezweifelte er, dass damit alles beendet wäre. John wusste zu viel darüber, wie die Welt funktionierte. Dean fing auch gerade an, das zu begreifen – nicht mehr lange und dann würde auch Sammy es herausfinden. Obwohl John immer noch hoffte, dass der Sechsjährige vielleicht einmal so etwas wie ein normales Leben hätte.
Wenn er nur bald Marys Mörder finden würde.
Als er das schwere Paket in sein Zimmer trug, fragte er sich, ob die Jagd jemals enden würde.
Er dachte über das Herz des Drachen nach, während er das Paket aufriss und darüber, dass Bartow – dieser Typ, der es schon einmal aufgehalten hatte – gestorben war. John konnte nicht mehr herausfinden, was er gewusst hatte. Und das ließ eine verstörende Möglichkeit offen, über die er lieber nicht so genau nachdachte.
Was wäre, wenn ein anderer Jäger das Ding tötete, das ihm Mary weggenommen hatte? John würde es nicht einmal erfahren. Es war ja nicht so, als ob es einen Jäger-Rundbrief oder so etwas gäbe. Die Leute an Orten wie dem Roadhouse berichteten auch nicht gerade detailliert über ihre Jagden. Angeberei, ja. Große Geschichten, sicher. Aber an echte Informationen kam man nur schwer ran.
Also hatte vielleicht schon jemand das Wesen umgebracht, das Mary auf dem Gewissen hatte, und niemand würde es je erfahren. Monster teilten für gewöhnlich vor dem Abtreten keine Lebensläufe mit den Namen ihrer Opfer aus.
Die Wahrscheinlichkeit war sehr hoch, dass Johns Suche vollkommen sinnlos war.
Aber das machte nichts. Er konnte nicht auf Basis einer bloßen Wahrscheinlichkeit aufgeben. Er musste herausfinden, was Mary getötet hatte, und es umbringen. Bis zu diesem Tag würde es keine Atempause geben.
Eine der wichtigsten Lektionen, die ihn Daniel Elkins gelehrt hatte, war, dass der erste Schritt einer erfolgreichen Jagd das Zusammentragen von Informationen war. Es war fast ein Wunder, dass John nicht in den ersten paar Monaten seiner Jagd dabei umgekommen war. Was er damals nicht wusste, füllte ganze Bände.
Also war sein erster Anlaufpunkt die Hauptstelle der Öffentlichen Bibliothek von San Francisco. Er nahm den Bus, weil sein Auto noch in South Dakota war. Das erlaubte ihm einen Blick auf die Stadt und die Bucht zu werfen.
Unglücklicherweise sah er vor allem Baustellen – bis hin zur Bibliothek, die selbst eine war. In der Bay-Area hatte es im Oktober ein schlimmes Erdbeben gegeben – ironischerweise mitten während des Baseball-World-Series-Spiels zwischen den Oakland A’s und den San Francisco Giants. Auch wenn es keineswegs so verheerend gewesen war wie das berühmte Beben 1906, war doch ein beträchtlicher Schaden entstanden, und die Stadt war noch mit dem Wiederaufbau beschäftigt.
Als die Erde bebte, war John im Roadhouse gewesen, um sich genau dieses Spiel, das dritte dieser Reihe, mit einigen anderen Jägern anzusehen. Die Besitzer des Roadhouse, Ellen und Bill Harvelle, hatten alles geplant. Für die Dauer der Saison 1989 sollte die Bar – zum ersten Mal – wie eine normale Sportbar betrieben werden. Männer sollten Bier trinken und über Mark McGwire und Jose Canseco fachsimpeln, über Will Clark und Rick Reuschel und den Tod des Commissioners. Alle möglichen anderen Sachen, für die Jäger normalerweise nicht genug Energie hatten.
Aber als sich die Spieler für die Begegnung aufwärmten, bebte der Boden. Die Sportreporter Al Michaels, Jim Palmer und Tim McCarver wurden plötzlich zu Nachrichtenmännern.
Sofort hatten die Gäste des Roadhouse versucht herauszufinden, was das für
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