Das Herz des Eisplaneten
immer
102
in dem Zeug enthalten sein mochte – es war auf jeden Fall weitaus wirksamer als alles, was ihr die Ärzte auf Andromeda verabreicht hatten.
Yana hatte soeben einen weiteren fruchtlosen Gang zu dem nutzlosen Firmenladen hinter sich gebracht, als sie die Schnokel erblickte, die ein gutes Stück die Straße hoch in den Befehlsstand des Korps einfuhren. Eins war sicher: Hier wurde irgendein Spiel in die Wege geleitet; doch sie würde mit ihren Kräften so lange haushalten, bis der Ärger sie von sich aus heimsuchte. Schließlich brauchte sie schon sämtliche Reserven, um ihre eigenen Kochkünste zu überleben, dachte sie, als sie wieder einmal versuchte, für sich und die Katze eine Mahlzeit zuzubereiten. Abgesehen von Seamus' Fisch und der einen Pfanne, die man ihr gegeben hatte, hatten sich die Versorgungskanäle der Firma in Kilcoole als völlig wertlos erwiesen.
Sie war damit beschäftigt, den Fisch anzubraten, als jemand anklopfte. Als sie die Tür öffnete, blickte sie in Giancarlos Gesicht.
»Maddock, wo, zum Teufel, sind Sie gewesen, und weshalb haben Sie sich nicht gemeldet?« fauchte er, bevor sie ihn hineinbitten konnte.
»Die Freude über unser Wiedersehen liegt ganz bei mir, Herr Oberst«, erwiderte Yana unfreundlich. Auf dem Herd prasselte und sprühte das Fett, in dem sie den Fisch zubereitete. Die Katze huschte unter das Bett. Aus irgendeinem Grund machte Giancarlos Auftauchen Yana plötzlich wütend. Vielleicht lag es an ihrer Frustration darüber, in ihrer Haushaltsführung von der Barmherzigkeit der Dorfbewohner abhängig zu sein, weil der Laden nur wenig im Angebot hatte, was sie sich mit ihren spärlichen Mitteln zum Leben hätte kaufen können. Vielleicht lag es aber auch daran, daß sie nicht mehr an Bord einer Raumstation waren. Vielleicht lag es daran, daß dieser Bursche zu jener Sorte kleinkarierter Leuteschinder gehörte, die sie noch nie hatte ausstehen können. Vielleicht lag es auch daran, daß er einen solch krassen Kontrast zu den höflichen und gütigen Einheimischen bot. Doch sie gelangte zu dem Schluß, daß es wohl eher daran liegen mußte, daß die Firma, nachdem sie alle Leute um sie herum in den Tod geschickt und sie selbst beinahe umgebracht hatte,
103
es immer noch zuließ, daß solche Betonköpfe ihr mit der Einstellung ihrer medizinischen Versorgung drohen konnten.
»Bitte nehmen Sie doch Platz und erzählen Sie mir mal, Herr Oberst, wie ich ohne Funkgerät, ohne Computer, ohne Transport, ohne Kontaktperson, ja sogar ohne einen einzigen gottverdammten Schreibstift Kontakt mit Ihnen aufnehmen soll. Und wenn Sie schon gerade dabei sind, erzählen Sie mir bitte auch noch, wie Sie sich das vorstellen, daß ich verdeckt tätig sein und das Vertrauen dieser Leute gewinnen soll, wenn Sie, hier hereinstürmen und meinen Namen brüllen, als wären wir bei irgendeinem gottverdammten Bordappell.«
Sie nahm auf dem Stuhl Platz und überließ es ihm, stehenzubleiben oder sich auf das Bett zu setzen, während sie die Arme verschränkte und zornig zu ihm aufblickte.
»Wie ich feststelle, hat die Disziplin schon nach wenigen Tagen als Zivilistin deutlich nachgelassen.«
»Ich bin Zivilistin, mein Herr. Vielleicht eine Angestellte, sofern die Firma die Güte haben sollte, mich für meine verdammte Tätigkeit auch entsprechend auszurüsten.«
»Es scheint Ihnen etwas besser zu gehen«, bemerkte er lahm.
»Ja, Oberst Giancarlo, das tut es. Selbst wir Invaliden haben unsere guten Tage. Eine Waffe. Das hatte ich vergessen. Wenn ich hier spionieren soll, sollte ich auch eine Waffe haben. Und sei es nur; um mir mein eigenes gottverdammtes Essen zu jagen. Das ist hier nämlich üblich. Haben Sie sich mal den Firmenladen angesehen? Was hat die Firma hier eigentlich vor, mein Herr? Ein zweites Bremport zu provozieren?«
»Das genügt, Majorin. Ich will nur wissen, warum Sie uns, zum Teufel, nicht über dieses jüngste Fiasko mit der Geologenmannschaft informiert haben.«
»Vielleicht, weil ich ja gerade erst eingetroffen war, als es passierte.
Vielleicht, weil man mich ja nicht einmal darüber informiert hatte, wer überhaupt hier war und wer nicht. Vielleicht, weil ich über keine Kommunikationsmittel verfüge, über keinen Verbindungsoffizier, seit Sie den letzten so voreilig von seinem Amt entbunden haben…«
104
»Wir hatten Grund zu der Annahme, daß er in einem
Loyalitätskonflikt stand«, erwiderte Giancarlo. Er hatte, dick vermummt in seiner
Weitere Kostenlose Bücher