Das Herz des Jägers
|130| das Verhalten der gegenwärtigen Regierung gegenüber Libyen und Kuba angeht, immer noch den Amerikanern hilft.
P: Wissen Sie, um wen es sich handelt?
G: Nein.
P: Aber Johnny Kleintjes weiß es?
G: Johnny wußte es. Er kannte die Liste.
P: Warum hat er sie nie öffentlich gemacht?
G: Ich weiß es nicht, das habe ich mich auch gefragt. Erinnern Sie sich noch an die Übergriffe in Kwa-Zulu, Pillay? Erinnern Sie sich an die politischen Morde, die Einschüchterung?
P: Ich erinnere mich.
G: Ich frage mich, ob er die Liste nicht als Trumpfkarte bei den Verhandlungen eingesetzt hat. Wissen Sie, in der Art »Hört auf mit dem Blödsinn, oder ich mache die Liste öffentlich«. Jedenfalls beruhigte sich die Lage.
P: Aber das ist eher unwahrscheinlich, oder?
G: Ja. Das stimmt.
P: Was glauben Sie, ist der wirkliche Grund?
G: Ich glaube, Johnny Kleintjes kannte Inkululeko persönlich. Ich glaube, sie waren Freunde.
14
Durch die Linse einer verstecken Kamera oder mit dem Blick eines Voyeurs betrachtet, wäre die Szene erotisch gewesen. Allison Healy saß vor der Hifi-Anlage in ihrer renovierten Doppelhaushälfte in Gardens. Sie war nackt. Ihr kräftig gebauter Körper strahlte nach dem heißen Bad, den Cremes und den Ölen, die sie in ihre Haut massiert hatte. Die CD, die lief, hieß
Women of Chicago
: Bonnie Lee, Karen Carroll, Shirley Johnson und ihre Lieblingssängerin Lynne Jordan. Musik, die von Problemen handelte, die Frauen mit Männern haben. In dem Aschenbecher auf dem kleinen Tisch neben dem dunkelblauen Sessel lag eine Zigarette, deren Rauch als dünne, schlanke Säule aufstieg. Das Zimmer |131| wurde sanft von einer Tischlampe neben einem kleinen Fernseher erhellt.
Ihre Gedanken waren jedoch keineswegs erotischer Natur. Allison dachte an einen Motorradfahrer, der durch die Nacht raste, einen rätselhaften Mann, den die Gesetzeshüter und Geheimdienstler jagten.
Bevor sie das Büro verließ, hatte sie noch einmal bei Rassie Erasmus von der Polizei in Laingsburg angerufen und Fragen gestellt. Sie hatte das Gespräch als aufregend empfunden, als wären sie beide Verschwörer gegen die Geheimdienste des Landes, aber es hatte dennoch wenig neue Informationen gebracht.
Ja, die Anfrage nach dem Motorradfahrer war vom regionalen Polizeihauptquartier gekommen. Dort sollten sie sich auch melden, wenn ihnen etwas auffiele. Nein, es war nie eindeutig gesagt worden, daß die Presidential Intelligence Unit nach Mpayipheli suchte, aber die Polizei verfügte über ihre eigene Sprache, ihre eigenen Referenzen, ihre Eifersüchteleien und den üblichen Neid. Er war ziemlich sicher, daß die PIU dahintersteckte. Es sah auch so aus, als hätte der Flüchtige etwas in seinem Besitz, was die PIU unbedingt haben wollte.
»Irgendwelche Neuigkeiten über Mpayipheli, Rassie?«
»Nein. Kein Wort.«
Sie griff nach der Journalistenbibel – dem Telefonbuch. Darin standen drei Mpayipelis und vier Mpayiphelis. Alle in Khayalitsha oder Macassar, aber keiner hatte das Initial T. Sie rief alle Nummern an; sie war sich der späten Stunde bewußt, ihr war klar, daß sie hart arbeitende Leute aus dem Schlaf schreckte, doch auch sie mußte ihre Arbeit tun.
»Es tut mir leid, so spät bei Ihnen anzurufen, aber kann ich bitte mit Thobela sprechen?«
Jedesmal dieselbe Antwort – eine schläfrige Stimme sagte: »Was?«
Nur um sicherzugehen, hatte sie bei Google im Internet gesucht und »Thobela Mpayipheli« eingetippt und dann auf SUCHEN geklickt.
|132| Ihr Suchwort tauchte in keinem Dokument auf.
Dann hatte sie den Computer ausgeschaltet, ihre Handtasche genommen, den paar verbliebenen Kollegen auf Wiedersehen gesagt und sich zu Hause ein langes heißes Bad gegönnt, ein halbes Glas Rotwein, ihre übliche Hautpflege, Musik und eine letzte Zigarette.
Allison erhob sich und stellte die Flaschen und Fläschchen im Badezimmer weg, dann ging sie zurück und legte sich auf das Sofa. Sie inhalierte tief den Rauch, schloß die Augen und ließ sich von Johnsons’ »As the Years Go Passing By« umhüllen. Sie dachte zurück, an Nic, an die Intensität der Augenblicke. Nein. Sie sehnte sich nach einer Reise. In die verrauchten Bars Chicagos, in eine Welt pulsierender Rhythmen, sinnlicher Stimmen und eigenartiger neuer Erfahrungen. Sie sehnte sie sich nach einem neuen, unbefleckten Leben.
Sie konzentrierte sich auf die Musik. Sie würde bald schlafen gehen. Sie freute sich auf die lange, wohlverdiente Nacht. Sie mußte erst zu Mittag
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