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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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zwischen der Abzweigung und der Straßensperre. Er war so nah gewesen. Sie hatte recht gehabt, mit allem. Er hatte die N1 genommen. Er war eine Stunde später dran, als sie erwartet hatte, aber er war da. Hätte es nur nicht geregnet …
    Sie schaute sich die große Weite der Nordwest-Provinz an.
    |158| Was jetzt? Mpayiphelis Möglichkeiten multiplizierten sich mit jeder dünnen roten Linie, die eine Straße darstellte, ganz gleich mit welcher Oberfläche. Selbst wenn Team Bravo einsatzbereit wäre, gab es viel zu viele Schlupflöcher, zu viele Kreuzungen und Abzweigungen und Gabelungen, um alle abzudecken.
    Was sollte sie jetzt tun?
    Sie brauchte ein heißes Bad, sie mußte sich die Nacht aus den Haaren waschen und vom Körper schrubben. Sie brauchte neue Kleider, ein neues Make-up und ein gutes Frühstück.
    Ihr Blick wanderte zu seinem Ziel. Lusaka.
    Sie wußte eines. Er war nach Westen gefahren und hatte den direkten Weg nach Bloemfontein abgeschrieben. Sie folgte einer neuen Linie. Durch Gaborone, Mmabatho, Vryburg und Kimberley.
    Das war am wahrscheinlichsten.
    Der Sturm hatte ihn gerettet, doch nun verwandelte er sich in seinen Feind. Sie wußte, daß die Gewitterfront zweihundert Kilometer breit war, aber er konnte nur raten. Er war auf dem Kiesweg gestürzt, beherrschte die Maschine also nicht allzu gut. Er würde im Schlamm langsam fahren müssen, vorsichtig. Er würde seine Möglichkeiten überdenken müssen. Er würde sich fragen, wo sie blieben. Er würde über die Schulter nach Hubschraubern Ausschau halten, er würde die Straße vor sich nach Soldaten absuchen. Er war müde, unterkühlt und naß. Angeschlagen von dem Sturz.
    Fünf-, sechshundert Kilometer bis Kimberley. Wie schnell konnte er dort sein?
    Sie schaute auf die Uhr. Von den zweiundsiebzig Stunden waren zwölf vergangen. Sechzig blieben. Sechs, sieben, vielleicht acht Stunden bis Kimberley. In dieser Zeit konnte viel geschehen.
    Janina Mentz schaute sich um, sie sah die abwartenden Gesichter im Saal, besorgt, müde, verärgert. Sie mußten sich |159| ausruhen, sie mußten ihren Mut wiedererlangen. Eine heiße Dusche und ein warmes Frühstück. Perspektive.
    Sie lächelte in den Einsatzraum. »Wir wissen, wo er ist, Leute. Und wir kennen sein Ziel. Wir werden ihn schon kriegen.«
     
    Kurz darauf stürzte er beinahe noch einmal. Als er scharf bremste, glitt das Motorrad weg, und er mußte sich mächtig anstrengen, um aufrecht zu bleiben. Ein heftiger Schmerz zuckte durch seine Schulter. Auf dem Straßenschild vor ihm stand, daß es links nach Loxton ging, rechts nach Victoria West. Er zögerte. Der Instinkt ließ ihn nach links abbiegen, denn das war die einzige nicht vorhersagbare Möglichkeit, die ihm geblieben war. Was geschehen war, lastete schwer auf ihm; er würde wieder auf die Karte schauen müssen.
    Und schlafen.
    Aber es regnete, er konnte nicht einfach auf dem Feld anhalten und sich ausruhen, er brauchte ein Zelt.
    Der Feldweg war im schlechten Zustand, die Oberfläche unberechenbar, am Rande fiel er ab, dort war der Boden weicher, also blieb er in der Mitte. Seine Hände waren kalt, und sein Kopf dröhnte. Er versuchte, nicht an die beiden Soldaten zu denken, an seine eigene große Enttäuschung, als er das Motorrad aufgenommen und wieder angelassen hatte. Er war einen Moment lang überrascht, daß es nicht kaputt war, daß der Motor beim ersten Versuch ansprang, er fuhr davon, mit schlingerndem Hinterrad im nassen Boden. Er war von sich selbst enttäuscht, von dem unglaublichen Haß, der aus dem Funkgerät gequollen war, aber an all das wollte er nun nicht denken.
    Thobela stellte eine Liste seiner Probleme auf. Sie wußten, wo er war. Sie würden seine Möglichkeiten auf der Karte nachvollziehen. Sie setzten die Armee ein, sie hatten Hubschrauber, Fahrzeuge.
    Großer Gott, Johnny Kleintjes, in was hast du mich da |160| rein geritten? Ich will nach Hause. Das kam zur Liste hinzu: Er wollte nach Hause zu Miriam und Pakamile.
    Er sah aus dem Augenwinkel eine Scheune. Links der Straße, eine Ruine zwischen Felsen und Thorn Trees. Ja, so konnte er das Gleichgewicht zu seinen Gunsten verschieben, er konnte sich ausruhen, Schutz suchen. Er bremste vorsichtig, schlug einen sanften Bogen, fuhr zurück zu dem zweispurigen Weg. Das Tor stand offen, es war heruntergekommen und vernachlässigt. Er fuhr vorsichtig über den steinigen Weg, die Lenkergriffe zuckten in seinen Händen. Er sah einen kleinen Zementkreis, der mit Wasser gefüllt

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