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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Kanarienvögel.
    »Ich weiß.«
    »Siehst du, das wissen sowieso schon alle. Also kannst du auch bei uns zu Gast sein.«
    »Vielen Dank, aber es geht einfach nicht.«
    »Wenn du es dir vor elf anders überlegst, ruf mich an.«
    »Mache ich.«
    Dann war sie an der Reihe. »Guten Tag«, sagte sie. »Ich suche nach Ms. Miriam Nzululwazi. Sie arbeitet hier.«

18
    »Ich bin fertig mit all diesen Dingen. Ich will nicht mehr kämpfen, ich will nicht die Gewalt, die Schießereien, die Schlägereien, den Haß. Vor allem den Haß. Ich will das alles nicht mehr«, hatte er gesagt.
    Das war im Krankenhaus in Milnerton gewesen, am Bett seines weißen Freundes Zatopek Van Heerden; sie waren beide vollgepumpt mit Medikamenten, sie waren bandagiert, sie litten Schmerzen, sie teilten das Trauma eines höchst eigenartigen und brutalen Zwischenfalles, den er und der Ex-Polizist rein zufällig gemeinsam durchlitten hatten. Da hatte er noch für Orlando Arendse gearbeitet. Er hatte ein inneres Strahlen verspürt, die Vision eines neuen Lebens vor sich gesehen. Van Heerden hatte ihn ausdruckslos angestarrt, wenn sich auch in seinem Blick eine Spur Mitgefühl fand.
    »Du glaubst nicht, daß ich mich ändern kann?«
    »Tiny, es ist schwer.«
    Tiny. Das war sein Name. Er hatte ihn bei der Metamorphose abgelegt, das gehörte dazu, man mußte die Vergangenheit töten. Er kam sich vor wie eine Schlange, die sich häutete, die einen geisterhaften Überrest zurückließ. Er war Thobela geworden. Das war sein Taufname.
    |164| »Wenn man es träumen kann, kann man es auch schaffen.«
    »Wo hast du denn diesen Unsinn her?«
    »Hab’s irgendwo gelesen. Und es stimmt.«
    »Sagen Norman Vincent Peale oder Steven Covey, die falschen Propheten. Große weiße Hexenmeister.«
    »Von denen habe ich noch nie gehört.«
    »Wir sind programmiert, Tiny. Verkabelt. Wir sind, was wir sind, mit Haut und Haaren.«
    »Wir werden älter und klüger. Die Welt verändert sich mit uns.«
    Zatopek Van Heerden war immer erschreckend ehrlich. »Ich glaube nicht, daß jemand sein Wesen verändern kann. Im besten Fall können wir das Gleichgewicht von Gut und Böse in uns zur Kenntnis nehmen und akzeptieren. Oder zumindest das Potential dafür. Wir leben in einer Welt, in der das Gute glorifiziert und das Böse mißverstanden wird. Man kann die Perspektive verändern. Nicht das Wesen.«
    »Doch«, hatte Thobela gesagt.
    Dabei hatten sie es belassen; sie waren sich einig darin, uneinig zu sein.
    Als er entlassen wurde und seinen weißen Freund im Krankenhaus zurückließ, verabschiedete er sich voll innerer Begeisterung dafür, sich neu zu erfinden, sehr erfreut über den neuen Thobela Mpayipheli. Zatopek hatte den Kopf geschüttelt und gesagt: »Wenn jemand es schafft, dann du.« In seiner Stimme lag ein Drängen, als könnte auch er persönlich bei der Sache etwas gewinnen.
    Nun kauerte Thobela auf der staubigen, muffigen Kokosmatratze mitten in der Karoo. Der Schlaf ließ auf sich warten, denn die Sache mit den beiden Soldaten ging ihm wieder und wieder durch den Kopf. Er suchte nach dem Moment, in dem sein wahres Ich zurückkehrt war, in dem sich verabschiedet hatte, wer und was er sein wollte. Das heiße Blut des Kämpfers war ihm so blitzartig zu Kopf gestiegen, seine Hände waren so beängstigend bereit gewesen, zu töten, sein Hirn spuckte die lebenswichtigen Punkte am Körper des |165| Soldaten aus, wie ein Maschinengewehr, es war zum Verzweifeln. Er kämpfte mit sich selbst, es war so eine schreckliche Enttäuschung. Wenn Pakamile ihn sehen könnte … und Miriam – wie entsetzt wäre sie.
    »Sieh nur, was ihr aus mir macht.« Er hatte es gesagt, bevor er es gedacht hatte. Nun wußte er, daß er die Verantwortung zu Unrecht dem Soldaten aufgebürdet hatte; er brauchte einen Sündenbock, aber der Sünder war er selbst. Verkabelt.
    Was konnte man tun?
    Wenn Van Heerden recht hatte, was blieb einem dann noch?
    Sie hatten Van Heerden einmal besucht, er, Miriam und Pakamile, auf einem kleinen Anwesen hinter Table View, in einem kleinen weißen Haus – Zatopeks Mutter wohnte in dem großen weißen Haus direkt nebenan. Samstagnachmittag, er holte die Familie aus dem Township am Taxistand in Killarney ab, Van Heerden und Thobela fingen sofort an zu reden, die Verbindung zwischen ihnen war so kraftvoll, wie es eben ist bei Menschen, die gemeinsam dem Tod ins Auge gesehen haben. Miriam war still, sie fühlte sich unwohl, und Pakamile lauschte mit weitaufgerissenen Augen.

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