Das Herz des Jägers
an.
»Und jetzt?« fragte Thobela.
»Sie haben angerufen. Aus Lusaka, glaube ich. Sie haben einige Festplatten, aber es sind nicht die, die sie wollen. Ich mußte eine weitere Platte aus dem Safe meines Vaters holen.«
Er schaute ihr in die Augen. Das war es also.
»In zweiundsiebzig Stunden muß ich diese Festplatte in Lusaka abgeben. Mehr Zeit haben sie mir nicht gelassen.«
»Das ist nicht viel Zeit.«
»Nein.«
»Warum verschwenden Sie Ihre Zeit dann damit, hier zu sitzen?«
»Ich brauche Ihre Hilfe, um die Daten abzuliefern. Um meinen Vater zu retten, denn sonst werden sie ihn töten. Und ich …« Sie zog den Saum ihres langen, breiten Rocks |29| hoch, »… bin ein bißchen langsam.« Er sah das Holz und das Metall, die künstlichen Beine.
Tiger Mazibuko stand in seiner Tarnuniform mit schwarzem Barett unter dem Flügel der Falcon 900, Hände hinter dem Rücken, den Blick auf die zwölf Männer gerichtet, die Munitionskisten verluden.
Er hatte achtunddreißig Monate darauf gewartet. Über drei Jahre, seit Janina Mentz, mit einer Akte in der Hand, gekommen war, um ihn, einen einfachen Lieutenant, von der Recces-Spezialeinheit zu holen.
»Sie sind ein harter Kerl, Mazibuko, doch sind Sie hart genug?«
Es war verdammt schwer, sie ernst zu nehmen. Ein Mädchen. Eine weiße Frau, die bei der Recces reinmarschierte und alle Welt mit dieser sanften Stimme hin und her kommandierte und viel zu selbstsicher war. Und sie konnte ihm ganz schön den Kopf verdrehen. »Ist nicht die Zeit gekommen, aus dem Schatten Ihres Vaters zu treten?«
Mazibuko war von der ersten Frage an bereit gewesen. Was folgte, war bloß Mentz, die zeigte, daß sie in den offiziellen Akten zwischen den Zeilen lesen konnte.
»Warum ich?« hatte er dennoch gefragt, im Flugzeug nach Kapstadt. Mentz hatte ihn mit ihrem stechenden Blick angeschaut und gesagt: »Mazibuko, das wissen Sie.«
Er hatte nicht geantwortet, aber er hatte es sich dennoch gefragt. Lag es an seinen … Fähigkeiten? Oder seinem Vater? Er fand die Antwort nach und nach in den 44 Akten, die er durchsehen mußte, um die 24 Mitglieder der Reaction Unit auszusuchen. Er begann zu sehen, was Mentz von Anfang an gewußt haben mußte. Als er mit den Männern sprach, schaute er ihnen in die Augen und sah die Gnadenlosigkeit. Den Hunger.
Das Band zwischen ihnen.
Der Selbsthaß, der immer da war, hatte einen Ausdruck gefunden.
|30| »Wir sind bereit, Captain«, sagte Da Costa.
Mazibuko trat unter dem Flügel hervor. »Dann an die Arbeit.«
Ja, sie waren bereit. So bereit wie eine dreijährige Ausbildung machen konnte. Vier Monate, um das Team zusammenzustellen, um jeden von Hand auszuwählen. Dann das Trennen der Spreu vom Weizen, wieder und wieder, bis es nur noch 24 gab, zwei Teams von jeweils einem Dutzend, die perfekte Zahl für »meine RU«, wie der Direktor sie besitzergreifend nannte,
Aar-you
, die englische Abkürzung des Buckligen für die Reaction Unit. Dann ging es erst richtig los.
Mazibuko zog die Tür der Falcon hinter dieser Hälfte des dreckigen, doppelten Dutzends zu. Die 24 Schwarzdrosseln, die Ama-killa-killa, und die anderen Namen, die sie in den 26 Monaten für sich erfunden hatten, seit die besten Ausbilder, die Geld und diplomatischer Goodwill kaufen konnten, sie in die Hände genommen und neu erschaffen hatten. Sie hatten sie zu physischen und psychischen Extremen geführt, denen sie nicht hatten standhalten sollen. Die Hälfte von ihnen, ein Team von zwölf, war zwei Wochen lang als Team Alpha in Bereitschaft, während die andern als Team Bravo daran arbeiteten, ihre Fähigkeiten zu verfeinern. Dann wurde Team Alpha zu Team Bravo, die Mitglieder wurden ausgetauscht, aber sie waren immer noch eine Einheit. Einander verbunden. Blut und Schweiß, die Intensität der Herausforderungen. Und außerdem – ein psychologischer Juckreiz, eine gemeinschaftliche Psychose, sie alle unterlagen demselben Fluch.
Sie saßen im Flugzeug, sie schauten ihn an. Ihre Gesichter strahlten erwartungsvoll, sie zeigten Vertrauen und vollkommene Bewunderung.
»Zeit, jemand in den Arsch zu treten!« sagte er.
Sie johlten begeistert.
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CIA
LAGEBERICHT
Zur Kenntnis:
Assistant Deputy Director (Mittlerer Osten und
Afrika), CIA Zentrale, Langley, Virginia
Von:
Luke Powell (Leitender Senior Agent – südliches
Afrika), Kapstadt, Südafrika
Betreff:
Südafrika – zehn Jahre später
1. EINFÜHRUNG
Im Februar vor zehn Jahren hielt F. W. de Klerk, der
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