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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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natürliche Selektionen, ihre Körper und Gedanken und Verhaltensweisen. Sie waren von Geburt an programmiert, und zwar nur zu einem Zweck: dem Überleben der Art, dem Erhalt des Genpools. Der Weiße hatte ihm die Beweise Stück für Stück vorgetragen, aber am Ende, obwohl Thobela zugegeben hatte, daß in dem, was Van Heerden sagte, etwas Wahres steckte, konnte das nicht die ganze Wahrheit sein. Das wußte er, er spürte es in seinen Knochen. Was war mit Gott, was war mit der Liebe, was war mit all den merkwürdigen, wunderbaren Dingen, die Menschen tun konnten, mit den Dingen, die wir tun und erfahren und denken?
    |228| Van Heerden wedelte mit den Händen und sagte: »Vergessen wir’s einfach.«
    Und Thobela hatte entgegnet: »Weißt du, mein weißer Freund, für mich klingt das wie die neueste Entschuldigung. All die großen Probleme der Welt kommen mit irgendeiner Entschuldigung daher. Christianisierung, Kolonialisierung, Herrenvolk, Kommunismus, Apartheid, Demokratie – und jetzt eben die Evolution. Oder ist es die Genetik? Entschuldigung, aber das ist bloß ein weiterer Grund, einfach das zu tun, was wir wollen. Ich habe das satt. Ich bin damit fertig. Ich bin meiner eigenen Entschuldigungen müde, und ich will auch von anderen Leuten keine Entschuldigungen mehr hören. Ich übernehme jetzt die Verantwortung für das, was ich tue. Ohne Entschuldigungen. Ich habe Wahlmöglichkeiten, du hast Wahlmöglichkeiten. Wie wir leben wollen. Das ist alles. Das ist alles, was wir wählen können. Scheiß auf die Entschuldigungen. Entweder man lebt ordentlich, oder man soll sich verpissen.«
    Er sagte das voller Elan und Überzeugung. Er war laut geworden, und Leute in der Coffee-Bar, in der sie saßen, schauten sie an, aber ihm war das gleichgültig. Und jetzt, an diesem verlassenen Ende Afrikas, mit 160 Stundenkilometern, war er sicher, daß er recht hatte, und das erfüllte ihn mit Stolz auf das, was er zu tun hatte. Nicht nur mit Blick auf das Ding in seiner Tasche, sondern auf alles, was danach kam. Ein verantwortliches Leben zu leben, ein Leben, das klarstellte: Wenn du dich verändern willst, fang gleich an, bei dir selbst.
     
    »Ma’am, wir sollten sie freilassen.« Vincent Radebe saß neben Janina Mentz. Er sprach leise, um den potentiellen Konflikt zwischen ihnen möglichst nicht aufkeimen zu lassen. Er wußte, daß sie ihn im Auge hatte, er wußte, daß sie Zweifel an seinem Verhalten hegte, an seiner Loyalität, doch er mußte tun, was er tun mußte.
    Sie saß an ihrem Laptop am großen Tisch. Sie hörte auf zu tippen, schaute ihn aber nicht an.
    |229| »Aha, Vincent«, sagte sie.
    »Sie weiß nichts. Sie kann nichts mehr beitragen«, sagte er.
    »Sie kann Schaden anrichten.«
    »Ma’am, sie hat verstanden, daß sie nicht mehr mit den Medien sprechen darf.«
    Janina legte mitfühlend ihre Hand auf Vincent Radebes Arm. »Es ist gut, daß Sie ein Teil unseres Teams sind, Vincent. Sie sorgen für Gleichgewicht. Ich respektiere und schätze Ihre Beiträge. Und Ihre Ehrlichkeit.«
    Das hatte er nicht erwartet. »Kann ich es ihr sagen?«
    »Es gibt jedoch noch etwas zu bedenken. Wir setzen Mrs. Nzululwazi bei ihr zu Hause ab. Sie holt ihr Kind, und ein Fotograf der
Cape Times
fotografiert sie Hand in Hand vor ihrem kleinen Haus. Morgen ziert das Bild die Titelseite. Mit der Überschrift: ›Mutter und Kind warten besorgt auf die Rückkehr des Flüchtigen‹. Brauchen wir das wirklich? Während die Ministerin daran arbeitet, den Medien klarzumachen, was Mpayipheli wirklich für einer ist? Sie hat schon genug angerichtet. Sie haben den Reporter im Radio gehört. ›Seine Lebensgefährtin sagt, er ist ein guter Mann.‹«
    Das konnte er nachvollziehen.
    »Wie auch immer, Vincent, welche Sicherheiten haben wir, daß sie nicht noch einmal mit den Medien spricht? Was passiert, wenn die Reporter anfangen, mit Schecks zu winken?«
    »Ich schätze die Frau anders ein«, sagte er.
    Sie nickte nachdenklich. »Vielleicht sind Sie derjenige, der diese Entscheidung besser treffen kann, Vincent.«
    »Ma’am?«
    »Es ist Ihre Entscheidung.«
    »Sie meinen, ich kann entscheiden, ob sie freikommt oder nicht?«
    »Ja, Vincent, Sie allein, aber Sie müssen die Verantwortung dafür übernehmen und die Konsequenzen tragen.«
    Er schaute sie an und suchte in ihrem Blick nach einem Hinweis, er war plötzlich unsicher.
    |230| »Ich muß darüber nachdenken«, sagte er.
    »Das ist gut so.«
     
    Er bremste ab, als er Petrusville sah. Er

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