Das Herz des Loewen
aufgabt.“
„Hat auch mein Bruder so leicht aufgegeben?“
Comyn stolperte und stöhnte, als Ross’ Schwert auf seinen linken Schenkel zuschnellte, gepolstertes Leder durchstieß, dann Haut und Muskeln. Wütend fluchte er, griff mit einer Hand nach seinem Bein, focht mit der anderen weiter. „Ich habe Euren Bruder nicht getötet.“
„Aber Siusan sagte, sie habe Euch am Tatort gesehen.“ „Nun, ich weiß nicht recht, was sie beobachtet hat.“ Spöttisch kräuselten sich Comyns Lippen. „Bei seinem Tod war sie ziemlich durcheinander.“
„Kein Wunder - wenn man jemanden sterben sieht, den man liebt...“
„Liebe!“ Ein hässliches Glitzern erschien in den hellen Augen hinter dem Helm. „Ich hasste es, wenn ich die beiden zusammen sah, hasste die Gewissheit, dass er sie berührt hatte.“ Der wilde Groll gegen Lion trieb Comyn zu einem unbedachten Angriff, und darauf hatte Ross gewartet.
Sorgfältig zielte er auf Comyns verletzliches Ellbogengelenk, rammte die Schwertspitze hinein, drehte sie herum.
Schreiend ließ Comyn seine Waffe fallen und starrte auf das Blut, das an seinem Arm hinabrann. „Ha, das ist keine tödliche Wunde!“
„Nein. Ich werde Euch in Ketten nach Edinburgh schleifen, und dort soll der König das Urteil über Euch sprechen“, erwiderte Ross voller Genugtuung. Der Sieg lag in unmittelbarer Reichweite. „Ihr werdet für den Mord an Lion bezahlen.“
„Ich?“ Comyn lachte heiser. „Aber ich habe ihn nicht getötet. Das war Eammons Werk.“
„Was redet Ihr da?“ Ross packte den Mann am blutigen Waffenrock und schüttelte ihn. „Sutherland hatte keinen
Grund Lion umzubringen. Jenen Pfeil habt Ihr abgeschossen. Ich will endlich die Wahrheit wissen.“
„Nun, ich erklärte dem Laird, das Opium sei in Lions Besitz“, berichtete Comyn mit einem triumphierenden Lächeln. „Wenn er sich von den Dämonen befreien wolle, die in seinem Inneren tobten, müsse er Lion töten. Ein verdammt guter Schuss war das, wenn man bedenkt, wie heftig Eammons Finger bebten, als er den Bogen spannte.“
„Eammon - Lions Mörder? Unmöglich! “
„Hätte Lions Blut an meinen Händen geklebt, wäre es mir nie gelungen, Siusan zu erobern.“
„Oh, wie grauenvoll ..." Halb benommen versuchte Ross, seine Gedanken zu ordnen, und diesen Augenblick nutzte Comyn. Er riss den Dolch aus seinem Gürtel und stürzte sich auf seinen Gegner. Beide fielen zu Boden, wälzten sich umher, rangen um das lange Messer.
Bald gewann Comyn die Oberhand und hielt seinem Feind die Klinge an die Kehle. „Nun werdet Ihr büßen ...“
Hastig tastete Ross nach seinem eigenen Dolch, dann erinnerte er sich, dass er ihn benutzt hatte, um einen Wachtposten an der Hintermauer zum Schweigen zu bringen. Doch dann berührte er etwas anderes, das in der Scheide steckte, ein glattes, dünnes Stück Holz, der Ebereschenzweig, den Isla ihm gegeben hatte - als Talisman.
Und in diesem Augenblick fand Comyns Glückssträhne ein Ende. Die harte Holzspitze traf eine der wenigen ungeschützten Stellen seines gepanzerten Körpers - ein Auge. Verwirrt schrie er auf, dann bohrte sich die Holzspitze in sein Gehirn.
Ross malte sich aus, die Höllenpforten würden knarrend aufschwingen, um die schwarze Seele eines weiteren Schurken zu verschlucken. Einen Mann, dessen Missetaten die Lebenden bis über sein Grab hinaus quälen würden.
19. KAPITEL
„Dort, ich sehe Curthill in der Ferne!“
Als Daveys aufgeregter Ruf erklang, schaute Megan vom Gesichtchen Kierans auf, der auf ihrem Schoß schlief, freute sich am Anblick der vertrauten Türme und sog die frische Meeresluft in ihre Lungen. „Wir sind zu Hause.“ Lächelnd wandte sie sich zu dem Mann, der hinter ihr im Sattel saß,-der sie unbeschadet durch das wilde Hochland gebracht und auch Kieran beschützt hatte. Tagsüber hatten seine starken Arme beide vor Kälte und Regen bewahrt, nachts waren sie von seinem Körper gewärmt worden. „Zu Hause - und in Sicherheit.“
„Aye.“ Er klappte das Visier seines Helms hoch, und sie starrte verwundert in sein finsteres Gesicht. Was bereitete ihm jetzt noch Sorgen? Comyns Männer saßen in Shurr More fest, von Sutherlands bewacht, von wilden Tieren und Räubern drohte mittlerweile keine Gefahr mehr.
„Hast du Angst um Andrew?“ Sie reckte den Hals und entdeckte den alten Ritter. Er runzelte die Stirn, zeigte immer noch deutlich sein Missvergnügen, weil er an der Seite Sims, seines „Kindermädchens“, in der Mitte des
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