Das Herz des Loewen
jungfräuliche Braut!“
Eine jungfräuliche Braut? Wahrscheinlich war Megan Sutherland gar keine Jungfrau mehr. Mit einer Frau, die mit achtzehn Jahren noch immer nicht geheiratet hatte, konnte irgendetwas nicht stimmen. Sollte er das herausfinden, würde er sie abweisen. „Und was sagt meine Braut zu dieser überstürzten Trauung?“
„Warum sollte ich sie nach ihrer Meinung fragen?“ Lord Nigel blinzelte erstaunt. „Jedenfalls möchte Lord Eammon das alles möglichst schnell erledigen, und nur das zählt.“
So leicht will ich’s dem Laird nicht machen, beschloss Ross. Ich habe ein kleines Heer im Rücken, und im Gegensatz zu meinem Bruder, der damals in sein Unglück rannte, wird mein Verstand nicht von heißer Leidenschaft benebelt. „Ich will nicht mit diesem Mann an einem Tisch sitzen.“
„Ganz, wie es Euch beliebt ... Aber Eammon wird sich ohnehin nicht zu uns gesellen. Es geht ihm nicht gut. Seine Felis scheint ihn viel Kraft zu kosten. Was muss das für eine Frau sein, die ihn nach zwei Jahren immer noch reizt ... “ Lord Nigel rückte seinen engen goldenen Gürtel zurecht und wandte sich ab. „Wenn Ihr schon nicht mit uns essen wollt - kommt wenigstens in die Halle und unterzeichnet den Vertrag. Pater Simon hat Eammons Unterschrift schon bestätigt.“
Ross folgte ihm widerstrebend, mit schleppenden Schritten, wie ein Mann, der zum Galgenbaum geführt wurde. Drei
Tage ... Die Zeit war knapp, aber er würde diesen Lucais finden und dieser unseligen Heirat entrinnen.
„Glaubst du, er wird nicht kommen?“, fragte Megan angstvoll.
Ihre Mutter beugte sich über den leeren Stuhl hinweg, der für Ross bestimmt war, und tätschelte Megans zusammengepresste Hände. „Wahrscheinlich möchte er sich nach der langen Reise nur waschen und umkleiden. “ Sie saßen allein an der langen Tafel auf dem Podest und erwarteten die Männer.
„Das Bad, das ich für ihn vorbereiten ließ, wollte er nicht annehmen“, berichtete Megan ärgerlich. Eine Stunde lang hatte sie in der Gästekammer auf ihren Verlobten gewartet und immer wieder das Kaminfeuer geschürt, aber er war nicht erschienen. Während das Wasser in den Holzeimern erkaltete, wuchs ihr Unmut. So viel gab es zu tun, und da saß sie sinnlos herum, den Launen dieses Mannes ausgeliefert. Schließlich beauftragte sie eine Dienerin nach seinem Verbleib zu fragen, und erfuhr, er wünsche nicht zu baden. Mit keinem Wort hatte er sich entschuldigt.
„Dieser unhöfliche Rüpel ...“
„Wer, meine Liebe?“, erkundigte sich ihre Mutter.
Darauf gab Megan keine Antwort. Sie wollte ihre Mutter, die eine unglückliche Ehe führte und der Männerwelt grollte, nicht gegen Ross einnehmen. „Waschen sich die Leute aus dem Tiefland nicht?“
„Die meisten baden sogar hin und wieder.“
„Erzähl mir doch noch einmal, wie du im Tiefland aufgewachsen bist.“
Ein sanftes Lächeln erhellte Lady Marys müdes Gesicht und erinnerte an die Schönheit, die sie gewesen war, bevor Eammon ihr Herz gebrochen hatte. „Das Leben in Peebles ist - anders. Die meisten Menschen besitzen ein ruhiges, ausgeglichenes Gemüt, sanft gerundete Hügel reihen sich aneinander, keine schroffen, zerklüfteten Felsen wie im Hochland. Aber auch dort regieren die Männer, genau wie hier“, fügte sie bitter hinzu.
Wehmütig entsann sich Megan früherer Zeiten, wo der Vater ein fröhlicher Mann gewesen war, nicht dieser launische Ein-
Siedler, dessen Befehle in krassem Widerspruch zu allem standen, worauf er zuvor Wert gelegt hatte. Seit dem Unfall, der Megan verstümmelt und ihren einzigen Bruder Ewan getötet hatte, war der Laird völlig verändert. Würde sein Sohn noch leben, wäre Lion vielleicht nicht gestorben. Und Siusan müsste sich nicht im Hochland verstecken und um ihr Leben bangen.
Und ich bin schuld an Ewans Tod, dachte Megan fröstelnd. „Gräm dich nicht, mein Liebes“, redete ihr die Mutter zu. „Du weiß doch, was der arme Lion sagte. Sein Bruder ist ein gütiger, kluger Mann. “
Mit Augen wie Eissplitter ... Wieder erschauerte Megan. „Heute im Hof hat er sich geweigert, mir beizustehen.“
Lady Mary seufzte. „Du hättest den Schleier nehmen sollen. Besser hinter Klostermauern gefangen - als einem Manne ausgeliefert ...“
„Oh, ich heirate Ross Carmichael sehr gern“, beteuerte Megan mit einem erzwungenen Lächeln und ergriff die Hand der Frau, die so viel für ihre Kinder geopfert hatte. „Und ich will ihm eine gute Frau sein. Wenn er es
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