Das Herz des Loewen
kümmerten sich um die verletzten Gefährten.
Megan beobachtete, wie umsichtig sie sich verhielten. Die Sutherlands waren eine ungezügelte, wilde Bande, stritten oft untereinander, und die meisten taten, was ihnen beliebte, ohne auf die anderen zu achten. Aber Ross’ Männer wirkten vernünftig, besonnen und rücksichtsvoll, auch größer und kräftiger und besser gerüstet. Nur ein starker Führer konnte den Respekt solcher Krieger gewinnen und sie befehligen, ohne ihnen Gewalt anzudrohen. Ein Mann wie Ross Carmichael, dachte Megan, der Mann meiner Träume, der einzige
Mann in meinem Leben. Das wusste sie nicht erst seit jenem aufwühlendem Kuss. „Ist er nicht wundervoll?“, flüsterte sie Chrissy zu.
Gleichmütig zuckte ihre Cousine die Achseln. „Ein Mann wie jeder andere.“
Nein, er ist etwas ganz Besonderes, sagte sich Megan, und er begehrt mich. Daran zweifelte sie nicht, nachdem er sie so leidenschaftlich geküsst hatte. Aber sie wünschte sich noch mehr. Sie wollte nicht nur sein Verlangen wecken, sondern auch seine Liebe gewinnen. Auf dem Rückweg zum Schloss schmiedete sie Pläne und überlegte, wie sie ihren widerstrebenden Bräutigam zur Vernunft bringen konnte.
Ross trat ans Fenster und blickte zum Meer hinab. Das Gewitter war davongezogen und hatte die Luft gereinigt. Aber er hätte das verrauchte Dorfgasthaus oder sogar die Hölle diesem verfluchten Schlafgemach in Curthill Castle vorgezogen. Die roten Samtvorhänge am Bett erinnerten ihn an das vergossene Blut seines Bruders, die schönen Truhen, die kostbaren Silberkrüge und -becher an den Verdacht, Eammon wäre ein elender Strandräuber. Aber wie sollte er das beweisen?
In dieser Nacht wollte er sich nicht noch einmal hinauswagen, um Antworten auf seine Fragen zu suchen. Nur mit knapper Not war er der Gefahr entronnen, fast unverletzt.
Vor dem Kamin saß Owain, die Beine ausgestreckt, einen Becher Ale in der Hand. „Ich wünschte, nicht nur Davey würde Eure Wunde behandeln, sondern jemand, der etwas mehr von der Heilkunde versteht.“
„Seit Jahren kümmere ich mich um seine Blessuren“, verteidigte sich Davey, der neben der Tür auf einer Matte lag. „Zum Glück ist die Verletzung nicht schlimm. Die Klinge hinterließ nur einen nicht allzu tiefen Schnitt.“
Seufzend runzelte Ross die Stirn. Der beiläufige Tonfall des Jungen erweckte unerwünschte Erinnerungen an Megans Fürsorge. Wider Willen hatte ihn ihre Angst um sein Wohlergehen bewegt. Rasch verdrängte er den Gedanken an ihre erregende Nähe, an ihre zarten Hände, die seinen Körper abgetastet hatten, um nach anderen Verwundungen zu suchen. „Warum glaubt Ihr, die Angreifer seien nicht aus Curthill gekommen, Owain?“
„Giles und die anderen, die in der Burg geblieben sind, haben gut aufgepasst. Keiner verließ die Mauern des Kastells, nachdem wir aufgebrochen waren.“
„Sie hätten früher ins Dorf hinuntergehen können.“
„Das wäre möglich, aber unsere Gegner waren nicht wie Soldaten gekleidet eher wie Seeleute.“
„Von diesem Schiff im Hafen ...“
Es klopfte an der Tür, und alle drei Männer griffen nach ihren Schwertern. Davey ließ Andrew und den Waliser herein, der die Boote beobachtet hatte. Den Dialekt, in dem er Owain Bericht erstattete, verstand Ross nicht. Um sich die Zeit zu vertreiben, füllte er einen Becher mit gewässerten Wein. Sofort kam Davey angelaufen, um zuerst davon zu kosten. „Das ist unnötig“, erklärte Ross und nahm einen großen Schluck. „Sicher ist Eammon nicht so dumm, mich zu vergiften, während der Onkel des Königs in diesen Mauern weilt.“ „Aber er muss ein Strandräuber sein!“, stieß Owain hervor und berichtete, was die Wachtposten der Carmichaels an der Küste beobachtet hatten. Während er das Frachtgut beschrieb, das man aus dem Schiff geladen hatte, zeichnete Ross mit seiner Fußspitze einen Kreis auf den Teppich - ähnlich der Schlinge, die sich mit jeder Stunde, die er in Curthill verbrachte, enger um seinen Hals zu schließen schien.
In drei Tagen würde man ihn zwingen, Megan zu heiraten. Ein Schicksal, schlimmer als der Tod, hatte er auf der Reise gedacht. Und seit dieser Nacht kannte er das ganze Ausmaß der Hölle, die ihn erwartete. Er begehrte sie, heißer als jede andere Frau in seinem Leben. Nicht einmal Rhiannon hatte eine solche Anziehungskraft auf ihn ausgeübt. Aber er wollte nichts für Megan empfinden, nichts außer kaltem Hass. Denn wenn sie wüsste, welches Gefühl sie in ihm
Weitere Kostenlose Bücher