Das Herz des Loewen
„Ich habe mich doch bedankt, oder?“
„Schon gut. Jetzt brauchen wir nur noch zu warten.“
„Aber meine Leute werden dort hinten in der Gasse umzingelt.“
„Ihr dürft nicht zurückkehren. Überall lauern Euch bewaffnete Feinde auf. Geduldet Euch, bis Chrissy zurückkommt ...“
„Ah, Ihr wollt mich hier festhalten, während sie noch mehr Sutherlands holt.“
„Keineswegs. Sie ist in die Burg gelaufen, um Eure Männer zu alarmieren.“
„Das glaube ich Euch nicht.“ Er wollte zur Tür eilen, die ins Lager führte, aber Megan trat ihm in den Weg.
„Glaubt mir, wir versuchen, Euch zu retten.“
„Um meinetwillen würdet Ihr Euch sogar gegen Euren Vater wenden?“
„Ihr denkt doch nicht, er würde hinter diesem Überfall stecken?“ Genau das nahm er an, wie seine finstere Miene verriet, und sie musste lachen. „So dumm ist er nicht. Einen Mann zu attackieren, der uns allen Frieden bringt... “
„Aber er hat meinen Bruder getötet!“, stieß Ross wütend hervor.
Erschrocken zuckte sie zusammen. „Nein, das schwöre ich. Damit hatte Vater nichts zu tun.“
„Ihr lügt!“
„Keineswegs! Er begrüßte die Verbindung mit Eurer mächtigen Familie. “
„Vielleicht - am Anfang. Doch als Lion hierherkam und herausfand, was Euer verfluchter Vater treibt, verbot er ihm, Eure Schwester zu heiraten, und ließ in ermorden. “
„Was soll mein Vater denn treiben? Ich verstehe nicht, was Ihr meint.“
Verächtlich zeigte Ross auf die schönen Möbel in der Tischlerwerkstatt. „Ich weiß nicht, was in Curthill vorgeht. Aber dieser Glanz, der die Rittersäle eines reichen Adelsherrn schmücken könnte, ist sicher nicht auf ehrliche Weise in Gordys elende kleine Hütte gelangt.“
„Oh doch. Vater kauft beschädigte Ware, lässt sie per Schiff hierherbringen, die Leute setzen sie instand, und dann verkauft er sie wieder. Gordy leistet gute Arbeit. Sogar die feinen Lords in London haben solche Sachen gekauft“, fügte sie stolz hinzu.
„Alles Lüge! Aber mehr habe ich auch gar nicht von einer Sutherland erwartet.“
„Das ist die reine Wahrheit.“ Herausfordernd hob sie ihr Kinn. „Aber Ihr habt Euch vorgenommen, schlecht von uns zu denken, nur weil der arme Lion ums Leben kam, als er ...“ „Pah!“, unterbrach er sie. „Warum stehe ich hier herum und streite mit Euch, während Owain und die anderen in Gefahr schweben?“ Er griff nach Megans Arm, wollte sie von der Tür wegzerren, und um ihn zurückzuhalten, packte sie seine Schulter. Gequält stöhnte er auf.
Sie starrte das Blut an, das über ihre Finger rann. „Oh, Ihr seid verletzt! Setzt Euch, lasst mich sehen. Vielleicht muss ich die Wunde verbinden ... “
„Nein, dafür habe ich keine Zeit. Außerdem würde ich mich einer Sutherland niemals anvertrauen. Nicht einmal, wenn ich im Sterben läge.“
„Ihr werdet nicht sterben.“ Mit erstaunlicher Kraft stemmte sie ihre Hände gegen seine Brust und drückte ihn auf einen Lehnstuhl. Suchend glitten ihre kleinen Hände über seinen Hals, seine andere Schulter. „Habt Ihr noch weitere Wunden davongetragen? “
„Lasst den Unsinn! Rührt mich nicht an!“
„Ohne Euch anzufassen, kann ich Euch nicht untersuchen. Offenbar wurdet Ihr nur an der Schulter von einem Schwert getroffen. Das bringe ich bald in Ordnung.“ Sie lächelte und tätschelte besänftigend seine Hand.
„Das reicht!“, brüllte er.
Erschrocken blinzelte sie, und er sah, wie sie mit den Tränen kämpfte. Plötzlich kam er sich wie ein Unmensch vor. Immerhin hatte sie ihm zur Flucht verholfen. „Ich wollte Euch nicht anschreien ... “
„Ha! Alle Männer schreien, aber von Euch hätte ich das nicht gedacht. Lion sagte, Ihr würdet Euren Zorn stets bezähmen. Nun, Euer Geschrei stört mich nicht. Ich weiß meinen Willen durchzusetzen, und ich werde Eure Verletzung behandeln.“
Viel zu nahe stand sie vor ihm. Ihr Atem streifte seine Wange, wieder roch er Rosmarin und Lavendel. So süß und verführerisch ... Sein Blick blieb an ihren vollen, leicht geöffneten Lippen hängen. „Megan, ich ...“
Der Krach splitternden Holzes ließ beide zusammenzucken, und sie wandten sich in die Richtung der Hintertür.
Ross zögerte nicht. „Schnell, wir müssen von hier verschwinden!“ Er sprang auf, umschlang ihre Taille und zog Megan zur Vordertür; sein Schwert hielt er kampfbereit in der anderen Hand.
Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spaltbreit, spähte hinaus und sah, dass die Gasse menschenleer
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