Das Herz des Loewen
erregte, würde sie es benutzen, um ihn zu versklaven ...
„Die Beute wurde nicht in die Burg gebracht?“, fragte Andrew und lenkte Ross’ Gedanken zu einer unmittelbareren Gefahr.
Owain schüttelte den Kopf. „Man hat sie im Dorf verteilt. Ein paar Truhen mit Kleiderstoffen brachte man zum Schneider, die Möbel zum Tischler. Übrigens, in Curthill ist jedes
Handwerk vertreten.“
„Seltsam - in dieser kleinen Ortschaft...“, meinte Andrew. „Gewiss, aber Ross wiederholte, was Megan über die Geschäfte ihres Vaters erzählt hatte. „Vielleicht brachte man beschädigte Sachen ins Dorf, um sie instand setzen zu lassen.“
Verächtlich schnaufte Andrew. „Mitten in der Nacht?“ „Oder der Laird weiß nichts von den Machenschaften der Dorfbewohner“, warf Davey ein.
Andrew tastete nach dem Griff seines Schwerts. „Nehmen wir einen Mann gefangen und verhören wir ihn. Gebt mir nur eine Stunde Zeit...“
„Andrew, Ihr redet wie ein Narr!“, rief Ross. „Mistress Megan hat bereitwillig über diese Geschäfte gesprochen, sogar voller Stolz.“
Der walisische Spion ging zu Ross hinüber. „Am Rand der Ortschaft steht eine geheimnisvolle Hütte, fensterlos, mit einer einzigen Tür, von zwei Männern bewacht. Und dort wurden mehr Sachen hineingeschleppt, als sie ihrer Größe nach fassen konnte.“
„Tatsächlich?“ Wütend presste Ross die Lippen zusammen. Also hatte Megan nicht alles verraten - nur genug, um sein Misstrauen zu zerstreuen. Zum Teufel mit dieser verlogenen kleinen Hexe ... Und dann verfluchte er sich selbst, weil er auf ihre tückischen Verführungskünste hereingefallen war.
5. KAPITEL
„Unglaublich!“, flüsterte Davey seinem Herrn zu. Hinter ihnen reckten die Carmichael-Ritter ihre Hälse. Tagsüber sah die Halle von Curthill noch schlimmer aus als am vergangenen Abend im Fackelschein. Schäbig und verkommen wie eine Hure am Morgen danach, dachte Ross und musterte die schnarchenden Zecher, deren Köpfe auf den Tischen lagen. Schweißgestank mischte sich mit dem Rauchgeruch des flackernden Kaminfeuers. Gnadenlos beleuchtete das Morgen-licht, das durch die offenen Fenster hereinströmte, die Zeichen des Verfalls. Unter der dünnen weißen Tünche waren die Mauern grau und verrußt, die Wandteppiche fleckig - von Salzwasser? Die Binsenmatten rochen nach verschüttetem Ale.
„Diese infernalischen barbarischen Hochländer“, knurrte Andrew und wechselte einen Blick mit Giles Kennedy, der angewidert die Nase rümpfte.
„Diese Leute erinnern mich an Lumpensammler“, bemerkte der penible Sir Giles. „Kein Kleidungsstück passt zum anderen.“
Ross nickte. Die meisten Männer trugen die typischen safrangelben, gefältelten Tuniken der Hochländer und bunte Beinkleider, wie man sie in England und an König Davids Hof schätzte.
„So als wäre ein Haufen höfischer Kleidung in die Halle geworfen worden und jeder hätte sich was genommen“, fügte Giles hinzu.
„Genau“, bestätigte Ross. Natürlich stammten auch die Gewänder von den Schiffen, die der verdammte Sutherland-Clan an seine Felsenküste lockte, um sie auszurauben. Diese Erkenntnis bestärkte ihn in seinem Entschluss, alles zu tun, um der Ehe mit Megan zu entrinnen.
„Wollen wir den ganzen Tag hier herumstehen?“, murrte Lord Nigel, der ihn zum Frühmahl geholt hatte. „Lady Mary bedeutet der Dienerschaft soeben, das Essen aufzutischen.“ Mit schnellen Schritten, die seine Leibesfülle Lügen straften, begab er sich zur Tafel der Gastgeberin.
„Irgendwie ist mir der Appetit vergangen“, murmelte Davey.
„Mir auch“, erwiderte Ross. Sein Kopf und die verletzte Schulter schmerzten, seine Augen brannten vor Müdigkeit. Wäre die Zeit nicht so knapp gewesen, hätte er sich zu Bett gelegt.
„Wollt Ihr in Euer Schlafgemach zurückkehren?“, fragte Davey. „Ich könnte Euch was aus der Küche bringen.“
„Nein, ich bleibe hier.“ Ross war in die Halle gekommen, um Antworten auf seine quälenden Fragen zu finden.
Während er sich dem Podium näherte, eilte ihm eine zierliche, blasse Frau entgegen. „So früh haben wir Euch nicht erwartet. Das Brot wurde schon aus dem Backofen geholt, aber das übrige Essen ist noch nicht fertig. “
Das musste die Herrin von Curthill sein. Ross reichte Lady Mary die Hand. „Schon gut, Madam, wir brauchen nicht viel“, entgegnete er so sanft, als würde er zu seiner Mutter sprechen, obwohl dieses armselige, verschüchterte Geschöpf nichts mit Lady Carina
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