Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)
dem Sarg trieben, das war hässlich, das war schrecklich, aber es war auch das schiere Leben, seine nicht zu bändigende Kraft; daran erinnert sich das Blut, und etwas davon strömt in sein Glied, das sichtlich steifer wird, und da passiert es.
Der Junge kann den blinden Willen des Blutes beherrschen, er will das halb aufgerichtete Glied in die Hose stecken, es bedecken und sich selbst vor weiterer Lächerlichkeit schützen, aber es ist zu spät, Ragnheiður kommt auf ihn zu, sie stürzt sich auf ihn.
In zwei Schritten oder besser Sätzen ist sie bei ihm, ihre Linke fasst ihn im Nacken und schließt sich um eine Handvoll Haare, ein Stiefel stellt sich hinter ein Bein des Jungen, und schon liegt er am Boden, im Gras, seltsam wehrlos vor Erstaunen, vielleicht auch vor Angst und weil ihm noch die offene Hose an den Beinen hängt, das beeinträchtigt ihn doch sehr. Sie fällt mit ihm um oder lässt sich mit ihm fallen, beide liegen im weichen, saftigen Gras, an dem sich das Pferd gütlich tut, das es mit seinen kräftigen Zähnen rupft. Ragnheiður sieht den Jungen an, ihre Augen brennen so hart und heiß, dass sich ihr Blick fast nicht aushalten lässt. Sie packt den Handschuh der Rechten mit den Zähnen und reißt ihn von der Hand.
Ich fahre in zwei Tagen nach Kopenhagen, sagt sie, ich bin dir nachgeritten, ich habe dich laufen gesehen. Ich bin dir nachgeritten, und zwar im Reitersitz, denn ich lasse mir von niemandem etwas vorschreiben. Ich bin wie ein Mann und ohne Unterhose unter dem Kleid geritten, denn ich tue, was ich will und was mir nötig scheint. Ich gehe weg, und wenn ich wiederkomme, wird alles anders. Ich kann es nicht leiden, wie du mich manchmal ansiehst, als hättest du vor allem Angst, als würdest du nichts, aber auch gar nichts zustande bringen, und gleichzeitig so, als würdest du alles oder jedenfalls das wissen, wovon wir anderen keine Ahnung haben, dabei weißt du überhaupt nichts, und ich nehme mir, was ich will, ich gehe weg, ich gehe … Ihre Stimme bricht ab, es kommen keine Worte mehr, sie wendet den Blick ab, wie verunsichert, und dabei fällt der Blick auf dieses Organ, steif aufgerichtet, leicht zitternd, ein wenig lächerlich.
Das wäre nicht richtig, sagt der Junge und setzt sich auf.
Ragnheiður atmet hastig, als wäre sie außer Atem, sie atmet flach, als ob sie Angst hätte, aber ihre Finger knöpfen flink die Bluse auf.
Das interessiert mich nicht, sagt sie vielleicht mehr zu sich selbst als zu ihm. Sie hat kräftige Arme, die den Jungen ins Gras zurückdrücken.
Im Sommer, hat sie im April gesagt, werde ich bei Sonnenschein reiten. Und jetzt ist Sommer, es herrscht goldener Sonnenschein, sie ist ausgeritten, und jetzt setzt sie sich rittlings auf den Jungen und zieht das Kleid hoch. Er sieht schwarze Stiefel, sieht ein nacktes Bein, nicht ganz bis oben hin, sie schließt die Augen, als müsste sie sich etwas in Erinnerung rufen, während ihre Hand nach unten tastet, sie schließt sich fest um sein Glied, dann setzt sie sich vorsichtig darauf, als würde sie sich auf etwas Zerbrechlichem niederlassen, und hält inne. Sie hält noch immer fest, mit geschlossenen Augen, atmet sehr tief, und er liegt vollkommen still, fühlt dieses Weiche, Feuchte, fühlt es mit all seinen Sinnen. Ragnheiðurs Brüste liegen direkt auf seiner Brust, ihr Ohr auf seiner Schulter, ihre Haare über sein halbes Gesicht gebreitet, er nimmt ihren Duft auf, einen reinen, aber auch schweren, intensiven Duft, der ein kleines bisschen beißend ist. Wenn du sie anfasst oder sie auch nur von dir aus ansprichst, dann mache ich dir die Hölle heiß. Ich lasse dir den Zipfel zwischen deinen Beinen abschneiden und werfe ihn den Hunden vor. Ich habe sie nicht angesprochen, denkt der Junge. Fahr zur Hölle, Friðrik, mit deiner Brutalität. Aber ich glaube, ich möchte nicht hier sein, und gleichzeitig möchte ich es doch.
Ragnheiður stützt die Hand gleich neben seinem Kopf ins Gras, atmet tief und schwer und lässt sich dann ganz auf ihn herab; nie hätte er geahnt, dass sich das so schön anfühlen kann. Sie sinkt tiefer, setzt sich ganz auf ihn, er gleitet noch tiefer in dieses Warme und Feuchte hinein, bis er plötzlich von einem Hindernis gestoppt wird. Sie richtet sich auf, ist verschwitzt, eine Strähne klebt ihr auf der Stirn, ihre Oberlippe ist gespannt, er sieht ihren entblößten Busen, die Brüste sind kaum verdeckt, sie öffnet die Augen, guckt konzentriert geradeaus, fast etwas wütend, hebt sich
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