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Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Menschen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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und dem sinkt der Junge mit den mächtigen Träumen langsam entgegen, wogende Verse im Blut und das Zögern, das ihn schön machte, Augen, die manchmal offene Wunden waren, er sinkt, mit alldem. Sinkt, breitet die Arme aus und schafft es, an die Oberfläche zu kriechen, wo ihn das Wetter in Empfang nimmt. Das war das zweite Mal, jetzt sinke ich zum dritten Mal, denkt er, als er fühlt, wie die Tiefe ihn an sich zieht, er blickt sich zum letzten Mal in diesem Leben um, ruft nach Kolbeinn, bekommt aber keine andere Antwort als das Pfeifen des Windes, und da weint er. Er beweint Kolbeinns Tod und seinen eigenen, weinend sinkt er, weinend vor Trauer und Lebensdurst, aber nicht aus Furcht. Diejenigen, die nie das Leben verraten haben, fürchten nicht den Tod. Damit ist es vorüber, hier verstummen wir. Jetzt darf bald jemand die Spieluhr aufziehen, und dann hören wir vielleicht schwache Töne der Ewigkeit.

Wo wird dem Tod Einhalt geboten,
wenn nicht in einem Kuss?

Mist, sagt der Junge und krümmt sich zusammen.
    Eben noch befand er sich im Meer und sank zum dritten Mal, im nächsten Augenblick kniete er auf allen vieren, in der Dunkelheit zitternd, und erbrach Seewasser, Schrecken, Trauer, Meeresboden. Dann setzt er sich und lehnt sich mit dem Rücken gegen etwas Raues und Hartes, schließt die Augen und denkt, ist das also die Ewigkeit, ist sie so dunkel und kalt, und man selbst liegt auf den Knien und kotzt? Nein, wahrscheinlich ist das noch immer der Vorgang des Sterbens. Es dauert bloß länger und ist schwerer, als er erwartet hat. Am besten schließt er die Augen. Er tut es und beginnt wieder zu sinken. Nein, ich will nicht ertrinken, denkt er, breitet die Arme aus und trifft mit einem davon das Gesicht derjenigen, die vor ihm auf den Fersen sitzt, nur wenig anhat und deren rote Haare nass sind. Er hält mit dem Umsichschlagen inne und sagt: Ich dachte, ertrinken ginge anders. Ist das der Tod?
    Dann krümmt er sich wieder.
    Jetzt kommen aber nur noch Galle und Staunen. Bist du wirklich am Leben?, fragt er. Warum?, fragt er und kann nicht mehr sagen; er lehnt sich wieder mit dem Rücken an dieses Harte und Raue. Sie zittert auch.
    Kolbeinn! Der Junge will aufstehen, schafft es aber nicht, es gibt nicht mehr genügend Kraft auf der Welt, um ihn aufrecht stehen zu lassen. Kolbeinn, sagt er schwach.
    Ich weiß, antwortet sie, ihr wart zu zweit im Boot, aber du warst allein im Wasser, der andere war verschwunden.
    Kolbeinn, sagt der Junge, nicht der andere. Er heißt Kolbeinn, er ist blind und alt und unglücklich. Oder er war es, ich weiß es nicht. Ich hätte ihn retten müssen. Ich hätte wissen müssen, weshalb er mitkommen wollte.
    Er schließt die Augen, hört das Meer und den Wind in der Nähe. Wo sind sie? Wieso befinden sie sich an einer geschützten Stelle? Wie ist er hierhergekommen? Was tut sie hier? Sind sie beide ertrunken? Er macht die Augen auf und stellt all diese Fragen.
    Gott, kannst du fragen, sagt sie, die zu ihm hinausgeschwommen ist und dann noch einmal zu dem anderen, der Kolbeinn heißt oder hieß, denn sie hat niemanden mehr gefunden, da waren nur die Wellen. Sie hat nicht viel mehr getan, als noch einmal hierherzukommen.
    Hierher?, fragt er, fragt es, um dem Gedanken an Kolbeinn zu entfliehen, um das Weinen zu unterdrücken. Hierher. Wo sind wir denn überhaupt? Wieso bist du hier? Wieso kannst du schwimmen?
    Sie hat es von einem alten Mann gelernt, aber das war, lange bevor sie nach Sléttueyri kam. Dieser alte Mann schwamm manchmal an schönen Tagen in flachem Wasser, und viele baten ihn darum, ihnen das Schwimmen beizubringen, aber er lehnte das stets ab und bewahrte seine besondere Fähigkeit wie einen Schatz, an den er niemanden heranließ.
    Aber dir hat er es beigebracht?
    Ja, und er hat es mir niemals verziehen.
    Wieso?
    Er dachte, er würde meine Brüste zu sehen bekommen und am liebsten noch mehr. Ein paarmal musste ich ihn von mir herunterprügeln. Männer sind Tiere.
    Ich bin ein Mann.
    Bist du das? Das weiß ich nicht. In dem Fall wäre ich nicht hinausgeschwommen, um dich zu retten.
    Warum wolltest du schwimmen lernen? Du bist doch kein Seemann.
    Es ist doch idiotisch, auf einer Insel zu leben und nicht schwimmen zu können. Ich wusste, dass ich einmal darauf angewiesen sein würde, und deswegen habe ich mich so darum bemüht, dass der alte Sack es mir beibringt. Er hat es mir nie verziehen.
    Erst weil sie ihn nicht rangelassen hat. Und später steigerte sich sein Hass noch

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