Das Herz des Südens
besseren Weine zum Kauf zu verführen. Kurz vor Sonnenuntergang eilte er zurück in sein Zimmer, um sich zu waschen und ein frisches Hemd anzuziehen. Er würde unten im Hof arbeiten, während die Gesellschaft oben das Fest genoss, aber das hieß nicht, dass er nicht ansehnlich aussehen musste. Außerdem war es durchaus möglich, dass Josie herunterkam, um ihn zu begrüßen, wenn sie abkömmlich war.
Er kam gleichzeitig mit dem Eiswagen bei den Sandrines an, überwachte das Zerschlagen der Eisblöcke und das Verpacken der Reste in Kisten mit Sägemehl. In das zerstoßene Eis legte er die Champagnerflaschen, sodass sie eine Stunde kühlen konnten, bevor der erste Korken gezogen wurde.
Liza, die Köchin, kam zu ihm. Sie war eine kräftige Frau, ein gutes Zeugnis für ihre eigene Kochkunst, und die Lampe auf dem schmiedeeisernen Tisch ließ Schatten unter jedem ihrer Kinne entstehen. Aber ihre königliche Haltung und ihre leuchtenden Augen machten sie trotz allem für Phanors Begriffe zu einer schönen Frau.
»Monsieur, jetzt können Sie sich ein bisschen ausruhen. Wenn Madames Freunde kommen, wird es noch geschäftig genug. Soll ich Ihnen einen Teller mit Abendessen bringen?«
»Liza, Sie sind ein Engel. Ich bin nämlich wirklich hungrig.«
Phanor öffnete eine Flasche Cabernet und schenkte sich Wein in einen Zinnbecher ein. Im ersten Moment schmeckte er vor allem den Becher, aber es war ein schöner Wein mit vollem Aroma, und er fühlte sich gut am Gaumen an. Liza kam durch den Hof gewalzt, ein Tablett mit Garnelen, Rindfleisch, Kartoffeln und Maisbrot in der Hand – und mit ihrem speziellen, selbst gemachten Pflaumenmus.
»Ein Festessen!«, lobte Phanor. »Sagen Sie, Liza, finden Sie, dass ich zu dünne Beine habe?«
Liza lachte tief aus dem Bauch heraus. »Sie werden Ihre Kraft schon noch brauchen, das wird ein langer Abend. Essen Sie das erst mal, ich bringe später noch ein paar Austern.« Sie zwinkerte ihm zu, und Phanor lachte von Herzen. Dann begann er zu essen und aß tatsächlich alles auf, bis er das Gefühl hatte, gleich den obersten Knopf seiner Hose öffnen zu müssen.
Oben im Saal begann die Kapelle, die Instrumente zu stimmen, und Phanor bedauerte für einen Augenblick, dass er nicht bei ihnen sein konnte. In den letzten Wochen hatte er seine Geige kaum einmal angerührt, so beschäftigt war er gewesen: seine Arbeit, Remy und seine Studien. Kommenden Sonntag, so beschloss er, würde er mit seiner Geige auf den Jackson Square gehen und den ganzen Tag spielen. Kurz dachte er, wie schön es sein würde, wenn Josie mit ihrer Flöte dazukäme und Remy mit ihnen singen würde. Idiotischer Gedanke! Er stand auf und packte einen Korb voller Flaschen, um nach oben an den Ausschank zu gehen.
Als die Party in vollem Gange war, stellte Phanor fest, dass Liza recht hatte. Als Weinkellner war er die ganze Zeit auf den Beinen, vom Lager im Hof zum Ausschank, wo er auf die Weinsorten und auf die Zahl der Flaschen achtete, während der Abend voranschritt. Der Butler hielt ihn auf dem Laufenden, welche Speisen gerade aus der Küche gebracht wurden und wie das Fest voranging, sodass Phanor die schwingenden Satinröcke gar nicht selbst sah. Er lauschte aber aufs Orchester und fand Zeit genug, sich zu fragen, mit wem Josie wohl tanzen mochte und ob sie sich wieder so einen komischen Fleck ins Gesicht gemalt hatte.
Kurz nach Mitternacht schwang die Tür auf und Marguerite Sandrine rauschte herein. Sie trug ein smaragdgrünes Abendkleid mit riesigen Puffärmeln. Der Ausschnitt zeigte einen sanften weißen Busen, der das Mieder großzügig füllte, sodass Phanor kaum den Smaragdanhänger bemerkte, der zwischen ihren Brüsten eingebettet lag.
»Monsieur DeBlieux«, sagte sie, »ich wollte Ihnen sagen, wie sehr ich Ihre Arbeit heute Abend schätze.« Sein Blick ruhte auf ihrem Busen, und sie faltete ihren Fächer zusammen. »Ich kann mich an kein Fest erinnern, das so gut verlief, und das liegt sicher mit daran, dass wir stets genau den richtigen Wein vor uns haben.«
Phanor hob den Blick. Sie war eine schöne Frau, und heute Abend war sie besonders schön, dachte er, während er ihre tiefbraunen Augen bewunderte. Und sie wusste es ganz genau, aber dieses Wissen trug eher noch zu ihrem Zauber bei.
Als Phanor nicht antwortete, jedenfalls nicht mit Worten, sagte Marguerite: »Darf ich Sie Phanor nennen? Meine Nichte und Sie sind ja offenbar recht gute Freunde. Sie kennen sich seit Ihrer Kindheit, nehme ich
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