Das Herz des Südens
Straßen, kaufte sich einen Kaffee und beobachtete die Passanten. In New Orleans wurde es nie langweilig. Phanor hatte sogar schon ein paar Chinesen gesehen, die in ihren komischen weiten Kleidern und mit den breiten spitzen Hüten herumliefen.
Er ging zurück zum Haus von Tante Marguerite und klopfte an die Tür. Als Josie selbst ihn vom Balkon aus begrüßte, verschwand sein unbehagliches Gefühl. Sie sah wunderbar aus, und sie lächelte ihn an. Natürlich hätte er sich später am Tag ohrfeigen können für seine Ungeschicklichkeit, ihr den Fleck am Mund wegzuwischen. Aber woher sollte er wissen, dass sie sich mit Absicht einen schwarzen Fleck ins Gesicht malte?
Nun hatte er die Speisenfolge und die Zahl der Gäste, und den Abend verbrachte er damit, die Zahl der Weinflaschen für jede Sorte auszurechnen, die er liefern sollte. Josies Tante hatte ihm vollkommen freie Hand gelassen, und er war sicher, bei diesem Fest würde ein hübscher Gewinn für Monsieur Cherleu herausspringen. Und natürlich auch für ihn. Er bekam jetzt eine Gewinnbeteiligung, Monsieur hatte das so gewollt, als zusätzlichen Anreiz, wie er gesagt hatte.
Diese Tante, Marguerite, war eine schöne Frau. Und ausgesprochen charmant. Sie konnte ihn offenbar ganz gut leiden, aber Phanor hatte auch Josies Gesicht gesehen, als Marguerite mit ihm geflirtet hatte. Es war vollkommen unbewegt gewesen, aber er wusste genau, die Sache gefiel ihr nicht. Er lächelte in sich hinein. Sollte sie ruhig ein bisschen eifersüchtig sein, das schadete nichts. Er wäre mit Sicherheit auch eifersüchtig gewesen, wenn irgendein Mann mit ihr geflirtet und er hilflos danebengestanden hätte.
Remys Schritte waren auf der Treppe zu hören, er war also zurück von seiner Arbeit im Hafen. Phanor legte die Papiere zur Seite, um zu hören, wie Remys Tag gewesen war. Oft kam er ins Zimmer und stellte Fragen, wie er mit der einen oder anderen Situation umgehen sollte. Einmal hatte er sich von zwei grobschlächtigen Weißen beobachtet gefühlt, als er Bierfässer eine Gangway hinaufgerollt hatte. Als einer von ihnen sich bewegte, hatte er metallene Handschellen gesehen, die an seinem Gürtel hingen. Der andere Mann hatte eine Handbewegung in Remys Richtung gemacht, und Remy hatte gefürchtet, dass sie sein verstümmeltes Ohr bemerkt hätten. Aber dann erinnerte er sich daran, wie viele Sklaven geschlitzte Ohren hatten. Er fühlte in seiner Tasche nach dem Papier, das ihm Sicherheit gab. Er war nicht weggelaufen, sein Name war Alain, und er hatte ein Papier, das ihn als Eigentum von Monsieur Phanor DeBlieux auswies, der in der Rue Boucher lebte.
Die beiden Männer gingen zum Vorarbeiter und nickten zu ihm herüber. Remy konnte nicht weglaufen, solange er auf der Gangway arbeitete. Er dachte kurz daran, ins Wasser zu springen, obwohl er nicht schwimmen konnte. Oder sollte er einen der anderen Stauer zur Seite schubsen und machen, dass er wegkam? Aber der Vorarbeiter rettete ihn, bewusst oder unbewusst. Er schüttelte den Kopf und deutete Richtung Stadt. Die Bedeutung war klar, die Sklavenhändler waren im Hafen nicht willkommen, sie sollten verschwinden.
Seit diesem Tag trug Remy ein rotkariertes Kopftuch, das Phanor ihm an einem der Stände am Deich gekauft hatte. Er konnte es so binden, dass seine Ohren nicht mehr zu sehen waren. Eines Tages würde er Phanor alles zurückzahlen, was dieser für ihn getan hatte. Eines Tages würde er frei und unabhängig sein, und er würde Phanors treuester Freund sein, solange er lebte.
Der 18. April kam, und Phanor stand früh auf. Er überprüfte zwei Mal, dass das Eis auch tatsächlich zum Haus der Sandrines geliefert würde, gleich nach Sonnenuntergang. Dann überwachte er den Transport der Weinkisten, die ausgeliefert sein mussten, bevor die Hitze des Tages zu sehr zunahm. Die Kisten füllten einen großen Wagen, und er hatte zwei Pferde gemietet, die den Wagen vom Lagerhaus zum Hinterhof der Sandrines ziehen sollten. Dort angekommen, überwachte er das Abladen der Kisten und sortierte sie nach der Zeit, zu der sie im Laufe des Abends voraussichtlich serviert werden würden. Schließlich half er den Tagelöhnern, einen lockeren Schirm aufzubauen, unter dem der Wein den Tag über vor der Sonne geschützt war. Bis alles so weit war, hatte er sein weißes Hemd durchgeschwitzt. Oben im Haus schlief noch alles.
Am Nachmittag ging Phanor seinen üblichen Geschäften nach, besuchte Kunden und versuchte, sie mit einigen Mustern seiner
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