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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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spielte für die wenigen, die so früh am Abend schon tanzen mochten, und von ihrem Platz auf dem Sofa aus klopfte sie den Takt mit. Sie würde diesmal nicht vergessen, dass sie noch in Trauer war, aber in der nächsten Saison in New Orleans, da würde sie jeden einzelnen Tanz nachholen, den sie heute Abend verpasste.
    Ihr Begleiter auf dem letzten Fest, Alphonse Bardot, kam gemeinsam mit seinem alten Vater, den er am Arm führte. Er nickte und lächelte Josie zu, bevor er den alten Mann zu seinen Freunden auf ein Sofa setzte, dann kam er zu ihr und verbeugte sich.
    »Mademoiselle Josephine, ich freue mich, Sie wieder hier zu sehen.«
    Sie hielt ihm die Hand hin und fragte: »Setzen Sie sich zu mir, Monsieur?«
    Er hielt seine Frackschöße auseinander und ließ sich auf dem mit gelber Seide bezogenen Stuhl neben ihr nieder. »Sie sehen wunderbar aus heute Abend.«
    Sie legte den Fächer in den Schoß und lächelte. »Waren Sie in dieser Saison schon beim Pferderennen?«
    So amüsant Alphonse auch war, Josie behielt trotzdem die ganze Zeit die Tür im Auge. Bertrand kam wie immer zu spät. Gelegentlich, wenn der Butler Thomas aus der Küche kam, konnte sie einen Blick auf Phanor erhaschen, der Weinflaschen entkorkte. Sie hätte ihm zu gern gezeigt, dass sie sich heute Abend keinen Schönheitsfleck gemalt hatte. Und sie hätte ihm zu gern gesagt, dass sein Geigenspiel mindestens so gut war wie das Spiel dieser Kapelle aus New Orleans.
    Albany Johnston kam in Begleitung seiner Schwester Abigail. Er war Josie nicht aus dem Weg gegangen, seit sie seinen Antrag abgelehnt hatte. Josie fragte sich, wie er mit dieser peinlichen Situation umging, aber er erwähnte seine Pläne mit keinem Wort. Vielleicht hatte er einfach sehr viel Geduld.
    Tatsächlich war das Verhältnis zwischen ihnen fast entspannter als zuvor.
    Als Albany und Abigail sich zu Josie gesellten, stellte sie sie und Alphonse einander vor. »Alphonse Bardot, haben Sie sich schon kennengelernt?« Alphonse stand auf und verbeugte sich vor Abigail, dann schüttelte er dem amerikanischen Herrn die Hand.
    Interessant, dachte Josephine, wie schnell wir Kreolen uns fremde Sitten aneignen. Wir lernen das Händeschütteln eher als sie das Küssen.
    Abigail, in einem blauen Abendkleid mit meterweise Rüschen, warf Alphonse schmachtende Blicke aus ihren blauen Augen zu. Als das Orchester wieder zu spielen begann, forderte er sie zum Tanzen auf, sodass Josie plötzlich mit ihrem abgewiesenen Heiratsbewerber allein dasaß.
    Verzweifelt suchte sie nach einem passenden Gesprächsthema. »Was denken Sie, wie sich das Zuckerrohr in diesem Jahr verkaufen wird?«, sagte sie schließlich.
    Albany verzog sein Gesicht zu einem schmerzlichen Lächeln. »Ich glaube nicht, dass Sie sich wirklich für den Zuckerrohrpreis interessieren, Josephine.«
    Sie rang sich ein Lachen ab. »Aber ich sollte mich dafür interessieren.«
    »Nun gut, dann will ich Ihnen nicht vorenthalten, was die Händler darüber denken.« Und er stürzte sich in die technische Diskussion von Preisen und Märkten. Josie hörte ihm zehn Minuten lang tatsächlich zu, aber immer wenn die Tür aufging, wurde sie abgelenkt. Warum Bertrand bloß nicht kam?
    Alphonses Vater unterbrach Albanys Redefluss. »Mein Sohn genießt den Abend, Mademoiselle«, sagte er, »und ich lasse ihn hier in Ihrer reizenden Gesellschaft zurück. Vielleicht könnten Sie nach Ihrer Tante sehen, ich würde ihr gern Gute Nacht sagen, bevor ich gehe.«
    »Aber natürlich, Monsieur, ich hole sie gleich.«
    Marguerite war in ihrem grünen Abendkleid eigentlich kaum zu übersehen, dachte Josie, schließlich wirkte sie wie ein kostbares Schmuckstück unter all ihren Gästen, aber sie war nicht unter den Tänzern, auch nicht im Salon oder auf dem Balkon. Vielleicht hatte sie in der Küche etwas mit Thomas zu besprechen.
    Als Josie die Tür zur Küche aufschob, sagte sie: »Thomas, haben Sie meine …« Aber was sie sah, war auf keinen Fall Thomas.
    Die Glut zwischen Marguerite und Phanor war nicht misszuverstehen, selbst für ein unerfahrenes Mädchen wie Josie, und das Schuldbewusstsein in Phanors Blick hätte ihn auch dann verraten, wenn sie nicht gesehen hätte, wie er ihre Tante küsste.
    Josie schloss die Tür zur Küche und blieb zitternd stehen, der ganze Körper flammend vor Empörung und etwas anderem. Sie hätte es nicht zu benennen gewusst und es auch zurückgewiesen, aber es war nichts anderes als Erregung.
    Wie konnte er nur?, dachte sie

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