Das Herz des Südens
so gingen die Monate dahin, und Cleo nahm den leicht abwesenden Ausdruck aller Schwangeren an, als ob sie eine leise Stimme hörte, die niemand sonst hören konnte. Sie traf Chamard weiterhin in einer kleinen Hütte am hintersten Ende von Cherleu, und er genoss es, sein Ohr an ihren Bauch zu halten, um den schwachen Herzschlag zu hören. Aber wie sehr er dieses Kind auch als das seine annahm, Cleo bestand darauf, dass es einzig und allein ihr gehörte.
Der Winter verging, und der Frühling kam. Der Duft der Magnolienblüten hing schwer in der Luft, die ersten Bienen summten um die Rosen, und auf den Feldern wuchs das Zuckerrohr.
Josie zahlte Monsieur Moncrieff gerade so viel, dass er zufriedengestellt war. Dafür musste sie einen Großteil des Bauholzes aus den hinteren Wäldern der Plantage opfern, aber auch das hatte seine Grenzen, und so marschierte sie immer noch nächtelang im Arbeitszimmer auf und ab und machte laufend neue Pläne.
Regen und Sonnenschein waren dem Unterlauf des Mississippi in diesem Frühling wohlgesinnt. Frei von Furcht und Schrecken, die LeBrec um sich verbreitet hatte, folgten die Sklaven dem alten Sam willig und arbeiteten kräftig im großen gemeinsamen Gemüsegarten. So gab es genug Mais fürs nächste Jahr und sogar einen kleinen Überschuss, den sie verkaufen konnten. Es gab Bohnen, die man trocknen konnte, Pfirsiche und Guaven, Beeren und Gurken zum Einmachen.
Irgendwann Mitte Juni stellte Josie fest, dass es auf den Tag genau ein Jahr her war, dass sie Bertrand zum letzten Mal gesehen hatte. An diesem Morgen war sie sehr still. Um die Mittagszeit ging sie hinaus zur Straße am Fluss, ohne auch nur einen Hut gegen die grelle Sonne aufzusetzen, und starrte Richtung Süden nach Cherleu. Und wenn die Straße ein Pfad voller Heidekraut und Dornengestrüpp gewesen wäre, sie wäre gern darauf weitergegangen, wenn nicht … Nach einem kurzen Augenblick schüttelte sie den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben, und ging zum Haus zurück.
Jetzt musste Cleos Baby bald kommen. Es war zehn Monate her, dass LeBrec weggegangen war, aber es gab noch keine Anzeichen für eine bevorstehende Geburt. Josie las immer wieder in ihrem Buch, um ein Mittel zu finden, das die Geburt einleiten würde, aber als sie mit Louella darüber sprach, lachte die alte Köchin nur. »Kinder kommen, wenn sie so weit sind«, sagte sie. »Manche kommen mit langen Fingernägeln auf die Welt und mit Haaren, so lang, dass man Schleifchen reinbinden kann. Lass die Finger davon, da muss man noch lange nichts tun.«
Und die werdende Mutter schien ebenfalls vollkommen sorglos. Sie bewegte sich jetzt schwerfälliger, kam nicht mehr so leicht vom Stuhl hoch, und die Hitze setzte ihr schwer zu, aber meistens sang sie leise vor sich hin. Sie genoss es, Lauries oder Louellas Hand zu nehmen und sich auf den Bauch zu legen, wenn das Baby um sich trat. Einmal hatte sie es auch Grand-mère gezeigt.
Sie hatte ihr Staubtuch hingelegt und gelächelt. »Hier, Madame, fühlen Sie mal.« Und dann hatte sie das verzogene Gesicht der alten Frau beobachtet, als sie die Hand auf ihren Bauch gelegt hatte. Das Kind hatte einmal, zweimal kräftig getreten.
»Louella sagt, es wird bestimmt ein Junge, weil er so kräftig tritt«, hatte Cleo gesagt, und Grand-mère hatte ihr zugestimmt. »Ein Junge«, hatte sie gemurmelt. Dann hatte sie sich in ihrem Rollstuhl zurückgelehnt, und ihr Blick war hart und scharf geworden.
»Von wem?«, hatte sie gefragt.
Cleo war ganz still stehen geblieben.
Grand-mère hatte auf Cleos Bauch gezeigt und noch einmal gefragt: »Von wem?«
»Erinnern Sie sich nicht mehr, Madame?«, hatte Cleo zurückgefragt. Als ob Madame jemals irgendetwas vergessen hätte. »Im Herbst, der Aufseher? Deshalb hat Josie ihn doch weggeschickt.«
Und Grand-mère hatte genickt und gemurmelt, dass sie sich sehr gut erinnere.
Sie weiß Bescheid, hatte Cleo gedacht, ihr Staubtuch wieder in die Hand genommen und sehr beschäftigt getan.
Ende August war es dann so weit. Nach dem Mittagessen kam Cleo schwankend auf die vordere Veranda und brachte Gläser mit Limonade für Josie und Madame. Plötzlich blieb sie stehen, machte große Augen, und dann lief auch schon das Fruchtwasser. Josie sprang auf und nahm ihr das Tablett ab.
Bei der ersten Wehe wurde Cleo aschfahl. »Himmel, tut das weh«, schnaufte sie, als der Schmerz endlich nachließ.
»Laurie, geh zu Louella und sag ihr, es geht los«, befahl Josie. »Und dann lauf gleich weiter zu
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