Das Herz des Südens
Violette Ihnen das erzählt?«
»Ja, stimmt es denn nicht?«
Er fuhr sich mit einer Hand durch das helle Haar. »Doch, irgendwie. So gut wie.« Dann ließ er sich schwer auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen und starrte Josie an. »Sie sehen gut aus!«, sagte er. »Ich hatte befürchtet, als Chamard … nun, ich denke, er hat sich Ihnen gegenüber ziemlich schäbig benommen. So hört man die Leute jedenfalls reden.«
Josie hob ihr Kinn. »Aber nein«, sagte sie. »Wir sind Nachbarn, nicht mehr und nicht weniger. Er ist eng befreundet mit meiner Großmutter, verstehen Sie, und ich habe ihn natürlich immer wieder getroffen, wenn er kam, um sie zu besuchen. Das war in den Monaten vor seiner Heirat mit Abigail. Wie geht es ihr übrigens?«
Albany seufzte. »Im Moment ist sie noch vollkommen begeistert.«
Das Pfeifen des Gärtners füllte die Stille, bis Josie wieder all ihren Mut zusammennahm.
»Albany?« Sie sprach jetzt sehr leise. »Wären Sie bereit, mit mir Geschäfte zu machen?«
Der Blick, den Albany ihr zur Antwort gab, zeigte ihr, dass sein Herz immer noch ihr gehörte. »Sicher«, sagte er mit ruhiger Stimme. Josie ließ den Blick sinken.
»Der Bankenzusammenbruch«, begann sie. »Nach der Überschwemmung haben wir Kredite aufgenommen, um alles wieder aufzubauen. Und nun muss ich die Kredite zurückzahlen.«
Albany nickte. »Und das können Sie nicht.«
»Aber ich bin nicht hierhergekommen, um Sie um Hilfe in dieser Hinsicht zu bitten«, beeilte sich Josie zu erklären. »Es wäre mir ganz schrecklich unangenehm, wenn Sie das denken würden.«
»Was schlagen Sie stattdessen vor?«
»Eine stille Teilhaberschaft.«
»Und was verstehen Sie darunter, Josephine?«
»Sie würden den Wiederaufbau der Raffinerie finanzieren, die Zinsen für unsere Kredite begleichen und einen Anteil an den Gewinnen bekommen, bis die Zeiten wieder besser werden. Dann würde ich Sie wieder herauskaufen. Sie hätten in der Zwischenzeit einiges an Toulouse verdient, und ich wäre wieder hundertprozentige Eigentümerin.«
Albany zeigte ein schwaches Lächeln. »Ist das dasselbe Mädchen, das seine Verachtung für Märkte und Banken so schwer verbergen konnte?«
Josie konnte das Lächeln nur erwidern. »Wie meine Großmutter mir immer wieder beizubringen versuchte: Not ist ein guter Lehrmeister.«
»Ich habe gehört, sie hatte einen Schlaganfall. Wird sie sich wieder erholen?«
Josie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht sehr wahrscheinlich.«
»Das heißt, Sie führen Toulouse jetzt selbst.«
Josie wusste, wie wenig er von ihrem Geschäftssinn hielt, und das mit gutem Recht. »Ich habe mich verändert, Albany. Gezwungenermaßen.«
»Ja«, gab er zurück, »das glaube ich.« Er ging zum Fenster und sah ein Weilchen dem pfeifenden Gärtner zu. »Josephine, Ihr Angebot ist aller Ehren wert. Aber ich habe nicht die Mittel, um es anzunehmen. Ich habe derzeit ähnliche Vereinbarungen mit drei weiteren Plantagen laufen, und keine von ihnen bringt mir Gewinn, jedenfalls noch nicht.«
»Ich verstehe.« Josie ließ den Kopf sinken. Es war alles so peinlich! Sie stand auf, sodass ihre Röcke in dem stillen Zimmer laut raschelten. »Dann will ich Ihre Zeit nicht länger beanspruchen, Albany. Danke, dass Sie mich angehört haben.«
»Aber bitte, setzen Sie sich doch wieder, Josephine.« Albany kam vom Fenster zurück, und Josie konnte sein Gesicht nicht erkennen, weil er mit dem Licht im Rücken vor ihr stand. »Ich bin ja noch nicht fertig.«
»Gäbe es denn noch eine andere Möglichkeit?«
Er sah sie lange an. »Wenn Sie meine Frau wären, könnte ich Toulouse retten. Ich könnte die Plantage nicht so bald wieder zu ihrer alten Produktivität zurückführen, aber ich könnte sie Ihnen erhalten.«
»Sie meinen, wenn ich Sie jetzt heiraten würde?«
Albany ging drei Schritte auf Josie zu und kniete vor ihr nieder, die Hände auf die Armlehnen ihres Sessels gelegt. »Würden Sie mich denn noch heiraten, Josephine?«
»Aber … Albany, Sie sind doch verlobt, oder jedenfalls gibt es ein gewisses Einverständnis zwischen Ihnen und Violette!«
»Noch bin ich ein freier Mann. Und was dieses Einverständnis angeht … die Dinge ändern sich manchmal sehr plötzlich, wie Sie sicher wissen.«
Josie errötete, als sie Albany ins Gesicht blickte. Er meinte es ernst, das konnte sie leicht erkennen. Er war freundlich. Und er war reich.
»Auch ich habe mich verändert, Josephine. Ich würde Sie nicht mehr wie ein Kind
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