Das Herz des Südens
Enkelin. Grand-mère hatte daraufhin alle anderen Kinder mit Knoblauch und Raute versorgt, um die Krankheit einzudämmen. Der neue Aufseher hatte ihr vorgeschlagen, einen Fischteich anzulegen, aber sie konnte nicht recht einsehen, was das bringen sollte, hatten sie doch den Fluss gleich vor der Tür. Er hatte auch alle Messer konfisziert, die die Sklaven besaßen. Womit sie jetzt bei Tisch ihr Fleisch schneiden sollten, wusste Grand-mère auch nicht, aber sie würden schon zurechtkommen.
O ja, und ein Sklave war wegglaufen, der Junge, den sie Remy nannten. Er war mindestens achthundert Dollar wert, aber LeBrec, der neue Aufseher, hatte ein ordentliches Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, sodass ihn die Patrouillen sicher bald kriegen würden.
Josie dachte an Remy, wie er im Feuerschein gesessen hatte, als sie den Abend gemeinsam auf dem Deich verbracht hatten. In ihrer Erinnerung konnte sie immer noch seine Stimme hören. Warum hatte er Cleo verlassen? Sie musste sich doch furchtbare Sorgen um ihn machen.
Bertrand trat mit zwei Gläsern Bowle zu ihr und studierte ihr Gesicht. »Ich hoffe doch, es gibt keine schlechten Nachrichten?«
»Auf Toulouse ist ein Sklave weggelaufen. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann das zum letzten Mal passiert ist.«
»Sie werden ihn schon kriegen, und wenn nicht, dann wird er irgendwann die Wälder leid sein und zurückkommen, hungrig und krank wahrscheinlich.«
»Die Sache ist nur … er ist der Liebste meiner Zofe.«
Bertrand hob eine Augenbraue. »Du stehst ihr sehr nahe, nicht wahr?«
»Mein Vater hat sie mir geschenkt, wir sind zusammen aufgewachsen, Cleo und ich, fast wie Schwestern.«
Bertrand betrachtete die Tänzer im Nebenzimmer. »Ja, ich verstehe. Ich habe auch so einen, wir sind schon zusammen in den Windeln gelegen. Aber ich habe dir gar nicht erzählt, wie ich an diesen Brief gekommen bin.«
»Warst du auf Toulouse?« Sie bewunderte, wie weiß sein Hemd war, wie sorgfältig er sich die Fingernägel poliert hatte. Dieser Duft … sie konnte ihn nicht beschreiben, aber am liebsten hätte sie ihr Gesicht an sein Ohr gehalten und tief eingeatmet.
Er nickte. »Ich habe Cherleu gekauft, gleich in der Nähe. Wir werden Nachbarn.«
»Dann können wir uns jeden Tag treffen«, sagte sie.
Bertrands Blicke schweiften weiter über die Gesellschaft, und sie hätte viel dafür gegeben, wenn sie ihre unbedachten Worte hätte zurücknehmen können. In dieser Gesellschaft gab es so viele elegante Frauen, und zwei von ihnen hatten Bertrand quer durch das ganze Zimmer zugelächelt. Sie war doch nur eine unbedeutende Cousine für ihn, und sie fühlte sich klein und dumm.
Bertrand schien sich auf seine gute Erziehung zu besinnen. »Aber sicher, meine Liebe, soweit es die Geschäfte zulassen. Allerdings hat Monsieur Cherleu seinen Besitz in den letzten Jahren arg herunterkommen lassen, und dann hatten wir ja das Hochwasser … es wird viel Arbeit nötig sein, die Plantage wieder in Schwung zu bringen.«
»Natürlich«, murmelte sie.
Bertrand erhob sich. »Josephine, ich muss dich jetzt zu deiner Tante zurückbringen. Ich habe heute Abend noch eine andere Verpflichtung, aber ich bin doch sehr froh, dass ich dich getroffen habe.«
Josie fühlte sich verlassen. Das war nicht das romantische Treffen, von dem sie die ganze Zeit geträumt hatte. Enttäuscht nahm sie seinen Arm, und Bertrand, dessen Blick noch einmal über ihre nackten Schultern und ihren Hals streifte, führte sie durch das Zimmer zurück zu Marguerite, die dort mit einigen Freunden plauderte.
Josies Tante bot ihr den Platz neben sich auf dem Sofa an. »Wollen Sie uns so bald schon wieder verlassen?«, fragte sie Bertrand.
»Ja, zu meinem großen Bedauern. Aber vielleicht laden Sie mich ja wieder einmal ein, wenn Ihre bezaubernde Nichte bei Ihnen ist?«
»Abgemacht«, sagte sie und ließ sich auf die Wange küssen. »Gute Nacht, Bertrand.«
»Josephine«, sagte er, und noch einmal, wenn auch nur kurz, spürte sie die ganze Wucht seiner Aufmerksamkeit. Sie war vollkommen verwirrt. Einen Augenblick zuvor hatte sie noch das Gefühl gehabt, er interessiere sich überhaupt nicht für sie, aber als er ihr jetzt in die Augen blickte, war sie sich der heimlichen Verbindung zwischen ihnen wieder ganz sicher.
Nachdem Bertrand gegangen war, verloren die Musik und das Licht ihren Zauber für sie. Sie fragte sich, ob sie sich unauffällig entschuldigen könnte. Gern hätte sie sich in ihr Zimmer zurückgezogen, um in ihr Tagebuch
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