Das Herz des Werwolfs (German Edition)
Handgelenk an die zwei rasiermesserscharfen Spitzen und drückte dagegen.
Erst schrie sie auf vor Schmerz, doch dann bewegte er sich leicht gegen sie und erwachte. Sie atmete scharf ein, als eine Welle der Hitze durch ihren Körper lief. Sie löste ihr Handgelenk von seinen Fangzähnen und drehte den Arm so, dass ihr Blut auf seine Zunge tropfte. Die Zunge bewegte sich, unwillkürlich zunächst, dann mit einem Ziel. Sie leckte zweimal über ihr Handgelenk, dann ein drittes Mal.
Reda tat ihr Bestes, die Mischung aus Schmerz und Wonne zu ignorieren, die sein Trinken ihr bereitete, beugte sich vor und sagte: „Wach auf. Ich brauche dich.“Ihr Herz hämmerte, und Verzweiflung drohte sie zu überwältigen, als der Drache sie erreichte, sich aufbäumte, kreischte und mit den Flügeln durch die Luft schlug. Dann prallte er wieder zu Boden und schlängelte seinen tödlichen dreieckigen Schädel auf sie zu. Er setzte zum tödlichen Schlag an, riss das Maul weit auf und …
Dayn bäumte sich mit einem Ruck auf, brachte die Armbrust in Position und schoss den Bolzen mitten in ein feuerrotes Auge.
Der Drache jaulte und wich zurück. Seine Flügel flatterten so heftig, dass er vom Boden abhob und einen Augenblick in der Luft hing, während er wimmerte, sich krümmte und sich am Himmel zu immer unmöglicher scheinenden Positionen verdrehte. Sekunden später wurde er schlaff und fiel zu Boden.
Er verschwand beim Aufprall, vielleicht dorthin zurück, woher die Magie ihn geholt hatte.
Plötzlich war es auf der Lichtung vollkommen still.
Reda starrte an die Stelle, an der das Monster gewesen war, und stieß einen langen Atemzug aus. „Gut. Wir haben es geschafft. Das war … gut.“ Sie fühlte sich ganz und gar nicht gut, im Gegenteil. Sie spürte viel zu bewusst, wie ihr Handgelenk wehtat und wie die Mischung aus Schmerz und Lust noch immer in ihr brodelte.
Auch Dayn ging es noch lange nicht gut. Er stöhnte, als er versuchte, sich aufzusetzen und vor ihr zurückzuweichen, fiel aber schwach wieder zurück. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. „Wir müssen hier weg. Moragh wird wissen, dass wir ihre Kreatur umgebracht haben. Sie schickt ihre Männer, um uns zu finden, oder sie kommt selbst. Ich kann nicht kämpfen.“
Das war noch untertrieben. Sie brauchte all ihre Kraft, um ihn auf die Füße zu heben und dort zu halten, und er stützte sich schwer auf sie. Als sie die Lichtung verließen und zurück in den Wald gingen, verfiel er außerdem immer wieder in eine Art Trance und murmelte wirre Gedanken vor sich hin. „Weiß nicht, wer ich bin, sagt er? Werd’s ihm zeigen … wünschte, ich hätte mit dir gehen können, süße Reda, wünschte, du wärst nicht zurückgekommen … weiß nicht, wo sie sind …“
„Ich wünschte, du wärst nicht zurückgekommen“ erklang immer wieder. Obwohl sie sich eingeredet hatte, dass er sie fortgeschickt hatte, um sie zu beschützen, musste sie sich jetzt fragen, ob sie sich nur etwas vormachte. Aber zur Abwechslung beschloss sie, nicht gleich das Schlimmste anzunehmen, sondern erst einmal abzuwarten. Zuerst musste sie ihn wieder auf die Beine bringen. Und auch wenn sie eine Ahnung hatte, was zu tun war, gefiel ihr die Vorstellung nicht besonders.
Oder vielmehr, sie gefiel ihr nur allzu gut. Und das machte ihr Sorgen.
Etwas tiefer im Wald fand sie eine Stelle, an der ein gewaltiger Baum vor langer Zeit gegen drei große Findlinge gefallen war. Zeit und das Wetter hatten den riesigen Stamm ausgehöhlt und darin eine kleine geschützte Höhle geschaffen, die fürs Erste reichen musste, denn Dayn atmete schwer und konnte sich kaum noch aufrecht halten.
Sie legte ihn vorsichtig in das Versteck und machte dann einen kurzen Rundgang, konnte aber keine Anzeichen der Hexe entdecken, wenigstens keine, die sie mit ihren allzu menschlichen Sinnen bemerken konnte. Sie kam zu ihm zurück, duckte sich und kroch neben ihn.
Die Höhle war ausreichend trocken und verbarg sie gut, aber sie vermisste den Proviant, mit dem MacEvoy davongaloppiert war, denn Dayn sah überhaupt nicht gut aus. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging flach, und der Schmerz grub ihm tiefe Falten ins Gesicht.
Andererseits wusste sie, er brauchte nichts aus den Satteltaschen. Er brauchte Blut.
14. KAPITEL
R eda nahm all ihren Mut zusammen und sah auf ihr Handgelenk hinab. Die Wunden waren saubere Einstiche, und sie verheilten bereits durch irgendeine Art von Vampirmagie. Doch am meisten beunruhigte sie der rote
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