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Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
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mehr daran gedacht hatte, dass auch sie lange Zeit allein gewesen war und ihren Wert infrage gestellt hatte. Wie hatte er das vergessen können?
    Bei allen Göttern. Hatte er sie wirklich verloren? Er spürte rasch nach ihrer Verbindung. Das schwache Flackern musste bedeuten, dass sie sich noch irgendwo in den Königreichen befand. Aber wie lange noch? Arbeitete sie gerade daran, einen Vortex in ihre Heimatwelt zu rufen?
    Lass sie gehen , flüsterte eine innere Stimme. Sie ist sicherer dort und wird überleben, egal, was auf der Insel geschieht. Vielleicht kannst du sogar zu ihr reisen, wenn alles vorbei ist. Im Augenblick musst du nur auf diese Insel kommen. Die Zeit wird knapp.
    Er erstarrte. War das seine Prüfung? Musste er seinen Wert beweisen, indem er Elden wählte und nicht sie? Denn trotz aller Logik sagte ihm sein Bauchgefühl, dass er sie nie wiedersehen würde, wenn sie seine Welt erst verlassen hatte. Mehr noch, es sagte ihm, dass er ihr jetzt folgen musste und es nicht wagen konnte, sich der Insel oder dem Zauberer zu stellen, solange sie nicht an seiner Seite war.
    Wunschdenken , spottete es in seinem Kopf. Aber das war es nicht. Es war Vertrauen. Er hatte Vertrauen in sein Bauchgefühl und in die Magie, die er und Reda gemeinsam geschaffen hatten.
    Bitte, Götter, helft mir, es nicht zu vermasseln. Dieses Mal kam die menschliche Umgangssprache wie von selbst.
    Sein Herz hämmerte wild gegen seine Rippen und sein Magen verkrampfte sich, doch als er sich in Bewegung setzte, war es nicht in Richtung des Blutsees, der Insel oder der Vergeltung, auf die er zwanzig Jahre lang hingearbeitet hatte. Stattdessen ging er in die entgegengesetzte Richtung und folgte den dünnen Spuren, die nur ein ausgebildeter Jäger erkennen konnte. Er bediente sich der Magie ihrer Verbindung und dachte mit aller Kraft: Halt durch, süße Reda. Ich komme. Warte auf mich, und wir überlegen uns gemeinsam, wie es weitergeht.
    Denn sein Traum mochte eine Fantasie gewesen sein, aber eines war richtig gewesen: Sie war für ihn das Wichtigste. Er war nicht der Thronerbe, war nicht besser als seine Geschwister, höchstens beim Reiten oder auf der Jagd. Aber bei Reda – und für sie – war er zum Prinzen geworden. Sogar ein Held.
    Sie machte ihn besser, und ohne sie würde er Elden nicht das Geringste nützen.

15. KAPITEL
    R eda wachte langsam aus einem Schlaf auf, der sich zu tief anfühlte, mit einem Flattern im Magen, das ihr verriet, dass irgendetwas absolut nicht stimmte. Sie lag auf einem harten Untergrund und ihr Kopf tat weh, aber diese Empfindungen schienen fremd und weit entfernt, und ihre bruchstückhaften Träume so viel realer.
    War etwa alles nur ein Traum gewesen? dachte sie, war sich aber nicht sicher, wo die innere Stimme herkam oder was sie zu bedeuten hatte.
    Ihre Gedanken verstreuten sich wie eine Herde identischer brauner Pferde mit weißer Blesse, die schnaubend und prustend umeinander tänzelten und zusammenprallten. Vergangenheit und Gegenwart vermischten sich. Sie war sechs oder sieben Jahre alt, saß mit gekreuzten Beinen im Wald ihrer Mutter gegenüber und beugte sich mit großen Augen vor. „Erzähl mir mehr von der Magie. Bitte!“ Dann war sie ein Neuling bei der Polizei und duckte sich, während ihr Partner von oben angriff. Sie lachte sich schief, als sie zwei von der Mordkommission mit roten Farbpatronen abschossen. Plötzlich war sie wieder zehn Jahre alt und stolperte im Nachthemd durch den Wald. „Maman? Maman, wo bist du?“ Dann, sechsundzwanzig, an Benz’ Grab, auch wenn sie wusste, dass der Körper darin nicht mehr Benz war. Benz war tot.
    Der Friedhof hatte nach frisch gemähtem Gras und Apfelbäumen gerochen. Jetzt stach ihr der Gestank von Ammoniak und Tieren in der Nase. Auch die Geräusche stimmten nicht. Die Stille des Friedhofs wurde gestört von rastlosen Geräuschen, die sie an einen Stall erinnerten:Schnüffeln, Schnaufen und leises Scharren, die Bewegungen großer Leiber im Stroh.
    Wo war sie? Was stimmte nicht mit ihr? Was war hier los?
    Sie versuchte, die Augen zu öffnen. Dann lichtete sich der Nebel … und sie merkte, dass sie bereits offen waren, aber von einem stinkenden Lappen bedeckt, der ihr fest um den Kopf gebunden war. Einen weiteren hatte man ihr in den Mund gestopft, der sich trocken und eklig anfühlte. Licht und Luft kamen durch die Ränder, aber nur sehr wenig.
    Mit einem Aufschrei, der gedämpft und schrecklich war, wollte sie an der Augenbinde zerren. Aber

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