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Das Herz des Wolfes (German Edition)

Das Herz des Wolfes (German Edition)

Titel: Das Herz des Wolfes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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spitzbübischer Charme, der sie wie ein Schlag zwischen die Augen traf. »Ich bin kein Teetrinker.«
    Zutiefst bestürzt darüber, wie heftig sie auf ihn reagierte, senkte sie schnell den Blick und starrte blinzelnd in ihren Tee. Sie schlang die kalten Finger um die angenehm warme Tasse und räusperte sich. »Im Kühlschrank habe ich Bier und Softdrinks, wenn Sie etwas trinken möchten.«
    »Im Moment brauche ich nichts, danke.« Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Leise sagte er: »Ihnen ist bewusst, dass ich Ihnen jetzt ein paar unangenehme Fragen stellen muss, oder?«
    Sie nickte. »Fragen Sie mich alles, was nötig ist, Detective.«
    »Hey.« Er senkte den Kopf ein Stück, um ihren Blick aufzufangen, und sie ließ es geschehen. Er schenkte ihr ein kurzes, einschmeichelndes Lächeln. »Nennen Sie mich doch bitte Gideon.«
    Ein winziger Funken Wärme drang bis in ihr zugeschnürtes Herz vor. Sie schaffte es, sein Lächeln kurz zu erwidern. »Und ich bin Alice.«
    »Ich will kein Geheimnis daraus machen, Alice – ich bin sehr froh, dass wir uns begegnet sind, aber ich bedaure, dass es unter so furchtbaren Umständen geschehen musste. Der Verlust deiner Freundin tut mir leid.« Gideon sah sie unverwandt mit seinen blassblauen Augen an. Noch vor gar nicht langer Zeit hatten sie so eiskalt gewirkt, doch jetzt zeigte sich tiefes Mitgefühl darin. Hinter diesem Ausdruck verbarg sich ein düsteres Wissen. Er weiß, wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem nahesteht, dachte Alice.
    »Freunde«, flüsterte sie.
    »Freunde«, korrigierte er sich. »Ich wünschte, du hättest Haley nicht so sehen müssen. Ich hätte dir das gern erspart, wenn ich gekonnt hätte.«
    Irgendwie sagte er genau das Richtige. Mit seinen schlichten Worten gestand er ein, dass zwischen ihnen etwas war, aber indem er ihr sein Beileid aussprach, betonte er zugleich, worauf sie sich im Augenblick konzentrieren mussten. Das vermittelte ihr mehr Sicherheit als alles andere, was er hätte tun oder sagen können. »Danke«, sagte sie und richtete sich in ihrem Stuhl auf.
    »Ich möchte, dass du mir alles erzählst, was du in den letzten Tagen erlebt hast«, sagte Gideon. »Nimm dir Zeit, und mach dir keine Gedanken darüber, ob du es für relevant hältst oder nicht. Das werde ich entscheiden.«
    »Alles?« Sie sah ihn verwirrt an. »Du stellst mir keine Fragen?«
    »Du meinst, wie im Fernsehen, wo die Cops in einem gezielten Dialog innerhalb von drei oder vier Minuten erfahren, was sie wissen müssen?« Wärme legte sich auf Alice’ Wangen, verlegen hob sie eine Schulter. Er lächelte schwach. »Fragen werde ich später stellen. Im Moment möchte ich dich nicht in eine bestimmte Richtung lenken oder dich beeinflussen, weder durch die Auswahl meiner Fragen noch durch meine Ansichten. Es besteht immer die Möglichkeit, dass du mehr weißt, als du glaubst, und dass du Dinge weißt, von denen mir noch gar nicht bewusst ist, dass ich danach fragen könnte.«
    »Okay.« Sie trank einen Schluck von ihrem Tee, um einen Augenblich Zeit zu gewinnen und ihre Gedanken zu sammeln. Noch vor einer knappen halben Stunde war sie ein verängstigtes Wrack gewesen, das kaum zusammenhängend denken konnte. Jetzt trauerte sie natürlich, aber sie fühlte sich ruhiger, aufgefangen und nicht mehr so allein und verwundbar in der Dunkelheit.
    Sie fühlte sich sicher.
    Sie dachte einige Tage zurück, an ein völlig anderes Leben, in dem sie unbekümmert zur Arbeit gegangen war und nicht geahnt hatte, welche Schrecknisse die Woche für sie bereithalten sollte. »Ich bin Lehrerin«, sagte sie. »Ich arbeite an einer Privatgrundschule, der Broadway Elementary . Haley hat an der gleichen Schule unterrichtet. Mit dem Direktor, Alex Schaffer, sind wir befreundet. Er kam in der Mittagspause zu uns, um uns zu sagen, dass ein gemeinsamer Freund von uns, Peter Baines, tot ist.«
    Zunächst kamen die Worte langsam und stockend, dann begannen sie zu fließen, wurden schneller und nachdrücklicher. Gideon hörte schweigend zu und sah sie mit ruhigem, festem Blick an. Seine Gegenwart war wie eine Rettungsleine, an der sie sich festhalten konnte, als sie zu den schlimmen Stellen kam.
    Sie weinte. Sie wollte es nicht, konnte aber nichts dagegen tun. Als sie zu der Stelle kam, wo sie Haleys misshandelte Leiche zum ersten Mal gesehen hatte, setzte sie die Brille ab und bedeckte die Augen mit der Hand. Tränen strömten über ihr Gesicht.
    Gideons

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