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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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da. Hatte ich das zu verantworten? Hatte die Angst, die ich zu
unterdrücken versuchte - davor, dass Ciaire die Operation nicht überstand -,
irgendwie die Wirklichkeit beeinflußt?
    Ciaire fing an, sich die Elektroden von
der Brust zu reißen. »Na toll«, sagte sie, aber ich hörte ihrer Stimme an, dass
sie gegen die Tränen ankämpfte. »Was für ein total sinnloser Samstag.«
    »Weißt du was?«, sagte ich, bemüht, ruhig
zu sprechen. »Du bist nach einer Heiligen benannt.“
    »Echt?«
    Ich nickte. »Nach der heiligen Klara. Die
hat ein Nonnenorden gegründet, die Klarissen.«
    Sie sah mich an. »Warum gerade sie?«
    Weil die Krankenschwester, die dich mir
gleich nach der Geburt in die Arme legte, staunend gesagt hat: >Na, so was Süßes sieht man gern, das tut den Augen gut.< Und sie hatte recht. Genau dafür ist Klara die Patronin. Und ich
wollte, dass du beschützt wirst, vom allerersten Moment an, wo ich deinen Namen
aussprach.
    »Ich fand, es klingt hübsch«, log ich und
hielt Claires Shirt hoch, damit sie hineinschlüpfen konnte.
    Wir würden das Krankenhaus verlassen,
vielleicht auf dem Weg nach Hause etwas zum Knabbern kaufen und einen Film mit
Happy End ausleihen. Wir würden so tun, als wäre das ein ganz normaler Tag. Und
wenn sie eingeschlafen war, würde ich das Gesicht in mein Kissen vergraben und
alle Empfindungen zulassen, die ich mir im Augenblick verbot: Scham, weil ich
wusste, dass ich Ciaire schon fast fünf Jahre länger hatte als Elizabeth,
Schuld, weil ich froh war, dass aus dieser Transplantation nichts geworden war,
weil sie Ciaire genauso gut töten könnte wie sie retten.
    Ciaire schob die Füße in ihre halbhohen
Turnschuhe. »Vielleicht trete ich ja den Klarissen bei.«
    »Du kannst trotzdem keine Heilige
werden«, sagte ich. Und fügte im Stillen hinzu: Weil ich nicht zulassen werde, dass du stirbst.
     
    LUCIUS
     
    Kurz nachdem Shay Batman wieder zum Leben
erweckt hatte, steckte Crash Vitale sich selbst in Brand.
    Er hatte sich eine Art Streichholz
gebastelt, wie wir das alle machen - du drehst die Neonröhre aus der Halterung
und hältst das Metallende so dicht an die Fassung, dass ein Lichtbogen
überspringt. Dann steckst du ein Stück Papier in die Lücke, und es entzündet
sich. Crash hatte die Seiten einer Zeitschrift zusammengeknüllt und sie im
Kreis um sich herum verteilt. Als Texas den Rauch aus der Zelle quellen sah,
schrie er um Hilfe. Die Aufseher öffneten mit voll aufgedrehtem Wasserschlauch
die Zellentür, und wir konnten hören, wie Crash von dem Druck gegen die
rückwärtige Wand geschleudert wurde. Schließlich wurde er triefend naß und auf
einer Rolltrage festgeschnallt herausgebracht, die Haare angeklatscht, die
Augen wild. »Hey, Wundertäter«, brüllte er, als er den Laufgang
hinuntergeschoben wurde, »wieso hast du mich nicht gerettet?«
    »Weil ich den Vogel mag«, murmelte Shay.
    Ich war der Erste, der lachte, dann kicherte
Texas los. Auch Joey - aber nur weil Crash nicht mehr da war, um ihm den Mund
zu verbieten.
    »Bourne«, sagte Calloway, die ersten
Worte, die wir von ihm hörten, seit der Vogel quietschfidel zurück in seine
Zelle gehüpft war. »Danke.«
    Ein Augenblick Stille. »Er hatte eine
zweite Chance verdient«, sagte Shay.
    Die Tür zum Block öffnete sich, und
diesmal kam Aufseher Smythe mit der Krankenschwester herein, die ihre
abendliche Runde machte. Alma kam zuerst in meine Zelle und hielt mir meine
Pillen hin. »Hier riecht's, als hätte einer gegrillt und vergessen, mich
einzuladen«, sagte sie. Sie wartete, bis ich mir die Pillen in den Mund
gesteckt und einen Schluck Wasser getrunken hatte. »Schlafen Sie gut, Lucius.«
    Als sie weiterging, trat ich an die
Zellentür und sah hinaus. Kleine Wasserrinnsale schlängelten sich auf dem
Laufgang. Alma hatte den Block nicht verlassen, sondern war vor Calloways Zelle
stehen geblieben. »Häftling Reece, lassen Sie mich einen Blick auf Ihren Arm
werfen?«
    Calloway saß vornübergebeugt da, den
Vogel schützend in der Hand. Wir hielten allesamt die Luft an. Was würde Alma
machen, wenn sie den Vogel sah? Würde sie Calloway verpfeifen?
    Wahrscheinlich würde Calloway es nicht so
weit kommen lassen - mit seinen unflätigen Beleidigungen hatte er sie schon
oft genug verschreckt. Aber ehe er etwas sagen konnte, hörten wir ein
geflötetes Zwitschern - nicht aus Calloways Zelle, sondern aus Shays. Prompt
erfolgte die Antwort - das Rotkehlchen rief nach seinesgleichen. »Was war denn
das?«,

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