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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sie waren ihm nie begegnet. Sie stülpten das Gesicht unseres
Erlösers einem Mann über, der eine Neigung zu Selbstgesprächen hatte, einem
Mann, der seine Hände mit dem Blut zweier unschuldiger Menschen besudelt hatte.
Sie verwechselten Selbstdarstellung und unerklärliche Vorkommnisse mit Göttlichkeit.
Ein Wunder war nur so lange ein Wunder, bis der Beweis des Gegenteils
angetreten werden konnte.
    Ich schob mich durch die Menge, in die
entgegengesetzte Richtung, weg von den Gefängnistoren, ein Mann auf einer Mission.
Maggie Bloom war nicht die Einzige, die recherchieren konnte.
     
    MAGGIE
     
    Im Nachhinein wäre es erheblich einfacher
gewesen, einen Mediziner anzurufen, der sich mit Organspenden auskannte. Aber
auf den Rückruf eines viel beschäftigten Arztes hätte ich vielleicht eine Woche
warten müssen, und zufällig führte mein Weg nach Hause am Krankenhaus von
Concord vorbei, und ich platzte förmlich vor gerechtem juristischen Eifer.
Anders kann ich es mir nicht erklären, warum ich beschloss, einfach in die
Notaufnahme zu gehen. Je schneller ich mit einem Experten sprach, desto
schneller konnte ich für Shay aktiv werden.
    Die Krankenschwester am Empfang - eine
grau melierte Matrone - preßte den Mund zu einer schmalen Linie zusammen, als
ich bat, mit einem Arzt zu sprechen. »Worum geht es?«, fragte sie.
    »Ich hab ein paar Fragen -«
    »Das haben die anderen
im Wartezimmer auch, aber Sie müssen mir schon sagen, wo's wehtut.“
    »Ach so, nein, mir
fehlt nichts ...« Sie sah sich um. »Wo ist denn dann der Patient?“
    »Im Gefängnis.«
    Die Krankenschwester
schüttelte den Kopf. »Der Patient muss persönlich erscheinen. Also kommen Sie
wieder, wenn er da ist.«
    »Aber ich bin Anwältin -«
    »Dann verklagen Sie mich«, erwiderte die
Krankenschwester.
    Ich ging zurück ins Wartezimmer und
setzte mich neben einen jungen Mann, der einen blutigen Waschlappen um eine
Hand gewickelt hatte. »Ist mir auch mal passiert«, sagte ich. »Beim
Brotschneiden.«
    Er blickte mich an.
»Ich hab mit der Hand eine Scheibe eingeschlagen, weil meine Freundin meinen
besten Freund gevögelt hat.«
    Eine Krankenschwester erschien. »Whit
Romano?«, sagte sie, und der junge Mann stand auf.
    »Viel Glück«, rief ich ihm hinterher,
dann fuhr ich mir mit den Fingern durchs Haar und dachte angestrengt nach. Wenn
ich am Empfang eine Nachricht hinterließ, war das noch keine Garantie, dass
sie im nächsten Jahrtausend bei einem Arzt ankam. Ich musste mir etwas anderes
überlegen.
    Fünf Minuten später stand ich wieder vor
der Matrone. »Ist der Patient da?«, fragte sie.
    »Ahm. Die Patientin. Ich.«
    Sie legte ihren Stift hin. »Jetzt fehlt
Ihnen also was. Vorhin aber noch nicht.«
    Ich zuckte die
Achseln. »Ich glaube, es ist der Blinddarm ...« Die Schwester spitzte die
Lippen. »Eine Behandlung hier kostet einhundertfünfzig Dollar, auch für
Simulanten.“
    »Heißt das, die
Versicherung zahlt nicht?“
    »Nein.«
    Ich dachte an Shay, an den Klang, den die
Stahltüren im Gefängnis machten, wenn sie zuglitten. »Ich habe einen
stechenden Schmerz im Unterleib.«
    »Auf welcher Seite?«
    »Links...?« Die Schwester kniff die Augen
zusammen. »Ich meinte, links von Ihnen aus gesehen?“
    »Nehmen Sie Platz«, sagte sie.
    Ich setzte mich wieder ins Wartezimmer
und las zwei People- Ausgaben, die so alt waren wie ich, ehe ich in einen Untersuchungsraum
gerufen wurde. Eine jüngere Krankenschwester in einem rosa Kittel maß bei mir
Blutdruck und Temperatur. Während sie sich nach Vorerkrankungen erkundigte und
Notizen machte, überlegte ich, ob ich wegen falscher Angaben angezeigt werden
könnte.
    Ich lag auf dem Untersuchungstisch und
starrte an die Decke, als der Arzt hereinkam.
    »Ms Bloom?«, sagte er.
    Na schön, ich sage es rundheraus - er sah
toll aus. Er hatte schwarzes Haar und Augen in der Farbe von den Blaubeeren,
die im Garten meiner Eltern wuchsen - fast lila in einem gewissen Licht und im
nächsten Augenblick durchscheinend. Sein Lächeln war umwerfend. Er trug einen
weißen Kittel und ein Jeanshemd mit einer Krawatte, die mit Barbiepuppen
bedruckt war.
    Wahrscheinlich hatte er so eine auch in lebendig
zu Hause - mit einer Traumfigur und einem Doppelabschluss in Jura und Medizin
oder Astrophysik und Politikwissenschaft.
    Unsere ganze Beziehung war beendet, und
ich hatte noch kein Wort mit ihm gesprochen.
    »Sie sind doch Ms Bloom?«
    Und er hatte auch noch einen britischen
Akzent! »Ja«, sagte ich und

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