Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
für später verwahren,
und Gemüse-Mu-Shu war Olivers Leibgericht, obwohl meine Mutter behauptete,
Kaninchen würden kein gewürztes Essen mögen). »Seit neunundsechzig Jahren ist
in New Hampshire niemand mehr hingerichtet worden. Wir vermuten, dass die
Todesspritze die einzige Methode ist, aber das heißt nicht, dass wir damit
richtig liegen.«
    Ich nahm die Packung Lo Mein und
schaufelte mir die Nudeln in den Mund. »Ich weiß, das muss hier irgendwo stehen«,
murmelte ich, während das Kaninchen über meine Gesetzestexte hoppelte, die
verstreut auf dem Wohnzimmerboden lagen. Ich warf nur selten einen Blick ins
Strafgesetzbuch von New Hampshire, daher tat ich mich schwer mit der Lektüre
der Paragrafen und Unterparagrafen. Wenn ich eine Seite zurückblätterte, war
die Stelle, die ich einen Moment zuvor gelesen hatte, schon wieder im
laufenden Text verschwunden.
    Tod.
    Todesstrafe. Mord.
    Injektion, tödliche.
    630:5 (XXIII). Wenn die Todesstrafe verhängt wird, verbleibt der Verurteilte bis zum
festgesetzten Tag seiner Hinrichtung in der Strafanstalt von Concord. Die
Hinrichtung soll nicht innerhalb eines Jahres nach Verhängung des Urteils
erfolgen.
     
    Oder in Shays Fall erst nach elf Jahren.
     
    Der Strafvollzug erfolgt durch die
anhaltende intravenöse Verabreichung einer tödlichen Menge eines ultrakurz
wirkenden Barbiturats in Verbindung mit einem chemischen Lähmungsmittel, bis
der Tod durch einen zugelassenen Arzt gemäß der üblichen medizinischen Praxis
festgestellt wird.
     
    Alles, was ich über die Todesstrafe
wusste, hatte ich bei der ACLU erfahren. Vor meiner Arbeit dort hatte ich mir
keine großen Gedanken über das Thema gemacht, außer wenn die Medien groß und
breit über eine Hinrichtung in einem anderen Bundesstaat berichteten.
Mittlerweile jedoch kannte ich die Namen von allen Hingerichteten. Ich wusste
von ihren Gnadengesuchen in letzter Minute. Ich wusste von Häftlingen, deren
Unschuld sich nach der Vollstreckung herausgestellt hatte.
    Die Todesspritze wirkte angeblich so, wie
wenn ein Hund eingeschläfert wird - man wurde schläfrig und wachte einfach
nicht wieder auf. Keine Schmerzen, kein Streß. Die Injektion war ein Cocktail
aus drei Substanzen: Natriumpentothal löste bei dem Delinquenten
Bewußtlosigkeit aus, Pavulon lähmte die Atemmuskulatur, und Kaliumchlorid
brachte das Herz zum Stillstand. Das Natriumpentothal wirkte extrem kurz - die
Wirkung konnte also schnell wieder nachlassen, sodass der Delinquent möglicherweise
wieder Gefühl in den Nerven hatte, aber noch so weit sediert war, dass er sich
weder verständlich machen noch sich bewegen konnte.
    Die britische medizinische
Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte 2005 eine Studie über die toxikologischen Untersuchungen
von neunundvierzig Häftlingen, die in vier US-Staaten hingerichtet worden
waren. Bei dreiundvierzig Hingerichteten lag der Betäubungsgrad niedriger als
für Operationen erforderlich, und bei einundzwanzig entsprach er einem Niveau
von Bewußtsein. Nach Aussage von Anästhesiologen hat ein Mensch, der bei der
Verabreichung von Kaliumchlorid bei Bewußtsein ist, das Gefühl, kochendes Öl in
den Adern zu haben. Ein Häftling könnte somit das Gefühl haben, innerlich zu
verbrennen, während er aufgrund der durch die beiden anderen Mittel bewirkten
Muskellähmung und minimalen Betäubung unfähig ist, sich zu bewegen oder zu
sprechen. Selbst die Obersten Bundesrichter hatten Zweifel: Obwohl sie die
Todesstrafe nach wie vor als nicht verfassungswidrig einstuften, stoppten sie
die Hinrichtung von zwei Häftlingen wegen einer untergeordneten Frage: ob die
übermäßigen Schmerzen aufgrund der tödlichen Injektion ein Verstoß gegen die
Grundrechte seien, worüber ein Gericht einer unteren Instanz zu befinden habe.
    Oder - einfach ausgedrückt - die
Todesspritze war vielleicht doch nicht so human, wie alle Welt glauben wollte.
     
    61o:1 (XIV): Die Strafvollzugsbehörde oder ein von ihr Beauftragter
entscheidet zum einen über die Substanz oder die Substanzen, die bei einer
Hinrichtung angewendet werden sollen, zum anderen über die Hinrichtungsmethode.
Sollte die Verabreichung der erforderlichen tödlichen Substanz für untauglich
befunden werden, kann die Todesstrafe auch durch Erhängen vollstreckt werden,
wobei die mit Wirkung vom 31. Dezember 1986 geltenden Gesetzesvorschriften zu berücksichtigen sind.
     
    Oliver machte es sich auf meinem Schoß
bequem, während ich den Text noch einmal

Weitere Kostenlose Bücher