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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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es
mir nicht.«
    Ich starrte ihn an. »Wie bitte?«
    »Sie sollen mich nicht ganz retten. Nur
mein Herz.«
    »Ich ... ich verstehe nicht«, sagte ich
langsam.
    »Shay will sagen«, sagte der Priester,
»dass er sich mit seiner Hinrichtung abgefunden hat. Er will bloß Organspender
werden, danach.«
    »Wer sind Sie eigentlich?«, fragte ich.
    »Father Michael Wright.«
    »Und Sie sind sein Seelsorger?«
    »Ja.«
    »Seit wann?«
    »Seit zehn Minuten, ehe sie seine
Anwältin wurden«, sagte der Priester.
    Ich wandte mich wieder an Shay. »Sagen
Sie mir, was Sie möchten.«
    »Ich möchte Ciaire Nealon mein Herz
spenden.«
    Wer zum Teufel war Ciaire Nealon? »Will
sie Ihr Herz denn haben?«
    Ich blickte Shay an, dann Father Michael,
und dann begriff ich, dass ich die einzige Frage gestellt hatte, an die bislang
keiner gedacht hatte.
    »Ich weiß nicht, ob sie es haben will«,
sagte Shay, »aber sie braucht es.«
    »Ja, hat denn jemand mit ihr gesprochen?«
Ich wandte mich an Father Michael. »Ist das nicht Ihre Aufgabe?«
    »Hören Sie«, sagte der Priester. »Die
Hinrichtung erfolgt durch eine tödliche Injektion. Und danach kommt das Herz
nicht mehr für eine Spende infrage.«
    »Nicht unbedingt«, sagte ich langsam.
    Einem Anwalt kann der Fall nicht
wichtiger sein als dem Mandanten. Wenn ich Shay nicht davon überzeugen konnte,
einen Gerichtssaal in der Hoffnung zu betreten, dass sein Leben verschont
bleiben würde, dann wäre es idiotisch von mir, den Fall anzunehmen. Aber falls
seine Mission, sein Herz zu spenden, sich nahtlos mit meiner - die Todesstrafe
zu bekämpfen - verbinden ließe, wieso sollte ich dann nicht dieselbe
Gesetzeslücke nutzen, um uns beiden das zu verschaffen, was wir wollten? Ich
konnte dafür kämpfen, ihn nach seinen Bedingungen sterben zu lassen - als
Herzspender -, und dabei das Thema Todesstrafe so sehr ins Bewußtsein der
Öffentlichkeit rücken, dass sich mehr Leute gegen sie aussprachen.
    Ich blickte meinen neuen Mandanten an und
lächelte.
     
    MICHAEL
     
    Die Verrückte, die in unsere kleine
seelsorgerische Sitzung geplatzt war, versprach Shay Bourne ein Happy End, das
sie nicht bewirken konnte. »Ich muss ein bisschen recherchieren«, erklärte sie.
»Ich komme in ein paar Tagen wieder.«
    Shay blickte sie aus mir unerfindlichen
Gründen an, als hätte sie ihm die Sterne vom Himmel geholt. »Aber Sie glauben
... Sie glauben, ich kann ihr mein Herz spenden?«
    »Ja«, sagte sie. »Vielleicht.«
    Ja. Vielleicht. Uneindeutige Signale,
mehr hatte sie ihm nicht zu geben. Im Gegensatz zu meiner Botschaft: Gott. Jesus. Eine klare Richtung.
    Sie klopfte ans Fenster, wollte genauso
schnell raus aus dem Besprechungsraum, wie sie reingestürmt war. Als ein
Aufseher die Tür per Summer öffnete, hielt ich sie am Arm fest. »Sie sollten
ihm nicht zu große Hoffnungen machen«, flüsterte ich.
    Sie hob eine Augenbraue. »Sie sollten sie
ihm nicht nehmen.«
    Die Tür fiel hinter Maggie Bloom ins
Schloss, und ich schaute ihr durch das rechteckige Fenster nach. In dem
schwachen Spiegelbild konnte ich sehen, dass Shay ihr auch hinterher schaute.
»Ich mag sie«, verkündete er.
    »Tja«, seufzte ich. »Gut.«
    »Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass
sie manchmal ein Spiegel ist und manchmal Glas?«
    Ich brauchte einen Moment, bis ich
begriff, dass er über die Scheibe redete. »Kommt drauf an, wie das Licht
fällt«, erklärte ich.
    »In einem Mann des Lichts ist Licht«,
murmelte Shay. »Es kann die ganze Welt erhellen.« Er blickte mir in die Augen.
»Und was, meinten Sie vorhin, ist unmöglich?«
     
    Meine Großmutter war eine so fromme
Katholikin, dass sie zusammen mit anderen Gemeindefrauen ehrenamtlich die
Kirche putzte, und manchmal durfte ich mit. Dann hockte ich ganz hinten auf
dem Boden und spielte mit Matchboxautos oder schaute zu, wie sie die
verkratzten Holzbänke polierte und den Mittelgang fegte, und wenn wir sonntags
zur Messe gingen, ließ sie den Blick schweifen - vom Eingang über die Decken
bis zu den flackernden Kerzen - und nickte zufrieden. Mein Großvater dagegen
ging nie zur Kirche, sondern lieber zum Angeln. Im Sommer angelte er nach
Barschen, im Winter hackte er ein Loch in den zugefrorenen See und wartete
geduldig, bis ein Fisch anbiß, trank dabei Kaffee aus einer Thermoskanne,
sodass der Dampf seinen Kopf umhüllte wie ein Heiligenschein.
    Erst als ich zwölf war, durfte ich dann
und wann die Sonntagsmesse schwänzen, um meinen Großvater zum Fliegenfischen
zu

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