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Das Herz kennt die Wahrheit

Das Herz kennt die Wahrheit

Titel: Das Herz kennt die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Langan
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war unerträglich und schrecklicher als jeder Laut, den sie bisher gehört hatte.

20. Kapitel
     
    "O Newt!" rief Bethany verzweifelt. Atemlos erreichte sie den Schuppen, in dem der alte Seemann gerade das Werkzeug sortierte. "Gott sei Dank, dass wir dich gefunden haben. Ambrosia und ich haben dich überall gesucht. Du musst uns helfen, Newt."
    "Was kann ich für euch tun?" fragte er, ohne aufzuschauen, während er die schweren Hämmer und Sägen an ihren Platz legte.
    "Du musst ins Dorf gehen und herausfinden, wo sich Gryf aufhält."
    "Wo er sich aufhält?" Newton hob den Kopf und musterte die junge Frau eindringlich, die mit verzweifelter Miene vor ihm stand. "Warum hält er sich nicht mehr in MaryCastle auf?"
    "Weil er letzte Nacht fortgegangen ist. Er und Darcy haben sich fürchterlich gestritten, und er hat ihr gesagt, er würde sie verlassen."
    Der alte Mann richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Werkzeug. "Ich habe gehört, wie Türen zugeschlagen wurden. Und laute Schritte. Das ist nichts als eine kleine Auseinandersetzung bei einem Liebespaar. So etwas kommt vor. Sie werden sich wieder zusammenraufen, wenn sie zur Vernunft kommen."
    "Du verstehst nicht", fuhr Bethany aufgelöst fort. "Darcy sagte, Gryf sei zutiefst verletzt. Er glaubt, sie will, dass er wie Gray ist. Und all das nur, weil sie ihm die Haare geschnitten hat. Dabei war es gar nicht ihre Schuld, sondern meine."
    "Und meine", keuchte Ambrosia außer Atem, als auch sie den Schuppen erreichte. Ihre Wangen waren gerötet, und einige Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht.
    Mit einem unwirschen Laut stieß Newton das Werkzeug zur Seite und wandte sich den Frauen zu. "Ihr konntet nicht die Finger davon lassen, wie?" schimpfte er. "Ihr musstet so lange drängeln und die Kleine zu Dingen verleiten, die gar nicht hätten geschehen dürfen. Habe ich euch nicht gesagt, dass ihr euch nicht einmischen sollt?"
    "Doch, das hast du", erwiderte Ambrosia mit betretener Miene. Ihre Augen waren gerötet, und es war offensichtlich, dass sie geweint hatte. "Aber wir hatten doch keine Ahnung, dass Gryf so in Wut geraten würde. O Newt, Darcy sagt, sie habe ihn noch nie so zornig gesehen. Sie glaubt wirklich, dass er für immer fort ist. Wir sind nicht sicher, ob sie je darüber hinwegkommen wird. Das hat ihr das Herz gebrochen. Sie ist sogar noch trauriger als bei der Nachricht von Grays Unfall."
    Der alte Mann schnaufte verärgert und wandte sich dann zum Gehen. "Gut, ich gehe hinunter ins Dorf. Aber ich weiß nicht, wie ich euch helfen soll."
    "Sag ihm, es war nicht Darcys Schuld. Sag ihm, wir sind dafür verantwortlich." Bethany begann zu schluchzen, als sie die Tragweite der Situation ermaß. "Und sag ihm auch, es tut uns schrecklich Leid, dass wir uns eingemischt haben."
    Newton war bereits aus dem Schuppen geeilt, als er noch einmal zurückkehrte, um die beiden verzweifelten Frauen in den Arm zu nehmen. "Beruhigt euch. Ihr tragt keine Schuld."
    "Doch", schluchzte Ambrosia. "Wir haben uns eingemischt, obwohl du uns gewarnt hast."
    "Das mag sein. Aber wenn es euch tröstet, ich habe mich auch das eine oder andere Mal eingemischt."
    Die Schwestern schnieften und wischten sich die Tränen fort. "Versuche, ihn zu finden, Newt", schluchzte Bethany mit tränenerstickter Stimme. "Und bitte ihn, Darcy noch eine Chance zu geben."
    Der alte Seemann machte sich auf den Weg nach Land's End und überlegte die ganze Zeit angestrengt, was, um alles in der Welt, er Gryf sagen sollte. Würde er einen Mann, der womöglich vor Wut kochte, dazu bringen können, seine Meinung zu ändern?
    Er seufzte. Trotz all seiner mahnenden Worte war er kurz davor, sich erneut selbst einzumischen. Deshalb hoffte er aus tiefster Seele, die Sache nicht noch schlimmer zu machen, als sie ohnehin schon war.
     
    "Hier unterschreiben." Der Kapitän mit dem auffälligen Schnurrbart schob ein Stück Pergament über den Tisch. Gryf schrieb seinen Namen auf die vorgesehene Stelle und reichte dem Mann den Federkiel zurück.
    "Wir legen morgen früh ab. Bei Sonnenaufgang. Jeder Mann, der dann nicht an Bord ist, bleibt ohne Bezahlung zurück."
    Gryf nickte und folgte einigen Seeleuten, die ebenfalls auf der "Jenny Mae", einem Frachtschiff auf dem Weg nach Indien, angeheuert hatten. Als die Männer in die Schankstube gingen und Ale bestellten, stieg Gryf die schmale Treppe zu der Dachkammer hinauf, die er abends zuvor gemietet hatte.
    Oben angekommen, ließ er sich auf der Kante der dürftigen Schlafstatt

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