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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einem Soldaten zusammengeprallt war und ihn zu Fall gebracht hatte. Seine Begleiter, drei weitere Soldaten, halfen ihm auf.
    Sie war durcheinander und erschrocken, zumal die vier Männer sie so seltsam anstarrten, doch erst, als einer von ihnen in akzentfreiem Xixisch sagte: »Sie flucht bei Nushash!«, wurde ihr klar, dass sie etwas in ihrer Muttersprache gesagt haben musste.
    Noch ehe sie sich fragen konnte, was vier xixische Soldaten auf einem Fischmarkt in Wildeklyff machten, hatten die Männer sie bereits umstellt.
    »Komisch, was man hier mitten im Nichts trifft«, sagte ein anderer Soldat ebenfalls in makellosem Xixisch, wenn auch mit der Vokalfarbe der südlichen Wüstenstämme. »Ein hübsches Mädel aus der Heimat. Sie könnte deine Schwester sein, Paka.«
    »Hüte deine Zunge«, knurrte der, der Paka sein musste. »Die kleine Hure da ist nicht meine Schwester.« Er packte Qinnitan am Arm und zerrte sie mit sich über den Marktplatz. »Aber ein paar Fragen wird sie beantworten müssen. Wisst ihr Trottel nicht mehr? Wir sollen doch die Augen nach einem Mädel offen halten, das xixisch spricht — der Befehl kommt direkt vom Minister des Goldenen. Wenn ihr sie hättet entwischen lassen, würden wir jetzt alle den Folterpriestern übergeben.«
    Die anderen Soldaten, die hinterhertrotteten, senkten beschämt die Köpfe und murmelten devote Floskeln bei der Erwähnung des Autarchen.
    Qinnitan konnte ihr Pech nicht fassen. Panisch versuchte sie sich loszureißen, aber Paka hatte sie fest im Griff.
    »Widerstand ist sinnlos«, erklärte er. »Du tust dir nur weh.«

    Was schließlich aus dem Dunkel kam, war kein militärisch geordneter Zug wie der der Dachlinge, sondern ein kleines Grüppchen: Yasammez, so schwarz wie eine Krähenschwinge, ihre Obereremitin Aesi'uah (der Name hallte durch Barricks Denken wie ein Echo) und zwei mächtige Gestalten —
Tiefenettins,
wisperte die Feuerblume Barrick zu, einer davon kein Geringerer als Hammerfuß von Erste Tiefen.
    Einen Augenblick sahen sich Saqri und ihre Vielmals-Urgroßtante nur an, dann trat Saqri vor und streckte Yasammez die Hände hin. Ihre Finger berührten sich, und beide verharrten wieder schweigend, doch was zwischen ihnen geschah, war intensiver als jede Umarmung. Es floss und floss hin und her, ein lautloser Strom von Bedeutung.
    Barrick sah reglos zu. Rafe sah ihn an und grinste, als wäre dieses gewichtige Wiedersehen eine Überraschung, die der Skimmerjüngling ganz allein arrangiert hatte. Die Miene des riesigen Hammerfuß war schwerer zu entziffern, trotz der Flüsterkommentare, die Barricks Schädel fluteten, doch aus den tiefliegenden Augen der Kreatur sprachen Ablehnung und Misstrauen.
    Schließlich traten Saqri und Yasammez auseinander, und Barrick sah sie jetzt im direkten Vergleich. Die Familienähnlichkeit war unübersehbar, doch ebenso die Unterschiede: Obwohl auf den ersten Blick beide noch in der Blüte ihrer Jahre zu stehen schienen, war Saqris Gesicht weicher und runder. Yasammez hatte etwas von einem Raubtier: die Nase ausgeprägt, die Wangenknochen hoch und markant, die Augen leicht verengt, als stünde sie ständig im Wind. Die schwarze Rüstung — sie trug alle Teile außer dem Helm — unterstrich ihre bedrohliche Erscheinung.
    Jetzt musterte sie Barrick von Kopf bis Fuß. »Ich hätte nicht geglaubt, dass das Buch ein so seltsames Kapitel enthalten könnte, aber da bist du wieder.« Yasammez sprach nicht per Gedankenkraft, sondern laut, und jedes Wort war wie das Klingen von Stahl. »Ich wollte Ynnir nur zeigen, was in den Adern sterblicher Mörder aus der Feuerblume geworden war, aber er hat mich wieder übertrumpft. Der Herr der Winde und Gedanken muss der cleverste Feigling aller Zeiten gewesen sein.«
    »Er ist kein Feigling«, sagte Saqri ruhig, »und es ist zu früh, sein Handeln einzuschätzen und darüber zu urteilen.«
    »Du hattest immer eine Schwäche für deinen Bruder«, sagte Yasammez. »Selbst als ich dir sagte, er werde Unheil und Vernichtung über unsere Blutslinie bringen. Kannst du im Ernst behaupten, ich hätte mich geirrt?«
    »Wie ich schon sagte, es ist zu früh für ein Urteil.« Saqri beugte kurz den Kopf »Aber wie dem auch sei, ich möchte nicht mit dir streiten, große und geliebte Tante. Lass uns feststellen, wie die Lage ist und was wir noch tun können. Später wird Zeit sein, darüber zu sprechen, wer recht und wer unrecht hatte.«
    Yasammez hätte ihren Unmut kaum deutlicher zum Ausdruck bringen

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