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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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»Er hat Maschinen mitgebracht, wie sie die Welt seit den Tagen der Götter nicht mehr gesehen hat, gewaltige Kanonen, die Stein zertrümmern wie Hammerschläge. Er hat Monster gezüchtet. Er hat sogar Kinder der Verstreuten in Bestien verwandelt, und das alles, um den Gott Weißfeuer — Sulepis nennt ihn Nushash — aus dem ewigen Schlaf zu wecken und ihn zu zwingen, seine unvergleichliche Kraft in die Dienste des Autarchen zu stellen.« Sie senkte kurz den Kopf. »Er hat gründliche Studien betrieben und sich sorgsam vorbereitet. Wir glauben, dass es in seiner Macht steht, dieses Vorhaben zu verwirklichen.«
    »Aber wie könnte er einem Gott befehlen, selbst wenn er's schaffen würde, ihn zu wecken?«, sagte ein Skimmer und erhob sich dabei. »Egye-Var spricht zu uns durch die Schwestern und die Schuppe, aber wir könnten ihn so wenig zähmen wie die Meereswasser selbst.«
    »Der Südländer glaubt sich im Besitz eines Mittels, den Gott seinem Willen zu unterwerfen«, sagte Saqri von ihrem Platz neben Yasammez aus. »Die Wellenausläufer seiner Experimente — verzeiht, Turley Langfinger, es ist nicht als Beleidigung Eures geliebten Ozeans gemeint — waren in der Tiefen Bibliothek zu spüren und sogar für einige besonders Sensible unter den Lebenden wahrnehmbar.« Sie machte eine merkwürdige kleine Pause, und Barrick wusste plötzlich, dass sie von sich selbst sprach — dass ihr eigener langer Schlaf und die Träume, die er mit sich gebracht hatte, nicht nur friedlich und angenehm gewesen waren. »Wir wissen nicht, wie dieser Sterbliche einen Gott zu lenken gedenkt, doch nach allem, was er bereits getan hat, erschiene es uns töricht, davon auszugehen, dass er es nicht kann.«
    »Aber, mit Verlaub, meine Schwestermonarchinnen«, rief die kleine Königin Altania durch ihr Sprachrohr, »wozu sind wir dann hier? Der Autarch ist bereits jenseits dieser Hallen und zieht hinab zum Leuchtenden Mann, der heiligen Stätte der Funderlinge.«
    »Es ist
nicht
nur die heilige Stätte der Funderlinge«, sagte Saqri. »Welchen Göttern wir einst auch zu folgen beschlossen — er, der dort im Leuchtenden Mann gefangen ist, hat uns alle aus der Versklavung errettet. Ohne ihn würden die Götter noch immer über uns herrschen.«
    »Wäre das denn so schlimm, Herrin?«, fragte Turley, der Skimmer. »Unser Gott spricht oft zu uns, und das hat uns immer nur Gutes gebracht.«
    »Vielleicht erinnert Ihr Euch nicht mehr, wie es war, als der Meeresgott noch aktiver in das Geschehen einzugreifen vermochte«, sagte Saqri. »Aber ich gebe zu, er war immer der friedlichste der Brüder — seine Macht erwuchs nicht nur aus seiner Stärke, sondern auch aus seiner Weisheit. Doch es ist ohnehin nicht so sehr die Rückkehr der Götter, die wir fürchten, obwohl sie durchaus fürchtenswert ist, sondern vielmehr die Vorstellung, dass ein wahnsinniger Sterblicher über die Macht eines Unsterblichen gebietet.«
    Aesi'uah ergriff wieder das Wort und berichtete über vieles, was Barrick bereits wusste, wenn auch ergänzt um Details, die ihm neu und offenbar auch den Qar erst seit kurzem bekannt waren wie etwa Sulepis' Treffen mit Hendon Tolly auf dem M'Helansfels und das Gespräch der beiden, das die Traumlose jetzt mit ihrer ruhigen, klaren Stimme Wort für Wort wiedergab. Sie und gelegentlich auch Saqri sprachen aber auch von Dingen, die Barrick allenfalls teilweise kannte, denn sie erzählten die Geschichte von Krummling und dem Sturz der Götter auf eine Art, die fast nichts mit der Version gemein hatte, die ihm der Rabe Skurn erzählt hatte — mit einer Fülle seltsamer Details, die leise Feuerblumenechos in seinem Kopf hervorriefen.
    Von Zeit zu Zeit mischten sich auch die Skimmer und die Dachlinge ein, und Barrick begann zu begreifen, wie wenig er in all seinen Jahren hier über das Königreich seines Vaters und vor allem über Südmarksburg gewusst hatte.
    »Eine Frage stellt sich noch«, sagte Königin Altania schließlich. »Wo sind die Funderlinge? Wo sind die Steinhauer? Die Kinder Egye-Vars sind hier und auch jene von uns, die den Herrn des Höchsten Punkts verehren ...« Sie wies auf ihre Dachlinge. »Doch wo ist die Gefolgschaft des alten Karisnovois, des Herrn der Erde und des Steins?«
    Aesi'uah sah ihre Herrin Yasammez an, aber es war Königin Saqri, die antwortete.
    »Das ist ein Grund, warum wir hier sind«, erklärte Saqri der Dachlingskönigin. »Die Funderlinge sind in diesem Moment tief unter uns und kämpfen, um jene

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