Das Herz
noch bepisst?
Schaudernd, im Bauch ein verknotetes Knäuel brennender Lumpen, drehte er sich wieder um und stolperte zum Zelt des Quartiermeisters.
Vasil Zeru blickte auf, als Vo eintrat, erkannte ihn aber offensichtlich nicht: Er verzog nur angewidert das Gesicht und fuhr dann fort, einen seiner Untergebenen zu rüffeln.
»Zeru, ich bin's, Vo«, sagte er in der Zelttür. »Daikonas Vo.«
Trotzdem dauerte es einen Moment, bis sich der Funke des Erkennens zeigte. »Bei den feurigen Stiefeln des Herrn, seid Ihr's wirklich? Ihr seht aus, als ob Ihr in Brand geraten und mit einem Donnermannssäbel gelöscht worden wärt.«
»Ich ...« Er biss wieder die Zähne zusammen, wartete, dass der Krampf nachließ. »Ich brauche Eure Hilfe. Und Euren vertraulichen Rat.«
Der Quartiermeister verstand und schickte seine Untergebenen weg. »Wir haben viel gerätselt über Euer ... Eure Mission.«
»Ja, ich stehe im Dienst des Goldenen«, erklärte Vo. »Eine Sondermission. Ich muss so schnell wie möglich zu ihm Aber es gibt da Feinde, verräterische, hochrangige Feinde, die mich daran hindern wollen ... Ich habe Informationen, die der Autarch erhalten muss!« Er wankte, was den Quartiermeister umso mehr beeindruckte, als es vollkommen echt war. Vasil Zeru war ein harter Mann, doch anders als bei den meisten Offizieren war seine Härte unparteiisch und auf Disziplin gerichtet. Er hatte weder Frau noch Kinder. Die Weißen Hunde waren seine Familie, und er nahm seine Verantwortung sehr ernst. Vo, der den anderen Weißen Hunden immer ein bisschen Angst gemacht hatte, war genau die Sorte Mann, die Zeru in seiner Einheit wollte — ein asketischer, stiller, tüchtiger Berufssoldat. Glaubte er jedenfalls; was Daikonas Vo sonst noch so trieb, war ihm unbekannt.
»Ich werde Euch helfen«, sagte Vasil Zeru. »Beim lohenden Blut des Gottes, natürlich tue ich das! Ist es dieser alte Hanswurst Vash? Das ist ein Teufel, der nie selbst ein Schwert oder einen Bogen in die Hand genommen hat, aber nur zu gern andere den Kopf hinhalten lässt.« Er sah finster drein. »Die Sorte, die sich nichts dabei denkt, Soldaten für jede dreckige Sache in den Kampf zu schicken.«
»Nushash segne Euch!« Es kam überzeugend heraus, was daran lag, dass der Schmerz in Vos Innereien plötzlich nachgelassen hatte. »Ich werde dem Autarchen erzählen, welchen Dienst Ihr ihm geleistet habt, wie Ihr mir geholfen habt, als andere es nicht taten.«
Der alte Zeru schien tatsächlich ein wenig rot zu werden. »Ach, ist doch nichts weiter«, sagte er, sichtlich geschmeichelt. »Nur was jeder Soldat für unseren Großen Falken tun würde.«
»Habt Ihr ein bisschen Wasser?«, fragte Vo plötzlich. Jetzt, da die Pein sich gelegt hatte, war seine Kehle so trocken wie Asche und sein Kopf wie von Rauch erfüllt. »Zum Trinken?« Seine Stimme klang fern.
Dann fiel er ihn Ohnmacht.
»Bei meinen Ahnen!«, sagte der junge Priester, der Qinnitan von Kopf bis Fuß musterte. »Was soll ich mit ihr machen?«
»Sie uns abnehmen, Bruder«, sagte der Soldat zu ihrer Linken. »Der Hauptmann hat gesagt, wenn wir auch nur ein bisschen Spaß mit ihr haben, werden wir geköpft. Sie muss zum Goldenen gebracht werden oder zu Seiner Herrlichkeit, dem Oberpriester.«
»Zu Panhyssir selbst?« Der junge Priester mit dem rasierten Schädel straffte sich, als ob diese schier unfassliche Präsenz plötzlich im Raum wäre. »Und zum Goldenen? Oh, selbstverständlich. Ich meine, jemand muss ja die Verantwortung übernehmen.« Er schluckte mit einem schiefen Lächeln und sah Qinnitan an, nahm sie aber gar nicht mehr wahr. Seit ihrer Zeit im Frauenpalast kannte sie den Ausdruck schrankenlosen Ehrgeizes. Dieser Mönch würde sie nicht aus den Augen lassen, bis sichergestellt war, dass ihn jeder dabei gesehen hatte, wie er sie der höchsten Instanz übergab, zu der er vordringen konnte.
Qinnitan ließ sich zwischen den beiden Wachen zu Boden sinken; ihre Ketten klirrten. In Wirklichkeit waren die Eisen zu groß für sie — die Xixier rechneten nicht mit Gefangenen von der Größe eines Mädchens — und scheuerten ihr die Haut wund. Sie hätte sie leicht abstreifen können, aber ein Instinkt hielt sie davon ab, das jetzt schon zu verraten. Die Soldaten jedenfalls hatten nicht so gewirkt, als befürchteten sie, dass Qinnitan ihnen irgendwelche Probleme machen könnte.
Der junge Priester hieß Bruder Gunis. Er war nur Unterpriester beim Streitwagen Nushashs, wie er ihr erklärte, während sie,
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