Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams

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Saqri und die anderen davon erfahren.« Er fasste Chaven am Ellbogen und führte ihn den Felspfad entlang, der sich um das riesige Loch im Zentrum der Kaverne zog.
    »Ich ... ich verstehe nicht, Hoheit«, sagte Chaven.
    »Nein, das könnt Ihr auch nicht.« Barrick gab ihm einen kleinen Schubs, um ihn anzutreiben. »Weil Ihr nicht das Blut von Göttern und Monstern in den Adern habt wie gewisse andere Leute.«

30

Eine breite Spur von Blut
    »Sobald der Waisenknabe die Burg betrat, entdeckte ihn die Göttin Zuriyal, die Schwester des Zmeos, welcher die Gehörnte Schlange genannt ward. Der Knabe rührte ihr Herz, weil er so jung und arglos war ...«
    Der Waisenknabe, sein Leben und Sterben und himmlischer Lohn — ein Buch für Kinder
    »Jetzt sind die letzten Stunden da«, sagte Malachit Kupfer. Mit der Eleganz des vornehmen Funderlings war es nicht mehr weit her:
    Seine Rüstung war eingedellt und staubig, sein Haar wirr und auf einer Seite von xixischem Kriegsfeuer weitgehend abgesengt. »Wenn die Südländer sich durch das ganze Gestein graben, das wir mitten im Labyrinth heruntergesprengt haben, müssen wir uns stellen. Wir haben sie in den letzten Tagen gehörig aufgehalten, aber sobald sie da durchgebrochen sind, gibt es keinen anderen Ort mehr, wo wir sie noch stoppen könnten.«
    Vansen nahm einen winzigen Schluck aus seinem Trinkschlauch. Das Sprengpulver, das die Funderlinge eingesetzt hatten, um den Vormarsch des Autarchen zu verlangsamen, während sie Stück für Stück durchs Labyrinth zurückgewichen waren, hatte auch den steinernen Aquädukt des uralten Höhlenkomplexes beschädigt; sie hatten kein frisches Wasser mehr und keine Aussicht, je wieder welches zu bekommen. »Wie lange müssen wir sie noch aufhalten?«
    »Nicht mehr lange«, sagte Kupfer. »Ich war gerade erst bei den Mönchen mit der Stundenkerze. Mittsommerabend ist vorbei, Hauptmann. Über der Erde ist der Mittsommertag bereits angebrochen. Heute werden wir leben oder sterben, Erfolg haben oder scheitern.«
    »Ich wollte, es
wäre
so eine gleichgewichtige Entscheidung, ein Münzwurf, Leben oder Sterben.« Vansen verzog das Gesicht; davon schmerzte die Gegend um sein Kiefergelenk, wo ihm ein Xixier mit einem Speerstoß den Helm vom Kopf geschlagen hatte, doch zum Glück hatte er kein Auge verloren. »Ich glaube jedoch, Freund Kupfer, die Chance, dass wir den morgigen Tag noch erleben, ist wesentlich kleiner.«
    Ein Stückchen weiter zuckte und murmelte Zinnober Quecksilber in oberflächlichem Schlaf. Er war bei einer der xixischen Sprengungen in der Initiationshalle im Zentrum des Labyrinths verletzt worden. Ein Dutzend Funderlinge waren umgekommen, aber den Ratsherrn und eine Handvoll anderer Männer hatten Vansen und Schlegel Jaspis lebend bergen können. Das Fieber, das Zinnobers Verletzungen mit sich gebracht hatten, war wohl die größte Gefahr gewesen, schien aber endlich zurückzugehen. Jetzt lag er auf einer improvisierten Trage hier in der Offenbarungshalle, dem letzten Teil des Labyrinths mit einer normalhohen Felsdecke. Hinter ihnen war nur noch die offene Galerie; darunter und dahinter gähnte die riesige, weit emporreichende Kaverne, in der das Meer der Tiefe und die Insel des Leuchtenden Mannes lagen.
    Wachführer Schlegel Jaspis kam herbeigehinkt und ließ sich neben ihnen nieder. Sein Gesicht war eine Maske von getrocknetem Blut und Dreck, sein haarloser Kopf mit Schrammen und blauen Flecken übersät. Vansen dachte, dass er aussah, als hätte er Höhlenwände allein mit seinem harten Schädel zum Einsturz zu bringen versucht.
    »Ist nimmer weit bis zum Ende des Wegs«, sagte Jaspis sachlich. »War gerade dort.«
    »Auf der Galerie?«, fragte Vansen. »Ich weiß, ich habe sie gesehen ...«
    »Wir können sie keine zwei Stunden mehr aufhalten, wenn sie in die Kammer hier durchbrechen ... und unsere Späher sagen, sie kommen
bald.
Hunderte und Aberhunderte.« Jaspis blickte zu einer Gruppe von müden Funderlingen hinüber, die Steine zu einem Verteidigungswall schichteten — dem letzten hier in der Offenbarungshalle. »Wenigstens ist es keine große Lauferei mehr, wenn wir uns wieder zurückziehen.«
    »Vansen?« Zinnober auf seiner Trage war wach und streckte die Hand aus. »Hauptmann Vansen?«
    »Ich bin hier.« Er hockte sich neben den Funderlingsratsherrn. Zinnobers eines Bein war mehrfach gebrochen. Vansen dachte, selbst wenn Zinnober durch irgendein Wunder dem Tod durch die Xixier entginge, hätte er kaum eine Chance,