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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wenn sie das hier überlebten, wäre es erwägenswert ...
    Also — Spieße und mein Schwert und ein paar Steine.
Wenn sie der Kreatur mit den langen, stabilen Gurodir-Speeren nicht beikamen, würden sie sie mit ein paar kleinen Steinen bestimmt nicht erledigen können ...
    Plötzlich kam ihm eine Idee — eine ziemlich abwegige, aber Vansens Verzweiflung wuchs mit jedem Augenblick. Das vielbeinige Monster hatte es aufgegeben, mit Gewalt durch die Stalagmiten zu brechen.
    Stattdessen versuchte es jetzt, darüber hinwegzuklettern, was es auch langsam und schwerfällig schaffte. In den Gesichtern der Funderlinge stand schieres Entsetzen.
    »Spelter«, rief er dem Qar-Kundschafter zu. »Wie geht es ihm?«
    Der staksbeinige Kerl, wie ihn Jaspis genannt hatte, blickte auf. »Er hat Verbrennungen, aber das meiste Gift ist auf seiner Rüstung ...« Er zeigte mit dem Finger auf das Kettenhemd, das als Häufchen neben dem Wachführer lag. Jaspis murmelte und zuckte wie im Fieber.
    »Lasst ihn. Einer der anderen kann sich um ihn kümmern.« Vansen erklärte dem Drag-Kundschafter, wonach er suchen sollte. »Ich kann dafür nicht gut genug sehen, Spelter, aber Ihr. Geht, sucht uns einen! Wir beschäftigen das Monster solange.«
    Spelter entfernte sich so schnell, dass er zu verschwinden schien wie ein Geist bei Tagesanbruch. Vansen wandte sich wieder den anderen Männern zu, die so weit wie möglich vor dem nahenden Ungeheuer zurückgewichen waren und sich furchtsam duckten. »Spieße vor und zustechen!«, befahl er. »Wenn ihr keine weiche Stelle wie ein Gelenk oder ein Auge findet, stoßt einfach auf das verdammte Ding ein, so fest ihr könnt! Und schreit!« Er wusste nicht mal, ob die Kreatur Ohren hatte, wollte aber nichts versäumen.
    Das Monstrum hatte sie jetzt fast erreicht. Es hing schwankend auf einer hohen Steinnadel und ruderte wild mit den Beinen, als suchte es Halt, um sich auf der anderen Seite hinabzuziehen. Vansen und die Funderlinge schrien lauter, wozu die Panik ihren Teil beitrug. Das Monster packte einen Zunftwächter mit der ausgreifenden Schere, vermochte diese aber samt dem Funderling nicht wieder zurückzuziehen. Zwei weitere Zunftwächter sprangen hinzu und stemmten die Schere auf, bis der Verwundete zu Boden fiel. Er hustete, rang nach Luft und hatte einen breiten, blutigen Streifen quer über die Brust, wo ihm das Kettenhemd ins Fleisch gepresst worden war.
    Das Monster kippelte und rutschte rückwärts ab, schaffte es dann nicht wieder, auf den spitzen Stalagmiten zu klettern. Ermutigt verdoppelten die Funderlinge ihre Anstrengungen und stießen so fest mit ihren schweren Spießen auf den Panzer des Ungeheuers ein, dass es in der hallenden Höhle wie heller Donner klang.
    Vansen hielt den Speer in der einen Hand und das Schwert in der anderen. Einmal traf er mit dem Speer sogar das bizarre Maul der Kreatur, aber er konnte ihn nur ein paar Zoll hineintreiben, und wenn das Monster auch zurückzuckte, schien es doch nicht schwerer verletzt. Ein andermal sah er seitlich an dem absonderlichen, flachen Kopf etwas, das wohl ein Auge sein musste, doch als er mit dem Schwert danach stoßen wollte, riss ihm das Ungeheuer beinah mit einem wild schwingenden Bein den Kopf ab, und er musste sich hinter einen Stalagmiten zurückziehen.
    Vansens Kräfte ließen nach, und er wusste, dass auch die Funderlinge ermatteten, aber das Monstrum zeigte keine Erschöpfungserscheinungen. Lange würden sie nicht mehr durchhalten.
    Die Kreatur tat ein paar vielbeinige Schritte rückwärts, um einen anderen Angriffswinkel zu wählen, und entzog sich dabei der Reichweite der Funderlinge. Das Klappern und Bummern der Spieße auf dem harten Panzer setzte aus, und in der relativen Stille hörte Vansen Spelter rufen: »Hier! Hierher!«
    »Seiner Stimme nach«, zischte er den Zunftwächtern zu. Dann bückte er sich, um Schlegel Jaspis' kleinen, aber stämmigen Körper hochzuheben und ihn sich über die Schulter zu werfen. »Lauft — los!«
    Die Funderlinge rannten tiefer in die Höhle hinein, fort aus dem Bereich, wo überall Steinnadeln wuchsen. Es dauerte nur einen Augenblick, bis das Monster merkte, was passierte, und ihnen hinterherkrabbelte.
    »Hier!«, brüllte Spelter. Er stand auf dem schräg ansteigenden Teil der Höhlenwand, halb verdeckt von einem mächtigen, mehr oder minder runden Felsbrocken, der zwei bis drei Mal so groß war wie er und aussah, als hätte ihn am Anbeginn der Welt ein Gott beim Kugelspiel dorthin

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