Das Herz
gekullert. »Hierher! Helft mir!«
Vansen kam als Letzter an und ließ den bewusstlosen Jaspis vorsichtig zu Boden. »Der ist zu groß. Das schaffen wir nie!«
»Müssen ihn nur aus dem Gleichgewicht bringen. Nicht so schwer — wenn wir uns anstrengen?«, sagte Spelter atemlos. Er hatte offensichtlich schon angefangen. Vansen und mehrere Funderlinge kletterten eilends zu ihm auf den vorspringenden Sims und stachen ihre Spieße zwischen den runden Felsbrocken und die Höhlenwand. Vansen stemmte den bestiefelten Fuß gegen den Stein, lehnte sich zurück und unterzog seinen Speer einer harten Belastbarkeitsprobe. Wenn er brach, würden die umherfliegenden Splitter womöglich ihn oder einen seiner Kameraden töten, noch ehe das Monster sie erreicht hatte, aber für den Moment hielt der Speer.
»Alle zusammen!«, rief Vansen. »Jetzt!« Die übrigen Funderlinge taten ihr Bestes, einen Ansatz zu finden, um ihr ganzes Gewicht und ihre ganze Kraft gegen den Steinbrocken aufzubieten. Ihre Speere bogen sich wie Baumschösslinge. Vansen fühlte, wie seine Schläfenadern zu platzen drohten, aber der Stein rührte sich nicht, und das glimmende, spinnenartige Etwas kam immer näher, ohne Hast, jetzt, da es sie aus der Deckung und buchstäblich an die Wand getrieben hatte.
Etwas zerrte an seinem Bein. Einen schrecklichen Moment lang glaubte Vansen, es sei noch so ein Ungeheuer, aber dann erkannte er, dass es der halbnackte Schlegel Jaspis war, der sich, ohne Helm und Kettenpanzer und mit Brandblasen auf einer Wange, an Vansens Bein hochzog, um mitzuhelfen.
»Platz da, verfluchte Bohnenstange von Oberirdler!«, rief Jaspis, rammte das Schaftende seines Speers in den Winkel zwischen Stein und Boden, zog dann die Beine an, sodass er an seinem Speer hing, und wippte, bis der Schaft sich bedenklich krümmte. Die übrigen Funderlinge, zu resigniert, um irgendetwas anderes zu tun, als weiter zu rackern, stemmten sich auf ihre Spieße. Vansen klemmte sich so zwischen Stein und Wand fest, dass er mit beiden Beinen drücken konnte. Die Kreatur reckte die Scheren, jede so groß wie eine Bassgeige, und richtete sich auf den hintersten Beinen empor. In dem Moment rührte sich der Stein.
Vansen kam kaum dazu, den Verlust seines Halts zu bemerken, ehe er hart auf den Höhlenboden fiel. Um ihn herum plumpsten Funderlinge herab wie erfrorene Spatzen. Der Steinbrocken wackelte, drehte sich und rollte die kurze Schräge hinunter, zuerst so langsam, dass Vansen glaubte, die Kreatur könne ihm unmöglich nicht entkommen, doch ob es nun an deren schwachen Augen lag oder an ihrem schwachen Verstand — sie wedelte nur ohnmächtig mit den Scheren, als sie der Felsbrocken, dreimal so groß wie sie selbst, überrollte und mit einem grässlichen — köstlichen — feuchten Knirschen zermalmte. Als der Stein gute zwanzig Schritt weiter zur Ruhe kam, klebten immer noch Teile des Monsters daran, doch das meiste war als breitgequetschte Masse auf dem Höhlenboden zurückgeblieben, und nur ein, zwei Beine, die der Stein nicht erwischt hatte, zeigten noch letzte Zuckungen.
»Fort hier!«, rief Vansen. »Denselben Weg zurück, ehe uns noch so ein Monster findet! Los jetzt und zusammenbleiben ...!«
Als sie an dem zermalmten Monster vorbeirannten, war der unbeschreibliche Geruch so stark, dass Vansen schweigen und die Zähne zusammenbeißen musste, um sich nicht zu übergeben.
Wenn Schlegel Jaspis nicht eine monströse Schere des Ungeheuers mitgeschleppt und stolzgeschwellt so ziemlich jedem lebenden Wesen im Tempel der Metamorphosebrüder gezeigt hätte, dann hätte Chert nur schwer glauben können, dass so etwas Grässliches wirklich existierte — obwohl er im letzten Jahr doch genügend verrückte Dinge gesehen hatte.
Die Schere war fast so groß wie Jaspis selbst. Als Chert sie fassungslos anstarrte, strahlte der Wachführer und zeigte auf seine verbrannte Wange. »Seht Ihr? Da hat mir das Monster sein Gift hingespuckt. Hätte mich getötet, das Zeug, aber Spelter hat's mit seinem Hemd abgewischt.« Schlegel nickte stolz. »Ein Drag, der sein Leben riskiert, um uns zu retten. Hübsche Geschichte, hm? Aber wahr. Der ist in Ordnung, der Spelter.«
»Tut es weh?«, fragte Chert.
»Meine Haut?«, fragte Jaspis. »Zuerst hat's gebrannt wie Feuer. Jetzt ist es besser, aber der Bruder Heiler sagt, ich werd immer Narben haben. ›Noch mehr Narben, meint Ihr wohl‹, hab ich zu ihm gesagt. Weil ich doch schon jede Menge hab. Hab ich Euch die schon mal
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