Das Hexen-Amulett (German Edition)
glaubte, die Straßen unsicher machte.
Mordecai Lopez saß am Frühstückstisch und beobachtete die patrouillierenden Soldaten auf der gegenüberliegenden Uferseite. «Denen steht ein fruchtloser Tag bevor», sagte er schmunzelnd.
«Wie den meisten Soldaten», brummte Devorax.
«Keine gute Nacht gehabt?», fragte Lopez in Anspielung auf die blutunterlaufenen Augen und die saure Miene seines Leibwächters.
«Heute Nacht war’s noch gut.» Devorax trank einen Schluck Wasser und schnitt eine Grimasse. «Ich werde langsam zu alt für solche Späße. Nun, was gibt’s für mich zu tun?»
Lopez nippte an seinem Tee, einem Luxusgetränk, auf das er nicht verzichten mochte. «Ich möchte eine Nachricht nach Oxford senden. Könnte einer deiner Männer dafür sorgen?»
«Natürlich. An wen soll sie gehen?»
Lopez berichtete von Sir Toby Lazender, und es schien Devorax nicht zu gefallen, was er hörte.
«Glaubt Ihr, dass sie zu ihm gehen wird?»
«Wenn er sie will.» Lopez blies in die Schale, um das Gebräu abzukühlen. «Wenn ich ein Spieler wäre, würde ich darauf wetten, dass sie noch vor dem Winter Lady Lazender wird.»
Marta Renselinck brachte das Frühstück. Als sie wieder gegangen war, knurrte Devorax: «Es wäre besser, sie führe nach Amsterdam. Dort wäre sie in Sicherheit.»
«Aber sie wird nach Oxford gehen.» Lopez fischte mit dem Zeigefinger ein Teeblatt aus der Schale. «Könntest du sie begleiten?»
«Ihr zieht die Fäden, Mijnheer , und ich tanze für Euch rund um die verdammte Welt. Ich nehme an, Ihr wollt nach Amsterdam zurückkehren.»
«Sobald sie abgereist ist, ja.»
«Und ich muss wohl hier bleiben», brummte Devorax. Er stach mit der Gabel in ein Spiegelei und sah zu, wie der flüssige Dotter über den Zinnteller rann. Mit Blick auf Lopez’ Teeschale sagte er: «Mir ist unbegreiflich, wie Ihr eine so eklige Brühe trinken könnt.» Er häufte das Ei auf ein Stück Brot. «Es liegt also an mir, die Siegel einzusammeln. Hab ich richtig verstanden?»
«Wenn es einer schafft, dann du.»
«Auch darauf könnt Ihr wetten. Es wird allerdings ein Weilchen dauern.» Über sein verwüstetes Gesicht huschte ein Lächeln, das so verschlagen war wie seine Pläne im Hinblick auf die Schmuckstücke des Bundes. Vavasour Devorax rüstete sich zum Krieg.
Sir Grenville Cony jaulte vor Schmerzen.
«Sir Grenville! Haltet still, ich bitte euch!» Der Arzt hatte seinem Patienten eine Vene geöffnet und zapfte ihm Blut ab, das er in einem Silberbecher auffing. Bei seinen vermögenden Patienten gebrauchte er immer diesen kostbaren Becher, um ihnen damit zu zeigen, dass sie eine bevorzugte Behandlung genossen. Dr. Chandler schüttelte den Kopf. «Es ist sehr zähflüssig, Sir Grenville, wirklich sehr zähflüssig.»
«Es tut vor allem weh!», krächzte Sir Grenville.
«Nicht lange, mein Herr, nicht lange», entgegnete Chandler mit aufmunterndem Lächeln. «Das Wetter ist wunderschön. Vielleicht solltet Ihr eine Bootsfahrt unternehmen. Dabei würdet Ihr wieder zu Kräften kommen.»
«Ihr seid ein Dummkopf, Chandler.»
«Wie Ihr meint, Sir Grenville.» Der Arzt legte einen Druckverband auf die Wunde.
Die Tür öffnete sich, und herein trat Ebenezer Slythe, seine dunklen, ausdruckslosen Augen auf Cony gerichtet. «Cottjens lässt sich entschuldigen.»
«Cottjens ist ein Misthaufen. Was hängt Er immer noch hier herum?», schnauzte er seinen Arzt an, der versuchte, die Blutflecken auf Sir Grenvilles Oberarm wegzuwischen. Sir Grenville krempelte den Hemdsärmel herunter, schwang seine Beine über die Bettkante und ächzte. Seit der Flucht des Mädchens aus dem Tower litt er unter höllischen Bauchschmerzen. «Und?»
Ebenezer zuckte mit den Achseln. «Lopez scheint doch nicht krank zu sein. Er ist auch nicht zu Hause.» Und mit sardonischem Lächeln fügte er hinzu: «Cottjens sagt, er werde Euch das Schmiergeld, das er für diese Information hat springen lassen müssen, nicht berechnen.»
«Wie großzügig von ihm», feixte Sir Grenville und scheuchte den Arzt zur Tür hinaus. «Dann steckt also dieser Jude dahinter.»
«Anzunehmen.»
«Und das Weibsbild ist wahrscheinlich längst in Amsterdam.»
Ebenezer zuckte mit den Achseln. «Anzunehmen.»
«Anzunehmen! Anzunehmen! Was sagen die Ruderknechte?»
Die Männer, die Campion vom Tower zur Bear Wharf gerudert hatten, waren ausfindig gemacht worden. Aber ihre unter Folterandrohung gemachten Aussagen halfen nicht weiter. Ebenezer hinkte auf einen
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