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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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starrte sie in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und sah gerade noch, wie ein Rehkitz mit seiner Mutter durchs Unterholz huschte. Die Bäume warfen trotz des spärlichen Lichts in dieser dunklen Nacht lange unheimliche Schatten. Die vielen unbekannten Geräusche und die bizarren Muster auf dem Waldboden machten Franziska Angst. Sie saß stocksteif da und getraute sich kaum zu atmen. Als ein Kauz laut schrie, hielt sie nichts mehr unter den Tannen. Sie sprang auf und wollte gerade in die Richtung laufen, in die Johann verschwunden war, als er plötzlich vor ihr stand, ein erlegtes Kaninchen in der Hand.
    »Johann, wie kannst du mich allein lassen Ich bin fast gestorben vor Angst! Und dann hat auch noch der Todeskauz gerufen …«
    Lachend zog der junge Mann seine Frau an sich.
    »Was redest du da, Franziska? Es gibt keinen Todeskauz!«
    »Meine Großmutter hat mir von dem Vogel erzählt. Er teilt dem, der sein Rufen hört, mit, er müsse bald sterben …«
    »Ich liebe dich!«, flüsterte Johann und küsste sie zärtlich.
    »Ach, Johann, du hörst mir überhaupt nicht zu und lachst mich nur aus!«
    »Nein, das stimmt nicht, denn schau, was ich dir mitgebracht habe … einen Braten!«
     
    Während Johann dem Kaninchen das Fell abzog und es ausweidete, fand Franziska zwei kräftige Astgabeln und einen Stock, den sie als Spieß verwenden konnten. Dann scharrte sie das Laub zur Seite und häufte es im Kreis als kleinen Wall um den feuchten Waldboden auf. Von den Fichten ringsum brach sie trockene, dünne Äste ab und sammelte vertrocknetes Moos vom Boden auf. Beides legte sie in die Mitte der Feuerstelle. Dann schlug sie zwei Feuersteine so lange über dem Brennmaterial gegeneinander, bis Funken Äste und Moos zum Glimmen brachten. Als sie vorsichtig in die Glut pustete, begann das Holz zu brennen. Nun legte sie dickere Äste nach, sodass ein kraftvolles Feuer entstand, auf dem das Kaninchen gebraten werden konnte.
    Johann spießte die Beute auf und legte den Stock zwischen die Astgabeln. Nieren, Herz und Leber steckten sie auf kleine Stöckchen, um sie in den Flammen zu garen. Schon bald stieg ihnen ein würziger Geruch entgegen. Gierig aßen Johann und Franziska die noch heißen Innereien.
    Über dem Schein des Feuers konnte Johann die strahlenden Augen seiner Frau erkennen. Kauend sagte sie: »Du bist ein guter Ehemann, denn du hast dafür gesorgt, dass ich keinen Hunger leiden muss.«
    Stolz schwor Johann sich, dass seine Frau und seine Kinder niemals würden hungern müssen.
     
    Am nächsten Morgen wurde Franziska in den Armen ihres Mannes wach, weil etwas an ihren Füßen kitzelte. Erstaunt sah sie ein gepunktetes Tier, das wie ein Kätzchen aussah, an ihrem großen Zeh knabbern.
    »Schau, wie niedlich … ein Katzenjunges …«
    Verschlafen rieb sich Johann die Augen und schielte zu dem Tier. Von einem Moment zum anderen war er hellwach.
    »Franziska«, flüsterte er, »das ist kein Katzenjunges, sondern ein kleiner Luchs. Und glaube mir, wo ein kleiner Luchs ist, da ist auch ein großer. Schnell, lass uns aufbrechen …«, sagte er, sprang auf und zog sie am Arm hoch.
    »Aber das restliche Essen.«
    »Lass es liegen! Ich fange ein anderes Kaninchen. Komm!«
    Widerstrebend folgte sie ihm. Doch als sie in unmittelbarer Nähe ein Fauchen hörte, rannte sie, so schnell sie konnte.

    Nachdem Lambrecht vom Selbstmord seiner Schwester erfahren hatte, war er außer sich vor Trauer und Zorn. Er war zu seinem Schwager auf den Hof geritten und hatte ihm bittere Vorwürfe gemacht. Doch der Bauer hatte diese entschieden von sich gewiesen und nur Häme für seine tote Frau übrig gehabt. Fassungslos schrie der Pfarrer: »Wie kannst du es wagen, so über meine tote Schwester zu sprechen? Du hattest sie nicht verdient, du dummer Bauer!«
    Bonner erhob den Zeigefinger und drohte: »Pass auf, was du sagst! Ich erlaube dir nicht, so mit mir zu sprechen. Nicht ich habe gestohlen, sondern deine Schwester. Sie musst du verdammen. Mittlerweile traue ich ihr sogar zu, dass sie meinen Sohn gegen mich aufgehetzt hat. Johann ist sicherlich nicht allein auf die Idee gekommen, dieser Hexe nachzulaufen. Deine Schwester, mein lieber Lutz, war eine böse, unehrliche Frau, und ich bin froh, dass ich von ihr erlöst wurde!«
    Lambrecht sprang auf und ballte die Fäuste. Doch dann besann er sich eines Besseren. Wenn er wollte, konnte er den Bauer auch ohne Faustschläge schwer treffen. Denn er hatte noch einen Trumpf, von dem der

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