Das Hexenmal: Roman (German Edition)
ihren Augen hatten seinen Groll vertrieben.
Die junge Frau rang mit sich, denn die Furcht schnürte ihr die Luft ab. »Aber was ist, wenn der Mann aus Duderstadt …«
»Sollte er es wagen, ein schlechtes Wort über dich zu sagen, lasse ich ihn meine Fäuste spüren. Und jetzt komm!« Wortlos griff Franziska nach ihrem Bündel und folgte Johann den Berg hinauf.
Barnabas und Servatius luden gerade die letzten Körbe mit Töpferware auf den Karren, als Johann und Franziska zu ihnen stießen. Der Magier und der Mönch erkannten den jungen Mann sofort.
»Wir haben keine Zeit für euch, denn wir haben Wichtiges zu schaffen«, sagte der Franziskaner und wandte sich von ihnen ab. Ängstlich klammerte sich die junge Frau an ihren Mann. Doch Barnabas trat zu den beiden und schickte den Mönch fort, die Körbe im Schwesternhaus zu lagern. Widerwillig tat Servatius, wie ihm geheißen.
Bereits beim ersten Blick auf die junge Frau hätte der Magier die Ursache für ihre Übelkeit benennen können. Doch da das seinen Lohn schmälern würde, sah er Franziska zuerst in den Mund, dann in die Augen und Ohren und klopfte anschließend auf ihre Schultern. Mit angespannter Miene riet er: »Pulver von spanischem Pfeffer mit Honig vermischt …«
»Ist es so schlimm, dass nur ein solch ungewöhnliches Mittel sie retten kann?«, fragte Johann, und seine Stimme klang verzweifelt. »Wo soll ich das herbekommen?«, fügte er hinzu.
»Nun, habt ihr keinen spanischen Pfeffer, dann kann auch ein Aufguss aus Anis, Dill oder Pfefferminze die morgendliche Übelkeit vertreiben. Meist dauert dieser Zustand nicht lange an. Hat sich der Körper erst einmal daran gewöhnt, wird es besser …«
»Welche Krankheit habe ich?«, flüsterte Franziska.
»Die schönste, die eine Frau bekommen kann. Ihr seid guter Hoffnung!«, lächelte der Magier. Auch Johann lächelte zaghaft
und schaute Franziska an. Die zitterte wie Espenlaub und schluchzte leise.
»Freut sie sich nicht?«, fragte Barnabas erstaunt.
»Nein! In unserer Lage wird es sehr schwierig werden mit einem Kind.«
»Junger Freund«, sagte Barnabas und klopfte Johann wohlwollend auf den Rücken, »nenn mir eine Familie, die zur rechten Zeit Kinder bekommen hat. Alle Menschen sehen immer nur das Schlechte! Doch was wäre die Welt ohne Kinder? Öde und leer, sage ich Euch. Ohne Zutrauen und Liebe wäre sie. Kinder bedeuten Hoffnung! Was bleibt vom Leben ohne Hoffnung?«
Dann nahm er Johann zur Seite und versprach: »Ich gebe dir ein Mittel, das deine Frau freudig stimmen wird.«
»Gibt es so etwas?«
»Gegen jedes Leid ist ein Kraut gewachsen!«
Barnabas kramte in seinem Beutel und holte verschiedene Säckchen hervor. Aus einem füllte er ein grobes Pulver aus getrockneten und zerstoßenen Pflanzen in ein Stück Tuch. Aus dem anderen gab er kleine dunkle Samenkörner hinzu.
»Das Pulver ist Baldrian. Von dem kocht ihr täglich sechs Fingerspitzen zu einem Sud auf. Soll dein Weib ruhig schlafen, lass ihn lange ziehen, soll er sie beruhigen, dann eher kürzer. Das andere ist Anis – gegen die Übelkeit. Am Waldesrand stehen einige Haselnusssträucher. Sieh, ob du Nüsse vom letzten Jahr auf dem Boden findest. Diese soll sie zu einem Brei zerkauen und schlucken. Ansonsten hab Geduld mit ihr. Bald wird sie sich besser fühlen, und dann überwiegt die Freude …«
Wohlwollend klopfte er Johann auf die Schulter und nannte seinen Preis, den der junge Mann bereitwillig zahlte. Als Barnabas den Mönch mit grimmigem Blick auf sich zukommen sah, sagte er: »Jetzt muss ich mich verabschieden, denn wir müssen uns auf die Suche nach jemandem machen, und die Zeit drängt.«
Franziska, die nicht aufzublicken wagte, nickte dem Magier kurz zu und verschwand dann mit Johann zwischen den Bäumen. Nachdenklich sah Barnabas ihnen hinterher. ›Euer Geheimnis würde ich gern kennen!‹
Clemens wollte mit Burghard und Katharina am Fuße des Hülfensbergs die Grenze ins Hessenland überqueren. Das Städtchen Wanfried, das bereits auf Hessenseite, aber nahe zum Eichsfeld lag, erschien ihnen dafür geeignet. Clemens war der Ansicht, dass sie nicht auffallen würden, da sich dort tagtäglich Händler und Kaufleute tummelten, um ihre Erzeugnisse feilzubieten.
Wanfried war einer der wichtigsten Umschlagplätze für allerlei Waren. Zudem floss durch das Städtchen die Werra. So konnte man dank der Schifffahrt lange Landwege umgehen und die Erzeugnisse in alle Himmelsrichtungen verschiffen.
Da die
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