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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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zügelst dich.«
    Der Vater ging noch einmal an das Bett seiner toten Tochter, faltete ihre Hände wie zum Gebet und schloss ihre gebrochenen Augen. Dann verließ er den Raum. Katharina, die bis dahin nichts gesagt hatte, sah verzweifelt zu ihrer Mutter auf.
    »Mutter, was ist mit meinen Wünschen? Du weißt, dass es mein Lebensziel ist, den Armen zu helfen, so wie die heilige Elisabeth es getan hat. Außerdem hast du mir versprochen, dass ich mit der Prozession zum Hülfensberg pilgern darf …«
    Die Mutter zuckte hilflos mit den Achseln, trat schweigend an das Totenbett und murmelte ein Gebet. Dann ging sie zu ihrer jüngeren Tochter, küsste zärtlich ihre Stirn und fuhr ihr leicht über das Haupt. Sie fand kein Wort des Trostes für das Mädchen, sondern strafte stattdessen den Schwiegersohn mit einem verächtlichen Blick. Dann verließ sie den Raum, wissend, dass sie gegen den Wunsch der toten Tochter und den Befehl ihres Mannes nichts ausrichten konnte.
    Katharina war allein mit dem Schwager, der ihr Ehemann werden sollte. Schamlos musterte er seine zukünftige Braut. Einen jungen, unverdorbenen Körper würde er bald sein Eigen nennen können. Feste Brüste und samtene Haut ließen ihn unruhig auf dem Schemel hin und her rutschen. Ein Jahr sollte er warten. Nein, nicht länger als drei Monate würde er sich beherrschen, dann wäre sie sein. Und niemand könnte ihm dieses Recht verwehren. Ottos Blick wanderte von Katharinas Brüsten zu ihrem rosigen Mund. Voller Verlangen blickte er das Mädchen an und hatte Mühe, seine Begierde zu unterdrücken.
    »Was wird nun aus mir, Otto?«, fragte das Mädchen ängstlich.
    »Du bist doch nicht taub und hast gehört, was dein Vater gesagt hat. Wir werden heiraten.«
    »Aber ich will nicht heiraten. Weder dich noch einen anderen Mann.«
    »So sprichst du nur, weil dir noch kein Mann gezeigt hat, wie schön es ist, eine Frau zu sein. Ich werde es dich lehren! Alles, was du wissen musst, werde ich dir zeigen.« Er stöhnte verhalten und griff sich voller Wonne in den Schritt. Angewidert senkte Katharina den Blick. Zwar war sie jungfräulich, doch wusste sie um die körperliche Vereinigung Bescheid. Schließlich hatte sie Bullen und Hengste beobachtet. Außerdem kannte sie die anzüglichen Bemerkungen der Knechte, wenn sie betrunken den Mägden hinterherstiegen. Die Gefühle aber, die dabei entstehen sollten, konnte Katharina sich nur schwer vorstellen. Sie war sich jedoch sicher, dass sie diese Empfindungen auf keinen Fall mit ihrem Schwager erleben wollte. Doch wie sollte sie entkommen? Verzweifelt sah sie zu der Toten. O Silvia, wie konntest du nur dies Opfer von mir verlangen? Du wusstest doch, dass ich Otto nicht mag. Hast du mich so wenig geliebt? Plötzlich stieg ein Verdacht in ihr auf. Fassungslos sah sie ihren Schwager an.
    »Es war nie und nimmer Silvias Einfall. Du hast ihr das eingeredet.«
    »Natürlich war es mein Einfall. Deine Schwester war doch viel zu unbedarft. So gewinne ich gleich doppelt: Eine junge, unverbrauchte Frau und eine attraktive Amme für meine drei Bälger. Was will ein Mann mehr?«
    Er lachte boshaft auf, erhob sich und ging auf Katharina zu. Zuerst zart, dann grob fasste er sie unters Kinn und hob ihren Kopf. Er näherte sein Gesicht dem ihren, und kurz bevor sich ihre Lippen berührten, hielt er inne und flüsterte: »Meine kleine Kathi, du kannst es nicht verhindern.«
    Katharina drehte den Kopf zur Seite und schrie ihn an: »Nenn mich nicht Kathi! Nur Silvia durfte mich so nennen, und sie ist tot. Also nennt mich niemand mehr Kathi!« Tränen rannen ihr über das Gesicht, als er lachend das Zimmer verließ.
    »Heilige Elisabeth, bitte hilf mir! Hilf mir, einen Ausweg zu finden«, flehte Katharina und sank weinend in sich zusammen.

Kapitel 2
    In der Nähe der Kirche zu Tastungen lag Johann im hohen Gras. Das rechte Bein angestellt, das andere quer über das Knie gelegt. Mit einem grünen Halm zwischen den Zähnen blinzelte er in das helle Sonnenlicht und schaute dem Falken zu, der in dem gleichmäßigen Blau des Himmels schreiend seine Kreise zog.
    Es war früher Vormittag und die Luft von der kühlen Nacht frisch und klar. Um die Mittagszeit aber würde es, wie schon an den Tagen zuvor, heiß und stickig werden. Es war Sonntag, und die Arbeit ruhte. Obwohl Johann der Sohn des Großbauern war, musste er an Werktagen auf dem Feld und im Stall mithelfen.
Sein Vater war der Ansicht, dass harte Arbeit nicht schadete und seinen Sohn

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