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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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um am Hexentanz teilzunehmen …«, flachste er.
    »Was heißt das? Ich dachte, sie sei auf deinem Hof, und ich hoffte, dass du sie dort eingesperrt hättest.«
    »Als ich in ihre Kammer ging, war sie nicht mehr da. Ich bin dann sofort hierhergekommen, in der Hoffnung, dass ihr mir helfen könntet. Man darf nicht darüber nachdenken, welchen Schaden sie anrichten könnte …«
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Bonner seine Gesprächspartner. Ihnen war deutliche Skepsis anzusehen. Endlich kam die nächste Runde Bier. Gierig nahmen die drei einige kräftige Schlucke, um die aufgewühlten Nerven zu beruhigen. Nachdem sich der Bürgermeister mit einem Tuch über das gerötete Gesicht gewischt hatte, erklärte er wichtigtuerisch: »Auf jeden Fall brauchen wir einen Notar, der alles schriftlich festhält.«
    »Einen Notar?«, fragte Bonner skeptisch.
    »Natürlich einen Notar, oder kannst du Amtsdeutsch verstehen? Wir könnten auch einen Rechtsanwalt beauftragen, aber Advokaten verlangen bedeutend mehr Geld. Schließlich werden sie für jedes geschriebene Wort bezahlt. Aber keine Sorge, ich kenne einen Notar, persönlich sogar, mit dem werde ich wegen des Preises schon einig werden.«
    »Du kennst einen Notar? Hier im Ort?«
    »Nein, er wohnt nicht hier. Es ist aber auch nicht wichtig, von wo er kommt. Ich meine Wilhelm Münzbacher, der jetzt in Dingelstedt mit Anna Arnold verheiratet ist. Für Geld macht der alles …«
    »Die Arnolds, die Pferdezüchter? Die haben doch Geld wie Heu!«
    »Ja, aber nicht der Münzbacher. Ich weiß so einiges über den guten Wilhelm … Er wird nicht Nein sagen können.«
    »Wie müssen wir vorgehen?«, wollte Bonner wissen.
    »Die Köchin muss die böse Magd beim Oberamtmann öffentlich anzeigen. Oder … Kennst du eine andere Hexe, die aussagen würde, mit ihr im Bunde zu sein?«
    Fragend sah der Bürgermeister den Großbauern an, doch der verneinte.
    »Gut, dann schicke deine Köchin nach Duderstadt. Erst nach der Anzeige kann der Oberamtmann eine Untersuchung aufnehmen und damit ›ex officio‹ handeln.«
    Bonner und der wortkarge Holzschur sahen Harßdörfer fragend an: Wie »ex officio« zu verstehen sei, fragten beide.
    »Es bedeutet ›von Amts wegen‹ und heißt, dass man ein Inquisitionsverfahren einleiten darf. Normalerweise müssen keine weiteren Vorschriften beachtet werden, denn nach der ›Carolina‹ …«
    Wieder starrten Bauer und Pastor den Bürgermeister verständnislos an.
    Harßdörfer zweifelte, ob er Bonner und Holzschur die rechtliche Grundlage des Hexereiverfahrens erklären konnte, hatte er doch selbst Schwierigkeiten, die »Constitutio Criminalis Carolina«, kurz »Carolina« genannt, zu verstehen. Diese war bereits 1532 erlassen worden und hieß übersetzt, die »peinliche« Gerichtsordnung. Peinlich bezog sich dabei auf das Wort Pein, und peinliche Befragung meinte nichts anderes als das Verhör einer vermeintlichen Hexe, wenn nötig unter Folter bis zum Tod. Auch sah diese Ordnung die Todesstrafe als Normstrafe für fast alle Vergehen vor.
    Da der Bürgermeister nicht wusste, wie er seinen Zechkumpanen diese Gerichtsordnung verständlich machen sollte, polterte er los: »Herrgott, Casper, du kommst hierher, beschuldigst deine Magd und verlangst, dass man sie wegen Hexerei anklagt,
hast aber keine Ahnung, wie das Ganze vonstattengehen soll! Ich glaubte, du seist gebildet, aber anscheinend kannst du nur Taler zählen. Und Ihr, Herr Pastor, schweigt, als ob Euch der Fall nichts anginge, dabei seid Ihr es doch, die der Beschuldigten die Beichte abnehmen müsst …«
    Abwehrend hob Holzschur die Hände: »Davon möchte ich mit allen Mitteln Abstand nehmen. Die Kirche hat damit nichts zu tun! Das ist allein die Sache des weltlichen Gerichts …«
    Harßdörfer musste zugeben, dass der Pastor Recht hatte. Es war tatsächlich so, dass sich sowohl die katholische als auch die lutherische Kirche aus den Hexenprozessen völlig heraushielten. Die Prozesse waren allein Sache weltlicher Gerichte, und auch als Ankläger fungierte die Kirche nicht.
    Trotzdem widersprach der Bürgermeister dem Pastor: »Unsinn. Wenn die Magd nach der Tortur geständig ist und ihr Gewissen erleichtern will, dann muss sie Beistand von der Kirche bekommen, schließlich muss sie frei von Sünde sein, wenn sie unserem Schöpfer gegenübertritt.«
    Wieder hob der Pastor abwehrend die Hände.
    »Dann fragen wir doch Pfarrer Lambrecht«, schlug der Bürgermeister nun vor. »Dann bleibt es

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