Das Hexenmal: Roman (German Edition)
Fall?«
Harßdörfer vertrug eine Menge von dem dunklen Bier aus Duderstadt. Selbst jetzt, nach mehr als fünf Krügen, konnte er noch ziemlich klar denken. Im Gegensatz zu dem kleinen, schmächtigen Pastor, der mit gierigen Augen vor sich hin stierte und dem Gespräch anscheinend nicht mehr folgen konnte. Ihm war sicher auch entgangen, dass Bonner in seinem Entschluss zu wanken schien. Warum wollte er auf der einen Seite das Mädchen als Hexe anklagen und suchte auf der anderen Seite nach einem Weg, ihr Leben zu schonen? Etwas stimmte nicht, aber was es war, konnte Harßdörfer nicht genau sagen. Hatte die Magd den Großbauern etwa in Verlegenheit gebracht, sodass sie für etwas sühnen musste, das weder mit Schadenszauber noch mit Teufelsbuhlschaft zu erklären war? Der Bürgermeister sah Bonner nachdenklich an.
»Ja, du hast Recht, Casper, es gibt eine Art der Begnadigung, obwohl es Frauen geben soll, die lieber sterben würden als dieser zuzustimmen. Der Tanz mit dem Henker … Sie heiratet den Scharfrichter, wird dadurch ehrlos und muss außerhalb der Stadtmauern leben. Ja, so etwas gibt es. Doch Braut und Bräutigam müssen zustimmen.«
»Ach Blödsinn«, meinte Holzschur, der anscheinend aus seinem Rausch erwachte. »Wir machen die Wasserprobe. Es ist eine saubere Angelegenheit; und das Weib stört niemanden mehr.« Gackernd nahm er einen weiteren Schluck aus dem irdenen Krug.
Sichtlich unwohl, kratzte sich der Bauer am Hals und fügte sich hässliche rote Striemen zu.
Harßdörfer sinnierte im Stillen noch für einen Moment über Bonners Motive, doch im Grunde war es ihm egal, weshalb der Bauer seine Magd verklagen wollte. Allein Bonner musste die
Folgen seines Handelns tragen. Trotzdem wollte er ihm noch einmal eindringlich zu verstehen geben, was eine Anklage bedeuten würde: »Über eines solltest du dir wirklich im Klaren sein, mein Lieber. Das Gesetzeswerk, die ›Carolina‹, sieht für Hexerei und Zauberei grundsätzlich den Feuertod vor.«
Der Blick des Bürgermeisters wurde durchdringend, und es kostete Bonner Kraft, diesem standzuhalten. Wäre er ihm ausgewichen, hätten er und sein Anliegen jedoch unglaubwürdig gewirkt. Schließlich wollte er die heikle Angelegenheit ein für alle Mal aus der Welt schaffen, auch wenn dafür der Scheiterhaufen brennen musste!
Kapitel 17
»Nein, Magdalena, ich gebe dir nicht Recht, und ich verstehe dich auch nicht.«
Aufgeregt schenkte sich Joachim einen Kartoffelschnaps ein. Normalerweise verzog er schon beim Gedanken an einen Klaren das Gesicht. Doch was Magdalena ihm erzählt hatte, verlangte nach Hochprozentigem. Fassungslos hatte er ihr zugehört. Nicht nur die tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen ließ auf seine Erregung schließen, sondern auch, dass er seine Frau nicht Lenchen, sondern Magdalena nannte. Ihr war klar, dass er nicht nur verstimmt, sondern eher wütend auf sie war. Aufgebracht fuhr er fort: »Welcher Gaul hat dich geritten, so etwas zu tun?«
»Joachim, bitte nicht in diesem Ton!«, mahnte sie ihn. Er aber lachte nur gequält, schüttelte ungläubig den Kopf und kippte den Schnaps hinunter. Angewidert goss er sich einen weiteren ein.
»Joachim …«, weiter kam sie nicht, denn sein Blick ließ sie
verstummen. Doch da sie endlich ihre Gründe nennen wollte, atmete sie tief durch und beschwor ihren Mann: »Versteh doch bitte, ich hatte keine andere Wahl!«
Als Joachim nichts erwiderte, sondern sie zweifelnd ansah, während er das kleine Glas zwischen seinen Fingern drehte, nutzte sie ihre Chance: »Mein lieber Schatz«, säuselte sie und setzte sich auf die Armlehne seines Lieblingssessels, in dem er Platz genommen hatte. »Du hast doch auch bemerkt, wie schlecht es meiner armen Base Anna ging. Nichts schien sie aufzumuntern, obwohl ich wirklich alles Erdenkliche versucht habe, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Doch ihr Blick wurde stetig trauriger, und gelacht hat sie auch kaum noch …«
»Blödsinn!«, unterbrach sie ihr Gatte unsanft. »Du deutest da etwas hinein, das ich nicht bestätigen kann. Sie war aufgeschlossen, gesprächig und wissbegierig. Wenn ich einen Spaß machte, so lachte sie. Oder hat sie dir etwa deutlich gesagt, dass es ihr nicht gut geht?«
Magdalena senkte den Blick und zupfte stumm an den Falten ihres Rocks. Als sie die Augen ihres Gatten auf sich ruhen spürte, legte sie den Kopf leicht schräg und machte einen Schmollmund.
»Ha, hab ich es mir doch gedacht!«, triumphierte Joachim.
»Ja, aber
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